Business & Beyond Smart Deals, klare Prozesse – Daniel Grözinger über Exit-Realität, Earn-outs & den unterschätzten Wert guter Vorbereitung

Smart Deals, klare Prozesse – Daniel Grözinger über Exit-Realität, Earn-outs & den unterschätzten Wert guter Vorbereitung

Daniel Grözinger ist Seriengründer, Angel-Investor und seit über einem Jahrzehnt Partner bei der M&A-Boutique Parklane Capital. Als einer der erfahrensten Transaktions-Insider Deutschlands weiß er aus erster Hand, warum erfolgreiche Exits selten Zufall sind, was ein Unternehmen wirklich M&A-ready macht und wie man Earn-outs so strukturiert, dass am Ende der eigene Unternehmenswert nicht „wegmultipliziert“ wird.

Sherin: Daniel, du hast im Jahr 2000 dein erstes Start-up gegründet. Ihr wart ein Jahr später bereits Marktführer und 2002 kam schon der Exit an Eventim. Wie kam es zu dieser rasanten Entwicklung?

Daniel: Wir waren jung, extrem motiviert und, rückblickend betrachtet, auch ein Stück weit naiv. Aber genau das war vielleicht unser größter Vorteil. Die Ticketing-Welt war damals noch weitgehend analog, und wir haben einfach gemacht: Technologien entwickelt, Prozesse digitalisiert, den Markt aktiv mitgestaltet. Als Eventim kam, war es eine Partnerschaft auf Augenhöhe: strategisch sinnvoll und zum richtigen Zeitpunkt.

Sherin: Du bist dann bei Eventim geblieben und warst sogar für das Ticketing der WM 2006 verantwortlich. Was hast du aus dieser Zeit mitgenommen?

Daniel: Das war Projektgeschäft auf absolutem Top-Niveau mit all seinen Herausforderungen. Plötzlich ging es um internationale Stakeholder, politische Interessen, globale Abstimmungen. Eine völlig neue Komplexität. Gleichzeitig hatte ich aber unternehmerische Freiheiten innerhalb eines Konzerns. Diese Kombination aus Struktur und Eigenverantwortung hat mich extrem geprägt und war für meine spätere Rolle als Berater Gold wert.

Sherin: Danach kam deine Performance-Marketing-Agentur. Wieder ein Gründungs- und Exit-Erfolg. Diesmal aber ohne Tech-Fokus. Was war anders?

Daniel: Ganz andere Mechanik. Eine Agentur ist ein klassisches People Business: Know-how, Kundenbindung, Kultur. Kein skalierbares Produkt wie eine Plattform, sondern Dienstleistung. Das zieht andere Käufertypen an, mit anderen Bewertungslogiken und Risiken. Beides hat seine Komplexität, aber man muss wissen, worauf man sich einlässt.

Sherin: Heute bist du auf der anderen Seite: als M&A-Berater. Was macht Parklane Capital anders?

Daniel: Wir sind eine Unternehmer-geführte M&A-Boutique, keine Investmentbank. Unsere Klienten sind oft Tech- oder „tech-enabled“ Unternehmen im Mid-Market, mit Dealvolumina zwischen 25 und 250 Millionen Euro. Meist sind die Gründer:innen noch aktiv im Unternehmen. Unser Fokus liegt nicht nur auf der Bewertung, sondern auf der Passung. Ein Exit ist mehr als ein Verkauf. Es ist eine unternehmerische Lebensentscheidung. Und genau so behandeln wir ihn.

Sherin: Was ist aus deiner Sicht das meistunterschätzte Thema bei einem Exit?

Daniel: Ganz klar: die Zahlenqualität. Viele unterschätzen, wie entscheidend belastbare, nachvollziehbare Daten für den gesamten Prozess sind – von der Story über die Bewertung bis zur Due Diligence. Gutes Controlling ist keine Option, es ist Pflicht. Wer seine Zahlen nicht im Griff hat, verliert Glaubwürdigkeit und oft auch Geld.

Sherin: Gibt es klassische Dealbreaker, die dir immer wieder begegnen?

