Staatsreform jetzt! Die 12 System-Hacks zum handlungsfähigen Deutschland

Deutschlands Staat muss dringend handlungsfähiger werden. Eine Expertenkommission hat 35 konkrete Reformvorschläge erarbeitet – von Bürokratieabbau über Digitalisierung bis zur Sicherheit. Wir präsentieren die 12 wichtigsten Punkte.

Deutschland steckt in einer Staatskrise. Überbordende Bürokratie, zersplitterte Zuständigkeiten und verkrustete Strukturen lähmen die Handlungsfähigkeit. Während andere Länder längst digitale Verwaltungsprozesse implementiert haben, kämpft die Bundesrepublik noch mit Faxgeräten und Papierformularen. Der Bundesverband der Deutschen Industrie beziffert die allgemeinen Bürokratiekosten der Wirtschaft auf etwa 65 Milliarden Euro, wie aus dem Bericht der „Initiative für einen handlungsfähigen Staat“ hervorgeht. Diese Belastungen gefährden nicht nur den Wirtschaftsstandort, sondern schüren auch Unzufriedenheit bei Bürgerinnen und Bürgern.

Die 12 wichtigsten Reformvorschläge

1. Ministerium für Digitales und Verwaltung

Die Gründung eines zentralen Ministeriums für Digitales und Staatsmodernisierung markiert einen Meilenstein. Dieses neue Ressort soll nicht nur die Digitalisierung vorantreiben, sondern auch eine grundlegende Reform der Verwaltung orchestrieren. Es erhält ein zentrales Digitalbudget und steuert die Digitalbudgets aller Bundesministerien. Laut „Handelsblatt“ ist diese Bündelung der Kompetenzen entscheidend, um die fragmentierte IT-Landschaft Deutschlands zu vereinheitlichen und den digitalen Rückstand aufzuholen.

2. Vertrauenskultur statt Misstrauensbürokratie

Ein Paradigmenwechsel: Der Staat soll Bürgern und Unternehmen mit Vertrauen statt Misstrauen begegnen. Konkret bedeutet das: drastische Reduzierung von Dokumentations- und Nachweispflichten, verstärkte Pauschalierungen im Steuerrecht und Stichprobenkontrollen statt flächendeckender Überprüfungen. Im Gegenzug werden Sanktionen bei Missbrauch deutlich verschärft. Diese Vertrauenskultur entlastet regelkonforme Akteure und setzt Ressourcen für wichtigere Aufgaben frei.

3. Klare Zuständigkeiten im föderalen System

Die Aufgabenverteilungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen sind derart verworren, dass kaum noch jemand den Überblick hat. Die Initiative fordert eine klare Zuordnung der Zuständigkeiten und entsprechende Finanzierungsverantwortung. Gemeinschaftsaufgaben müssen begrenzt und klar strukturiert werden. Das unübersichtliche Geflecht aus Aufgabenübertragungen, Mischfinanzierung und „goldenem Zügel“ schränkt besonders die Handlungsfähigkeit der Kommunen ein.

4. Vereinfachte öffentliche Beschaffung

Der Staat gibt jährlich über 300 Milliarden Euro für Beschaffungen aus – oft ineffizient und kompliziert. Die Reformvorschläge umfassen die Angleichung der Vergaberegeln der Länder, deutlich höhere Schwellenwerte für Direktvergaben und die Möglichkeit, Vergabestellen anderer Behörden zu nutzen. Besonders für innovative Startups sollen Zugangshürden zu öffentlichen Aufträgen drastisch gesenkt werden.

5. Innovationsoffene Gesetzgebung

Gesetze sollen künftig mit Experimentierklauseln ausgestattet werden, die Verwaltungen und Unternehmen Spielräume für innovative Lösungen einräumen. Sogenannte Reallabore („regulatory sandboxes“) ermöglichen es Unternehmen, neue Geschäftsmodelle unter Aufsicht der Regulierungsbehörde zu testen. Zudem sollen europarechtliche Vorgaben erfüllt, aber nicht übererfüllt werden (kein „Goldplating“).