Brand & Brilliance TabuTech: Warum die nächste Gesundheitsrevolution in Schamzonen beginnt

TabuTech: Warum die nächste Gesundheitsrevolution in Schamzonen beginnt

Von Lucanus Polagnoli, Gründer von Calm/Storm 

Gesundheitsthemen sind schon belastend genug – aber es gibt ein paar, über die man lieber gar nicht spricht: Erektionsprobleme, Beschwerden in der Menopause, Essstörungen, mentale Gesundheit oder Revenge Porn. Von sexuell übertragbaren Krankheiten bis hin zu Fußpilz – die Liste ist lang. Was für das Gesundheitssystem vielleicht nur einer von vielen Blindspots ist, ist für Patient:innen oft ein riesiges Problem, das sich im Falle ansteckender Krankheiten obendrein schnell auf die gesamte Bevölkerung ausbreiten kann. Für Tech-Gründer:innen und mutige Investor:innen ein riesiger, vielmals unterschätzter Markt.

Willkommen bei TabuTech. Ein Begriff, der eine Lücke im Gesundheitssystem benennt, die schon viel zu lange existiert. Eine Lücke, die digitale Produkte heute schließen können.

Das Problem mit der Scham

Tabuthemen im Gesundheitsbereich sind nicht selten, sondern die Regel. Nur spricht niemand darüber. Weder mit Freund:innen noch mit Ärzt:innen. Die Folge: Menschen suchen anonym im Netz und finden dort oft nichts oder nur Halbwahrheiten, meist aber Abzocke mit mehr oder weniger gefährlicher „Pseudo-Medizin”.

Und das betrifft mehr Menschen, als man denkt:

  • In Europa leiden über 30 Millionen Männer unter sexuellen Dysfunktionen.
  • 1 von 5 Frauen berichtet über gravierende Symptome in der Menopause, ohne dafür adäquate ärztliche Hilfe zu bekommen.
  • Essstörungen gehören zu den häufigsten psychosomatischen Erkrankungen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
  • 1 von 4 Frauen erlebt im Laufe ihres Lebens sexualisierte Gewalt.
  • Schätzungen zufolge haben 20-30 % der Menschen Fußpilz. 
  • 70 % der über 45-Jährigen entwickeln zumindest einmal im Leben Hämorrhoiden.
  • 2 % der Bevölkerung in Deutschland hat Schuppenflechte (das sind fast 2 Millionen Menschen).
  • 90 % aller Opfer von „Revenge Porn” oder fachlich ausgedrückt „IBSA” (image based sexual abuse) sind Frauen. Fast die Hälfte davon sind zwischen 20 und 40 Jahre alt.

Manche Probleme sind alt, andere neu. Aber alle haben eins gemeinsam: Es fehlt eine einfache, schnelle Lösung ohne Scham.

Was kann Tech tun?

Digitale Lösungen können dort hilfreich sein, wo die klassische Versorgung versagt: bei Diskretion, Erreichbarkeit, Nähe zur Zielgruppe. Und es gibt die Startups, die genau dort ansetzen:

  • Leda Health: ermöglicht Frauen, nach sexualisierter Gewalt zuhause medizinisch relevante Spuren zu sichern. In den USA, wo staatliche „Rape Kits“ oft nicht oder nur schwer erhältlich sind, ein hochrelevanter Beitrag zur Versorgung und Rechtssicherheit. 
  • Univa: begleitet Menschen mit Essstörungen digital und evidenzbasiert. Kein Ersatz für Therapie, aber ein niedrigschwelliger Zugang, gerade in Regionen mit Versorgungsengpässen. 
  • Everyman: bietet Telemedizin und digitale Diagnostik für Männer mit Erektionsstörungen oder Haarausfall. In den USA ist das längst Mainstream. In Europa nicht einmal ein Tabuthema, sondern einfach Ignoranz. 
  • linq: entwickelt ein sicheres System für den Austausch intimer Fotos und schützt damit vor „Revenge Porn“, einem Phänomen, das vor allem Jugendliche und junge Erwachsene betrifft. 

Alle diese Fälle zeigen: Tabu ist nicht das Gegenteil von Markt. Es ist oft sein Katalysator.

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