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Interview icon Interview Gast:
Josef Brunner

Gründer:

- Josef Brunner

- Serienunternehmer & Investor

- Background: Exits mit JouleX (2013) und Relayr (2018)

- Heute: Gründer & CEO von NutriUnited, AFT Gruppe

- Ziel: Aufbau eines der größten Lebensmittelunternehmen Europas


Unternehmen:

- Gründung: 2024

- Sitz: München

- Branche: FoodTech / Lebensmittel


http://www.nutriunited.de/

9. September 2025

Josef Brunner

vom Schulabbruch zum Multi-Millionen-Exit

Wir alle lieben eine gute Underdog-Story und genau das macht Josef Brunner zu einem der spannendsten Tech-Gründer Deutschlands. Seine Vita liest sich wie ein Mix aus Startup-Lehrbuch und Hollywood-Plot.

Mit JouleX (2013 für 107 Mio. Dollar an Cisco verkauft) und Relayr (2018 für 300 Mio. an Munich Re) hat er gleich mehrfach bewiesen, dass er nicht nur Visionen hat, sondern auch liefert. Heute steuert Brunner die AFT Gruppe, zu der verschiedene Unternehmen aus dem Bereich Private Equity, Venture Capital und Immobilien gehören. Der Fokus des 43-jährigen liegt dabei auf transformativen Megatrends wie Energie, Nachhaltigkeit, Ernährung & Software. Sein neuester Coup: NutriUnited. 2024 gegründet, soll das Unternehmen nichts weniger als die Lebensmittelbranche revolutionieren. Und wenn das einer schafft, dann er.

[André Patrzek]: Mit 16 hast du – schüchtern, ohne Geld, aber mit viel Drive – dein erstes Startup gegründet. Wie hat sich das angefühlt, und was wäre passiert, wenn du gescheitert wärst?

[Josef Brunner]: Scheitern wäre damals für mich kein Problem gewesen bzw. nichts, an das ich gedacht habe. Zum einen, weil ich fest daran glaube, dass derjenige, der ans Scheitern denkt, auch scheitern kann. Zum zweiten, weil ich nichts zu verlieren hatte. Ich war ja schon arm und mittellos, tiefer hätte ich also kaum fallen können. Retrospektiv hat mir diese Erkenntnis sehr geholfen.

[AP]: Wie unterscheidet sich der Josef von damals von dem heute?

[JB]: Manchmal vermisse ich die Naivität, die mich zu dieser Zeit begleitet hat. Naivität bringt Leichtigkeit und das ist enorm wichtig, wenn man den Sprung in die Selbstständigkeit wagt. Wir zerdenken heute in unserer überakademisierten Welt zu viel. Der Josef von heute denkt wesentlich mehr als der von früher. Das ist per se nicht schlecht, es ist nur anders.

[AP]: Und wie wünschst du dir, dass sich der Josef in 10 Jahren von dem heute unterscheidet?

[JB]: Ich möchte gerne Ruhe und Zufriedenheit finden. Durch die Insolvenz des elterlichen Betriebs, die mich in die Selbstständigkeit gebracht hat, haben sich Dämonen in mir eingenistet. Ich kann mittlerweile sehr gut mit ihnen umgehen. Sie sind meine Freunde, treiben mich an, helfen mir, wieder aufzustehen und sind der Grund hinter meiner Resilienz. Aber sie verhindern auch, dass ich abschalten kann, dass ich Ruhe und Zufriedenheit finde. Ich bin ein Getriebener, aber ein glücklich Getriebener.

[AP]: Was rätst du jungen Gründern? Welche Fehler sollten sie unbedingt vermeiden? Und welche unbedingt machen?

[JB]: Sucht euch die richtigen Leute aus, mit denen ihr euch umgeht und findet euren eigenen Weg.

Es gibt so viele falsche Propheten da draußen. Menschen, die nichts gerissen haben, aber alles besser wissen. Menschen ohne Integrität, aber mit viel Selbstbewusstsein. Sucht euch eure Mitgründer, Investoren, Mitarbeiter und Partner genau aus. Sie haben einen enormen Einfluss auf eure Reise. Nicht nur beruflich. Auch privat und persönlich.