Daniel: Leider ja. Immer wieder dieselben Stolpersteine: IP nicht sauber übertragen. Scheinselbstständigkeit bei Freelancern. DSGVO-Verstöße. Unklare Anteilsketten. All das ist lösbar, aber es kostet Zeit und Zeit ist in so einem Prozess oft das knappste Gut. In manchen Fällen platzt der Deal daran.

Sherin: Viele Gründer fragen sich: Mit oder ohne Berater verkaufen?

Daniel: Ganz klar: mit. Ein guter M&A-Berater bringt Struktur, entlastet das Management, kennt den Markt und maximiert den Wert. Wir verstehen uns als Sparringspartner, Übersetzer, Verhandler. Ohne professionelle Begleitung verliert man nicht nur Zeit und Fokus, sondern am Ende oft auch einen Teil des Kaufpreises.

Sherin: Earn-outs gelten als besonders heikel. Wie gehst du damit um?

Daniel: Earn-outs brauchen vor allem eins: Klarheit. Was genau wird gemessen? EBIT, aber mit welcher Definition? Welche Kosten fließen ein, welche nicht? Viele Verkäufer unterschätzen, wie stark neue Eigentümer das Ergebnis später beeinflussen können. Am Ende steht dann auf dem Papier ein hoher Kaufpreis, aber nur ein Teil davon kommt wirklich an. Das muss man von Anfang an sauber verhandeln.

Sherin: Wie lange dauert ein Exit-Prozess im Schnitt?

Daniel: Zwischen sechs und neun Monate plus idealerweise drei bis sechs Monate Vorbereitungszeit. Wer früh anfängt, kommt besser durch. Und wer sauber vorbereitet ist, erzielt bessere Ergebnisse. 

Sherin: Du sagst: „Alles, was fürs operative Geschäft gut ist, ist auch für den Exit gut.“ Was meinst du damit?

Daniel: Ganz einfach: Ein gut geführtes Unternehmen ist immer exit-ready. Klare Prozesse, starke KPIs, stabile Kundenbeziehungen – das alles zahlt auf den Exit ein. Ich glaube nicht an Exits, die man sich „schönredet“. Ein guter Deal ist immer die logische Folge von Substanz.

Sherin: Was empfiehlst du, wenn Gründer:innen bei Earn-outs nicht die Kontrolle behalten?

Daniel: Dann ist Vertragswerk alles. Klare Definitionen, realistische Zielgrößen, Schutzmechanismen. In manchen Fällen kann ein Teilverkauf mit Put-/Call-Optionen sinnvoller sein. Wichtig ist: Man muss verstehen, worauf man sich einlässt und was man wirklich kontrollieren kann.

Sherin: Gibt es Gründer:innen, die sich im Exit-Prozess umentscheiden?

Daniel: Erstaunlich viele. Der Prozess ist oft ein Spiegel. Man schaut anders auf sein Unternehmen, reflektiert. Manche Gründer:innen verlieben sich neu in ihre Firma. Einige entscheiden sich bewusst gegen einen Exit. Und andere steigen später sogar wieder ein, wie Christoph Behn bei Kartenmacherei. Das ist völlig legitim.

Sherin: Wie blickst du auf den Markt im Jahr 2025?

Daniel: Das IPO-Fenster bleibt vorerst geschlossen, große strategische Deals sind zäher geworden. Aber im Mid-Market ist Bewegung: die Käufer sind selektiver, fokussierter, aber weiterhin sehr kapitalstark. Wer vorbereitet ist und eine klare Story hat, findet gute Partner.

Sherin: Zum Schluss noch ein paar schnelle Fragen:
 Was inspiriert dich?

Daniel: Meine Familie und Unternehmer:innen, die konsequent ihren eigenen Weg gehen, auch gegen Widerstände.

Sherin: Dein größtes Learning?

Daniel: Fokus und Geduld. Manchmal lohnt es sich, länger durchzuhalten, statt zu früh auszusteigen.

Sherin: Und was bedeutet „Firmen verkaufen“ für dich?

Daniel: Es heißt, Gründer:innen zu helfen, eine wirklich gute Lösung für ihr Lebenswerk zu finden. Nicht irgendeinen Exit, sondern den richtigen.