Business & Beyond Wenn Bauen am Amt scheitert – ein Fall aus der deutschen Realität 

Wenn Bauen am Amt scheitert – ein Fall aus der deutschen Realität 

Gisela Meister-Scheufelen, „Miss Bürokratieabbau“ von der Stiftung Familienunternehmen und Politik, stellt alle 14 Tage absurde bürokratische Hemmnisse vor, die Zeit, Nerven und Geld kosten. In dieser Folge geht es um Wege aus dem Bürokratie-Dschungel beim Bauen.

Albert Dürr, Geschäftsführender Gesellschafter des Bauunternehmens Wolff & Müller aus Stuttgart, hat in seiner langjährigen Berufslaufbahn schon viele Bauprojekte begleitet. Doch was er bei diesem Projekt erlebte, war selbst für ihn außergewöhnlich. 2020 reichte der Bauherr einen Bauantrag für ein Büro- und Wohngebäude in einer deutschen Großstadt ein. Was folgte, war ein Bürokratie-Marathon, der fast zweieinviertel Jahre dauerte – allein bis zum ersten Spatenstich. 

Während dieser Zeit wechselten nicht nur die Ansprechpartner im Baurechtsamt, Stadtplanungsamt und Gestaltungsbeirat, sondern auch die Vorgaben gleich mit. Vier Monate nach Baubeginn reichte der Bauherr eine Korrektur des bereits genehmigten Bauplans ein – er wollte die Raumaufteilung im Untergeschoss geringfügig verändern, um das Gebäude barrierefreier zu gestalten. Ein Routinevorgang, sollte man meinen. 

Doch das Baurechtsamt verweigerte jede direkte Kommunikation im Vorfeld und bewertete dann die Änderung als neuen Bauantrag. Der Behördenmarathon begann von vorne. Was folgte: ein faktischer Baustopp für vier Monate. Kostenpunkt: mehrere Hunderttausend Euro – pro Monat. 

Deutschland baut sich arm 

„Das zeigt, welche Herausforderungen unser System mit sich bringt“, sagt Dürr. Sein Fall steht exemplarisch für ein strukturelles Problem, das Deutschland mit in eine Baukrise gestürzt hat. 2025 wird das Wohnungsbauvolumen zum fünften Mal in Folge sinken – während der Bedarf an Wohnungen explodiert. Die Zahl der fertiggestellten Wohnungen ist 2024 gegenüber dem Vorjahr um über 14 Prozent zurückgegangen.

Das spüren auch Familienunternehmen im Alltag. Laut Umfragen der Stiftung Familienunternehmen geben fast 70 Prozent an, dass sie übermäßige Bürokratie von Investitionen abhält. Fast 20 Prozent der im Bauhauptgewerbe Beschäftigten müssen sich ausschließlich um Bürokratie kümmern.

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