Und ignoriert die Ratgeber, die es da draußen gibt. Der Weg eines erfolgreichen Gründers muss nicht eurer sein. Wir Menschen sind alle unterschiedlich und deswegen gibt es für uns unterschiedliche Wege zum Ziel.

Ich liebe die unternehmerische Reise. Es gibt nichts Schöneres und Schmerzvolleres als aus einer Idee ein Unternehmen zu bauen. Daran ist nichts Romantisches, aber etwas unglaublich Erfüllendes.
Josef Brunner
Josef Brunner

[AP]: Welche Entscheidungen waren für dich die toughsten und wichtigsten?

[JB]: Mich von Menschen zu trennen. Diese Entscheidungen fallen oftmals nicht leicht. Sie sind aber wichtig. Nicht nur für mich. Sondern manchmal auch für die anderen Personen.

[AP]: Hattest du Menschen, die auf deinem Weg entscheidend waren?

[JB]: Oh ja! Ohne diese Menschen wäre ich zu einer anderen Person geworden! Das ist einer der Gründe, warum ich Mentoring so ernst nehme. Die Menschen, die ich getroffen habe, haben mich unglaublich geprägt. Wenn ich darauf zurückschaue, von wem ich alles lernen durfte, empfinde ich ein Gefühl tiefer Dankbarkeit!

[AP]: Siege oder Niederlagen – was hat dich am meisten geprägt? Gibt’s etwas, das du bereust?

[JB]: Die Rückschläge. Eindeutig. Aus Siegen zu lernen, ist sehr schwierig. Oftmals weiß man nicht, welche Gründe hinter unseren Erfolgen liegen. Unsere Niederlagen bieten hier wesentlich mehr Raum für Lernerfahrungen. Es gibt unzählige Dinge, die ich bereue. Ich habe eine ganze Bibliothek an Narben auf meinem Rücken. Die größten Fehler, die ich gemacht habe, hatten aber alle denselben verbindenden Charakter: ich habe mich gegen mein Bauchgefühl und gegen meine Intuition entschieden.

[AP]: Was macht ein Josef Brunner anders als andere deutsche Gründer?

[JB]: Das weiß ich nicht. Ich möchte mich auch ungern vergleichen und es gibt so viele Unternehmer, die um ein Vielfaches erfolgreicher sind als ich. Und ich denke auch, dass wir dem finanziellen Erfolg nicht zu viel beimessen sollten. Ich habe so viel Respekt vor Unternehmern, die ein lokales Geschäft aufbauen, vor Menschen, die ihrem Traum nachgehen und sich für die Gesellschaft einsetzen. Die Gesellschaft funktioniert nur dann, wenn sie ausgeglichen und fair ist und deswegen ist auch Wertschätzung für alle Bereiche der Gesellschaft so essenziell wichtig.

[AP]: Du könntest dich auch einfach auf deinem Erfolg ausruhen – tust du aber definitiv nicht: Was treibt dich an?

[JB]: Ich liebe die unternehmerische Reise. Es gibt nichts Schöneres und Schmerzvolleres als aus einer Idee ein Unternehmen zu bauen. Daran ist nichts Romantisches, aber etwas unglaublich Erfüllendes. Ich bin wahnsinnig dankbar, dass ich das, was ich liebe, beruflich tun kann. Ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen. Am Strand zu liegen und Pina Colada zu trinken, wäre mein Untergang!

[AP]: Money Talks: Wie hat dich dein Vermögen verändert – und was bedeutet es dir?

[JB]: Meine Hoffnung war, dass Geld mich befreit und glücklich macht. Diese Hoffnung wurde nicht erfüllt. Meine Dämonen, Unsicherheiten und Ängste sind immer noch meine ständigen Begleiter. Vermögen gibt aber Freiheit. Freiheit das zu tun, was ich liebe. Und für diese Freiheit bin ich dankbar. Mir ist absolut bewusst, wie unglaublich privilegiert ich leben darf und welch große Rolle Glück hierbei spielt!

[AP]: Abseits vom Cash: Was macht dich glücklich? Und wie genießt du dein Leben?

