Startup & Scaling Bafin-Ärger, Revolut-Druck, Investorenzoff: N26-Gründer unter Beschuss

Bafin-Ärger, Revolut-Druck, Investorenzoff: N26-Gründer unter Beschuss

Deutschlands wertvollstes Fintech steht unter Druck: Mehrere US-Investoren sollen über einen Führungswechsel bei N26 diskutieren. Erneute Bafin-Kritik und der Abstand zu Konkurrent Revolut verstärken die Debatte – doch die Gründer verfügen über Sonderrechte.

Berlins Fintech-Aushängeschild N26 steht vor einer möglichen Veränderung an der Unternehmensspitze. Mehrere Berichte, unter anderem von Manager Magazin und FAZ, sprechen von Investoren, die die Gründer Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal aus dem operativen Geschäft herausnehmen wollen. Offiziell weist N26 dies zurück: „Es ist falsch zu behaupten, dass die Gründer auf Druck von Investoren vor der Ablösung stehen“, so ein Sprecher. Hinter den Kulissen gibt es jedoch offenbar Gespräche zwischen Aufsichtsrat, Investoren und den Gründern über mögliche Szenarien.

Bafin-Prüfung und Wettbewerbsdruck

Wie trendingtopics.eu berichtet, hat die deutsche Finanzaufsicht Bafin bei einer Sonderprüfung im vierten Quartal 2024 erneut Mängel im Risikomanagement festgestellt – unter anderem beim niederländischen Hypothekengeschäft der Tochter Neo. N26 war bereits 2021 wegen Mängeln in der Geldwäscheprävention unter Aufsicht gestellt worden und durfte monatelang maximal 50.000, später 60.000 Neukunden pro Monat aufnehmen. Diese Beschränkung wurde im Juni 2024 aufgehoben.

Auch im Wettbewerb wächst der Druck: Während Revolut aus Großbritannien laut fr.de inzwischen 55 Millionen Kunden zählt, gibt N26 lediglich an, „Millionen Kunden in 24 Ländern“ zu haben.

Diskussionen über mögliche Veränderungen

Nach Angaben von brutkasten.com und trendingtopics.eu sollen insbesondere die US-Investoren Third Point Ventures, Dragoneer und Coatue über eine Neuaufstellung sprechen. Ein diskutiertes Szenario: Stalf könnte in den Aufsichtsrat wechseln, Tayenthal vorübergehend als CEO bleiben, bis ein Nachfolger gefunden ist. Laut FAZ verfügen die kritischen Investoren jedoch nicht über die notwendige Stimmenmehrheit. Zudem halten die Gründer jeweils rund zehn Prozent der Anteile und besitzen Sonderrechte, die eine Ablösung erschweren.

Geschäftszahlen im Plus – Investoren dennoch unzufrieden

Trotz der Diskussionen zeigen die Geschäftszahlen eine Verbesserung. Laut FAZ sank der Verlust von mehr als 100 Millionen Euro im Jahr 2023 auf rund 42 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Der Umsatz liegt 2024 bisher bei über 500 Millionen Euro. N26 bestätigt das Ziel, 2025 profitabel zu werden. Insgesamt hat das Fintech seit 2013 über sechs Finanzierungsrunden rund 1,7 Milliarden Euro Kapital eingesammelt, darunter etwa 850 Millionen Euro in der Series-E-Runde 2021, die die Bewertung auf rund 8,5 Milliarden Euro erhöhte.

Business Punk Check

Die Debatte um N26 zeigt, wie sensibel das Gleichgewicht zwischen Investoreninteressen, Regulierung und Unternehmensführung ist. Internationale Kapitalgeber erwarten Wachstum im Stil von Revolut, während deutsche Regulierungsauflagen für zusätzliche Hürden sorgen. Ob N26 sein Potenzial ausschöpfen kann, hängt nicht nur von der Führungsfrage ab, sondern auch davon, wie das Unternehmen künftig zwischen Marktambitionen und Compliance-Anforderungen navigiert.

Häufig gestellte Fragen

  • Welche Auswirkungen könnte die aktuelle Situation bei N26 auf andere deutsche Fintechs haben?
    Der Fall N26 verdeutlicht, dass internationale Investoren bei ausbleibendem Wachstum und regulatorischen Problemen stärker in die Unternehmensführung eingreifen können. Für andere Fintechs kann das ein Signal sein, ihre Governance-Strukturen frühzeitig so auszurichten, dass Entscheidungsfreiheit und Handlungsfähigkeit auch nach Investoreneinstieg gewahrt bleiben – insbesondere durch klare Verantwortlichkeiten und eine konsequente Compliance-Strategie.
  • Wie können Fintech-Gründer ihre Position gegenüber Investoren langfristig sichern?
    Gründer nutzen häufig Instrumente wie Stimmrechtsaktien oder Vetorechte bei Schlüsselentscheidungen, um Einfluss zu behalten. Eine breite Investorenbasis kann ebenfalls helfen, Abhängigkeiten zu reduzieren. Entscheidend bleibt jedoch, vereinbarte Wachstums- und Profitabilitätsziele zu erreichen, um das Vertrauen der Kapitalgeber zu sichern.
  • Was lässt sich aus dem N26-Fall im internationalen Vergleich ableiten?
    Im Vergleich zu Großbritannien, wo mit Revolut ein global agierendes Fintech entstanden ist, arbeiten deutsche Anbieter unter strengeren regulatorischen Auflagen. Das kann ein Wettbewerbsnachteil bei der Kapital- und Talentgewinnung sein. Zugleich bietet ein verlässliches Aufsichtsregime auch Chancen, Vertrauen im Markt aufzubauen – sofern es gelingt, Compliance-Anforderungen effizient zu erfüllen.
  • Welche strategischen Optionen hat N26 aktuell?
    Mögliche Optionen reichen von der Fokussierung auf profitable Nischenmärkte bis hin zu gezielten Übernahmen, um Marktanteile auszubauen. Parallel dazu dürfte der weitere Ausbau und die Modernisierung der Compliance- und Risikomanagementsysteme entscheidend sein, um künftige Auflagen der Aufsicht zu vermeiden.
  • Welche Folgen könnten die Entwicklungen für geplante Börsengänge deutscher Fintechs haben?
    Die Situation bei N26 könnte Investoren bei künftigen IPOs vorsichtiger stimmen. Wahrscheinlich werden sie noch stärker auf belastbare Governance-Strukturen, funktionierende Compliance-Prozesse und tragfähige Geschäftsmodelle achten, bevor sie sich an deutschen Fintech-Börsengängen beteiligen.

Quellen: „FAZ“, „trendingtopics.eu“, „fr.de“, „brutkasten.com“