Drive & Dreams „Daten und Empathie sind die Zukunft der Medizin“

„Daten und Empathie sind die Zukunft der Medizin“

Prof. Dr. Jochen A. Werner ist Pionier der digitalen Krankenversorgung – vom Chefarzt der Uni-Klinik Marburg zum Gründer der Smart Hospital initiative Essen. Im Gespräch erklärt er, wie er mit datengetriebenen Workflows Ärzt:innen entlastet, Telemedizin ins Wohnzimmer bringt und künstliche Intelligenz nutzt, ohne den Menschen aus dem Blick zu verlieren.

Carsten: Jochen, du hattest Deinen Tag oft mit einem „Daily Stand-up“ mit IT-Personen deines Vertrauens gestartet. Wie wichtig war dir dieser frühe Austausch?
Jochen: Extrem wichtig. Wir nahmen uns die Zeit, um Stand und Entwicklung der Technologie zu besprechen und Prioritäten für die nächsten Schritte zu setzen. So arbeiteten wir konstruktiv daran, dass Ärzt:innen und Pfleger:innen reibungsloser arbeiten können.

Carsten: Du hast jahrzehntelang im OP gestanden – warum der Wechsel in die Digital-Health-Gründung?
Jochen: In der Klinik habe ich gesehen, wie administrative Last Fachkräfte bindet. Mit Smart Hospital-Software wollte ich echte Zeit für Patient:innen zurückgewinnen – und dabei Technik und Empathie verbinden.

Carsten: Welche Werte treiben deine Plattform-Entwicklung?
Jochen: Nutzerzentrierung und Transparenz. Jede Lösung muss aus dem Alltag von Pflegenden und Ärzt:innen wachsen. Wir öffnen Datenströme, damit Teams fundierte Entscheidungen treffen können.

Carsten: Wie brachtest du 11.000 Mitarbeitende an Bord?
Jochen: Change Management auf Augenhöhe. Wir schulten die Bereiche in kleinen Workshops, setzten „Digital Champions“ ein und feierten Erfolge schon bei ersten Pilotprojekten. So entstand eine Kultur der Neugier statt der Angst.

Carsten: Telemedizin und „Hospital-at-Home“ gewinnen an Bedeutung. Wie weit sind wir?
Jochen: Wir führen bereits hybride Betreuungsmodelle ein: Von Diabetes-Apps bis zum Herzmonitor für zu Hause. In fünf Jahren kann jeder zweite Patient Teil seines eigenen Gesundheitsnetzwerks sein.

Carsten: Du nennst oft die „letzte Meile“ – wo bleibt der Mensch?
Jochen: KI kann Diagnosen unterstützen, Bilder analysieren und Hersteller-Schnittstellen automatisieren. Aber das echte Gespräch, das Händeschütteln, das bleibt unverzichtbar – Technik ist vor allem Enabler für die Medizin von morgen, die noch eine ganze Zeit von Menschen menschlich vertreten und umgesetzt werden muss.

Carsten: Welche HealthTech-Trends beobachtest du?
Jochen: 1) Robotik in der Rehabilitation, 2) Genom-basierte Prävention via Cloud-Lösungen, 3) Digitale Therapeutika gegen chronische Erkrankungen – alles mithilfe vernetzter Daten.

Carsten: Dein Blick nach vorn: Wo steht das Smart Hospital 2035?
Jochen: Vollintegriert, intersektoral vernetzt und patientenzentriert. Jeder Behandlungsweg wird dank KI personalisiert – vom Smart Recorder in der Notaufnahme bis zum AI-gestützten OP-Planer und Dienstplangestalter.

Carsten: Dein Ratschlag an junge Health-Entrepreneure?
Jochen: Habt den Mut, große Fragen zu stellen – und die Demut, ständig vom Klinik-Alltag zu lernen. Wer echte Probleme löst, verändert die Medizin dauerhaft.

Carsten: Danke, Jochen! Das hat große Einblicke gebracht.
Jochen: Danke, Carsten – immer gern!