[JB]: Die Berge. Ich liebe meine sonntäglichen Wanderungen. Sie erden mich und halten mich fit. Körperlich und geistig. Aber auch ein Glas Wein mit engen Freunden gibt mir sehr viel. Unter anderem intellektuelle Stimulation und viele leichte und fröhliche Momente. Zusätzlich finde ich es wunderschön, wenn Menschen, die ich als Mentor begleiten darf, ihre Ziele erreichen.

[AP]: Mit AFT investierst du in Startups und Immobilien. Nach welchen Kriterien entscheidest du, was du machst – und was nicht?

[JB]: Ich entscheide nur noch nach Bauch. Wenn ich fühle, dass etwas funktionieren kann, schaue ich mir Dinge an. Business Pläne, Daten, Marktstudien halte ich für überbewertet. Ich liebe das Konträre und bin der Anti-Investment-Lemming. Wenn wieder eine aktuelle Hype-Sau durch das Investmentdorf gejagt wird, springe ich mit Sicherheit auf einen anderen Zug auf.

[AP]: NutriUnited ist dein neuestes Baby. Wie genau willst du damit die Lebensmittelindustrie aufmischen?

[JB]: Ich habe viel Geld in Food investiert. Zumeist in Asset Light Unternehmen, die also keine eigene Produktion haben, sondern mit Lohnproduzenten arbeiten und eine Marke etablieren wollen. Diese Investments konnten zum Großteil ihr Potential nicht entfalten können. Das hat mich neugierig gemacht. Habe ich nur die falschen Investitionsentscheidungen getroffen oder gibt es im Markt etwas Systemisches, das ihn gegen Disruption von außen schützt. So ist NutriUnited entstanden, mit dem Ziel, den Markt von innen heraus nachhaltig zu verändern. Wir schaffen einen Verbund mittelständischer Unternehmen, die echte Produkte herstellen. Die Liebe zum Handwerk und die regionale Verankerung sind dabei essenziell. Unser Ziel dabei: eines der größten Lebensmittelunternehmen in Europa zu bauen.

[AP]: Deutschland steckt gefühlt gerade etwas fest. Was muss sich sofort ändern – und welche Maßnahme hätte Impact?

[JB]: Mich beschäftig das Thema sehr. Daher habe ich mit anderen Unternehmern „Unternehmer in Bewegung“ gegründet. Ich halte es für essenziell, dass wir unsere politischen und idiologischen Blasen verlassen. Wir müssen andere Meinungen nicht nur wieder zulassen, sondern uns aktiv mit Menschen, die andere Perspektiven haben, auseinandersetzen. Nur so können wir gesellschaftlichen Konsens erreichen. Die Häme, der Hass und die Aggressivität, die im politisch-gesellschaftlichen Dialog vorherrscht, besorgt mich enorm.

Danach müssen wir als Land wieder ein Zielbild für die Zukunft entwickeln. Wer wollen wir sein und wie kommen wir dort hin. Wir müssen, so hart das ist, alte Zöpfe abschneiden und uns weiterentwickeln.

Wir brauchen also mehr Verständnis für Andersdenkende und den Mut, uns als Volkswirtschaft zu transformieren. Darüber müssen wir ehrlich und im Ton höflich sprechen.

[AP]: Die Welt wird immer schneller, digitaler, komplexer – was macht dir dabei Angst, was Hoffnung?

[Josef Brunner]: Der Haß, die Häme, der Neid und die Missgunst machen mir große Sorge. Wir brauchen dringend mehr Milde und Verständnis, wenn unsere Gesellschaft sich nicht weiter spalten soll. Wir müssen nicht alles kommentieren, können 5 mal gerade sein lassen und sollten mehr aufeinander achten. Technologie scheint uns nicht näher zusammenzubringen, sondern immer mehr zu entzweien. Das macht mir große Sorgen. Hoffnung macht mir das Menschliche und die Menschen. Wir haben so viel überwunden. Kriege, Hass, Krankheiten und Kriege. Wenn wir wollen, schaffen wir unglaubliches. Wir müssen nur wollen. Und ich will.

[André Patrzek]: Vielen Dank, Josef für das inspirierende Gespräch und die offenen Einblicke in deine Gründerreise.  

Das Interview führte André Patrzek für UnternehmerNEXT von Business Punk. 

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Gründer:

- Josef Brunner

- Serienunternehmer & Investor

- Background: Exits mit JouleX (2013) und Relayr (2018)

- Heute: Gründer & CEO von NutriUnited, AFT Gruppe

- Ziel: Aufbau eines der größten Lebensmittelunternehmen Europas


Unternehmen:

- Gründung: 2024

- Sitz: München

- Branche: FoodTech / Lebensmittel


http://www.nutriunited.de/

9. September 2025

Josef Brunner

vom Schulabbruch zum Multi-Millionen-Exit

Wir alle lieben eine gute Underdog-Story und genau das macht Josef Brunner zu einem der spannendsten Tech-Gründer Deutschlands. Seine Vita liest sich wie ein Mix aus Startup-Lehrbuch und Hollywood-Plot.

Mit JouleX (2013 für 107 Mio. Dollar an Cisco verkauft) und Relayr (2018 für 300 Mio. an Munich Re) hat er gleich mehrfach bewiesen, dass er nicht nur Visionen hat, sondern auch liefert. Heute steuert Brunner die AFT Gruppe, zu der verschiedene Unternehmen aus dem Bereich Private Equity, Venture Capital und Immobilien gehören. Der Fokus des 43-jährigen liegt dabei auf transformativen Megatrends wie Energie, Nachhaltigkeit, Ernährung & Software. Sein neuester Coup: NutriUnited. 2024 gegründet, soll das Unternehmen nichts weniger als die Lebensmittelbranche revolutionieren. Und wenn das einer schafft, dann er.

[André Patrzek]: Mit 16 hast du – schüchtern, ohne Geld, aber mit viel Drive – dein erstes Startup gegründet. Wie hat sich das angefühlt, und was wäre passiert, wenn du gescheitert wärst?

[Josef Brunner]: Scheitern wäre damals für mich kein Problem gewesen bzw. nichts, an das ich gedacht habe. Zum einen, weil ich fest daran glaube, dass derjenige, der ans Scheitern denkt, auch scheitern kann. Zum zweiten, weil ich nichts zu verlieren hatte. Ich war ja schon arm und mittellos, tiefer hätte ich also kaum fallen können. Retrospektiv hat mir diese Erkenntnis sehr geholfen.

[AP]: Wie unterscheidet sich der Josef von damals von dem heute?

[JB]: Manchmal vermisse ich die Naivität, die mich zu dieser Zeit begleitet hat. Naivität bringt Leichtigkeit und das ist enorm wichtig, wenn man den Sprung in die Selbstständigkeit wagt. Wir zerdenken heute in unserer überakademisierten Welt zu viel. Der Josef von heute denkt wesentlich mehr als der von früher. Das ist per se nicht schlecht, es ist nur anders.

[AP]: Und wie wünschst du dir, dass sich der Josef in 10 Jahren von dem heute unterscheidet?

[JB]: Ich möchte gerne Ruhe und Zufriedenheit finden. Durch die Insolvenz des elterlichen Betriebs, die mich in die Selbstständigkeit gebracht hat, haben sich Dämonen in mir eingenistet. Ich kann mittlerweile sehr gut mit ihnen umgehen. Sie sind meine Freunde, treiben mich an, helfen mir, wieder aufzustehen und sind der Grund hinter meiner Resilienz. Aber sie verhindern auch, dass ich abschalten kann, dass ich Ruhe und Zufriedenheit finde. Ich bin ein Getriebener, aber ein glücklich Getriebener.

[AP]: Was rätst du jungen Gründern? Welche Fehler sollten sie unbedingt vermeiden? Und welche unbedingt machen?

[JB]: Sucht euch die richtigen Leute aus, mit denen ihr euch umgeht und findet euren eigenen Weg.

Es gibt so viele falsche Propheten da draußen. Menschen, die nichts gerissen haben, aber alles besser wissen. Menschen ohne Integrität, aber mit viel Selbstbewusstsein. Sucht euch eure Mitgründer, Investoren, Mitarbeiter und Partner genau aus. Sie haben einen enormen Einfluss auf eure Reise. Nicht nur beruflich. Auch privat und persönlich.

Und ignoriert die Ratgeber, die es da draußen gibt. Der Weg eines erfolgreichen Gründers muss nicht eurer sein. Wir Menschen sind alle unterschiedlich und deswegen gibt es für uns unterschiedliche Wege zum Ziel.

Ich liebe die unternehmerische Reise. Es gibt nichts Schöneres und Schmerzvolleres als aus einer Idee ein Unternehmen zu bauen. Daran ist nichts Romantisches, aber etwas unglaublich Erfüllendes.
Josef Brunner
Josef Brunner

[AP]: Welche Entscheidungen waren für dich die toughsten und wichtigsten?

[JB]: Mich von Menschen zu trennen. Diese Entscheidungen fallen oftmals nicht leicht. Sie sind aber wichtig. Nicht nur für mich. Sondern manchmal auch für die anderen Personen.

[AP]: Hattest du Menschen, die auf deinem Weg entscheidend waren?

[JB]: Oh ja! Ohne diese Menschen wäre ich zu einer anderen Person geworden! Das ist einer der Gründe, warum ich Mentoring so ernst nehme. Die Menschen, die ich getroffen habe, haben mich unglaublich geprägt. Wenn ich darauf zurückschaue, von wem ich alles lernen durfte, empfinde ich ein Gefühl tiefer Dankbarkeit!

[AP]: Siege oder Niederlagen – was hat dich am meisten geprägt? Gibt’s etwas, das du bereust?

[JB]: Die Rückschläge. Eindeutig. Aus Siegen zu lernen, ist sehr schwierig. Oftmals weiß man nicht, welche Gründe hinter unseren Erfolgen liegen. Unsere Niederlagen bieten hier wesentlich mehr Raum für Lernerfahrungen. Es gibt unzählige Dinge, die ich bereue. Ich habe eine ganze Bibliothek an Narben auf meinem Rücken. Die größten Fehler, die ich gemacht habe, hatten aber alle denselben verbindenden Charakter: ich habe mich gegen mein Bauchgefühl und gegen meine Intuition entschieden.

[AP]: Was macht ein Josef Brunner anders als andere deutsche Gründer?

[JB]: Das weiß ich nicht. Ich möchte mich auch ungern vergleichen und es gibt so viele Unternehmer, die um ein Vielfaches erfolgreicher sind als ich. Und ich denke auch, dass wir dem finanziellen Erfolg nicht zu viel beimessen sollten. Ich habe so viel Respekt vor Unternehmern, die ein lokales Geschäft aufbauen, vor Menschen, die ihrem Traum nachgehen und sich für die Gesellschaft einsetzen. Die Gesellschaft funktioniert nur dann, wenn sie ausgeglichen und fair ist und deswegen ist auch Wertschätzung für alle Bereiche der Gesellschaft so essenziell wichtig.

[AP]: Du könntest dich auch einfach auf deinem Erfolg ausruhen – tust du aber definitiv nicht: Was treibt dich an?

[JB]: Ich liebe die unternehmerische Reise. Es gibt nichts Schöneres und Schmerzvolleres als aus einer Idee ein Unternehmen zu bauen. Daran ist nichts Romantisches, aber etwas unglaublich Erfüllendes. Ich bin wahnsinnig dankbar, dass ich das, was ich liebe, beruflich tun kann. Ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen. Am Strand zu liegen und Pina Colada zu trinken, wäre mein Untergang!

[AP]: Money Talks: Wie hat dich dein Vermögen verändert – und was bedeutet es dir?

[JB]: Meine Hoffnung war, dass Geld mich befreit und glücklich macht. Diese Hoffnung wurde nicht erfüllt. Meine Dämonen, Unsicherheiten und Ängste sind immer noch meine ständigen Begleiter. Vermögen gibt aber Freiheit. Freiheit das zu tun, was ich liebe. Und für diese Freiheit bin ich dankbar. Mir ist absolut bewusst, wie unglaublich privilegiert ich leben darf und welch große Rolle Glück hierbei spielt!

[AP]: Abseits vom Cash: Was macht dich glücklich? Und wie genießt du dein Leben?

[JB]: Die Berge. Ich liebe meine sonntäglichen Wanderungen. Sie erden mich und halten mich fit. Körperlich und geistig. Aber auch ein Glas Wein mit engen Freunden gibt mir sehr viel. Unter anderem intellektuelle Stimulation und viele leichte und fröhliche Momente. Zusätzlich finde ich es wunderschön, wenn Menschen, die ich als Mentor begleiten darf, ihre Ziele erreichen.

[AP]: Mit AFT investierst du in Startups und Immobilien. Nach welchen Kriterien entscheidest du, was du machst – und was nicht?

[JB]: Ich entscheide nur noch nach Bauch. Wenn ich fühle, dass etwas funktionieren kann, schaue ich mir Dinge an. Business Pläne, Daten, Marktstudien halte ich für überbewertet. Ich liebe das Konträre und bin der Anti-Investment-Lemming. Wenn wieder eine aktuelle Hype-Sau durch das Investmentdorf gejagt wird, springe ich mit Sicherheit auf einen anderen Zug auf.

[AP]: NutriUnited ist dein neuestes Baby. Wie genau willst du damit die Lebensmittelindustrie aufmischen?

[JB]: Ich habe viel Geld in Food investiert. Zumeist in Asset Light Unternehmen, die also keine eigene Produktion haben, sondern mit Lohnproduzenten arbeiten und eine Marke etablieren wollen. Diese Investments konnten zum Großteil ihr Potential nicht entfalten können. Das hat mich neugierig gemacht. Habe ich nur die falschen Investitionsentscheidungen getroffen oder gibt es im Markt etwas Systemisches, das ihn gegen Disruption von außen schützt. So ist NutriUnited entstanden, mit dem Ziel, den Markt von innen heraus nachhaltig zu verändern. Wir schaffen einen Verbund mittelständischer Unternehmen, die echte Produkte herstellen. Die Liebe zum Handwerk und die regionale Verankerung sind dabei essenziell. Unser Ziel dabei: eines der größten Lebensmittelunternehmen in Europa zu bauen.

[AP]: Deutschland steckt gefühlt gerade etwas fest. Was muss sich sofort ändern – und welche Maßnahme hätte Impact?

[JB]: Mich beschäftig das Thema sehr. Daher habe ich mit anderen Unternehmern „Unternehmer in Bewegung“ gegründet. Ich halte es für essenziell, dass wir unsere politischen und idiologischen Blasen verlassen. Wir müssen andere Meinungen nicht nur wieder zulassen, sondern uns aktiv mit Menschen, die andere Perspektiven haben, auseinandersetzen. Nur so können wir gesellschaftlichen Konsens erreichen. Die Häme, der Hass und die Aggressivität, die im politisch-gesellschaftlichen Dialog vorherrscht, besorgt mich enorm.

Danach müssen wir als Land wieder ein Zielbild für die Zukunft entwickeln. Wer wollen wir sein und wie kommen wir dort hin. Wir müssen, so hart das ist, alte Zöpfe abschneiden und uns weiterentwickeln.

Wir brauchen also mehr Verständnis für Andersdenkende und den Mut, uns als Volkswirtschaft zu transformieren. Darüber müssen wir ehrlich und im Ton höflich sprechen.

[AP]: Die Welt wird immer schneller, digitaler, komplexer – was macht dir dabei Angst, was Hoffnung?

[Josef Brunner]: Der Haß, die Häme, der Neid und die Missgunst machen mir große Sorge. Wir brauchen dringend mehr Milde und Verständnis, wenn unsere Gesellschaft sich nicht weiter spalten soll. Wir müssen nicht alles kommentieren, können 5 mal gerade sein lassen und sollten mehr aufeinander achten. Technologie scheint uns nicht näher zusammenzubringen, sondern immer mehr zu entzweien. Das macht mir große Sorgen. Hoffnung macht mir das Menschliche und die Menschen. Wir haben so viel überwunden. Kriege, Hass, Krankheiten und Kriege. Wenn wir wollen, schaffen wir unglaubliches. Wir müssen nur wollen. Und ich will.

[André Patrzek]: Vielen Dank, Josef für das inspirierende Gespräch und die offenen Einblicke in deine Gründerreise.  

Das Interview führte André Patrzek für UnternehmerNEXT von Business Punk.