Business & Beyond Europa braucht eine eigene Börsengang-Strategie – im Gespräch mit Robin Lauber und Christian Angermayer

Europa braucht eine eigene Börsengang-Strategie – im Gespräch mit Robin Lauber und Christian Angermayer

Im Gespräch mit Robin Lauber, Mitgründer von Infinitas Capital, und Christian Angermayer, Gründer der Apeiron Investment Group und Elevat3 Capital, ging es um ihre neu angekündigte langfristige Partnerschaft. Ziel ist der Aufbau eines Portfolios für Unternehmen der nächsten Generation an der Nasdaq Stockholm – einer Börse, die sie als Vorbild für Europa sehen.

Elevat3 Capital, geleitet von Christian Angermayer, Thomas Hanke und Marlon Braumann, arbeitet strategisch mit Peter Thiels Founders Fund zusammen und vereint drei hochangesehene transatlantische Investoren. Die Plattform zielt darauf ab, eine stabile Reihe von Börsengängen in den Bereichen Finanzdienstleistungen, Immobilien, digitale Assets, Blockchain sowie Konsum- und Gesundheitsunternehmen der nächsten Generation vorzubereiten – mit der Nasdaq Stockholm als bevorzugtem Handelsplatz.

Carsten: Robin, Anfang dieses Jahres hast du angekündigt, drei Unternehmen in Stockholm an die Börse zu bringen. Jetzt hast du dich mit Apeiron zusammengetan, um eine Plattform für weitere Börsengänge aufzubauen. Welche Philosophie steckt dahinter?

Robin: Europa hat Talent, Kapital und Ideen. Trotzdem gehen viele unserer besten Unternehmen beim Börsengang noch ins Ausland, vor allem in die USA. Wir bauen einen Rahmen auf, der den europäischen Kapitalmarkt zur naheliegenden Wahl macht. Schweden hat sich still und leise zum dynamischsten IPO-Ökosystem Europas entwickelt – dank starker Retail-Investorenkultur, flexibler Gesellschaftsrechte und deutlich geringerer Kosten als in Deutschland. Zusammen mit Apeiron wollen wir zeigen, dass Europa seine eigenen Spitzenunternehmen erfolgreich fördern und wachsen lassen kann.

Christian: Wir brauchen einen Mentalitätswandel. In den USA gelten IPOs als dynamische Finanzierungstools, um wachstumsstarke Unternehmen voranzubringen. In Europa hingegen werden sie oft als Exit gesehen. Das muss sich ändern, wenn Europa ein lebendiges Finanzökosystem aufbauen will, das mit den USA mithalten kann.

Carsten: Und warum gerade Stockholm?

Robin: Die nordischen Märkte – insbesondere Schweden – bieten Tiefe, Flexibilität und eine hohe Bereitschaft von Investoren, die viele andere europäische Finanzzentren nicht erreichen. Für kapitaleffiziente Unternehmen ist das derzeit der klügste Standort. Die Liquidität ist hoch, die Beteiligung von Privatanlegern stark, und der Zugang für Unternehmen flexibel – in dieser Hinsicht erinnert es an das amerikanische Modell.

Christian: Auch die Kultur darf man nicht unterschätzen. Staatliche Anreize wie ISK-Konten oder politische Eingriffe in Rentensysteme haben in Schweden dazu geführt, dass eine ganze Generation mit Aktienbesitz aufgewachsen ist. Das hat eine engagierte Anleger-Community geschaffen und sorgt für natürliche Nachfrage nach neuen Börsengängen. Deutschland könnte sich daran ein Beispiel nehmen.

Carsten: Was könnte Deutschland – und Europa insgesamt – von Schweden lernen?

Christian: Man muss die Beteiligung von Privatanlegern stärken und das Geschehen an einer zentralen Börse bündeln. Schweden zeigt, was passiert, wenn man die richtigen Anreize setzt. Ohne solche Anreize werden Gründer automatisch in die USA gehen, weil dort die Märkte am liquidesten sind.

Robin: Europa darf seine Spitzenunternehmen nicht verlieren. Mit der aktuellen Turbulenz an den US-Märkten und einem insgesamt überhitzten Umfeld steigt die Attraktivität europäischer Märkte. Dass sich Storypod – ein Unternehmen aus Miami – für Stockholm entschieden hat, zeigt, dass Europa neue Chancen für kreative Kapitalmarktstrukturen bietet.

Carsten: Robin, erzähl mir von den ersten drei Unternehmen, die an die Börse gehen. Was verbindet sie?

Robin: Jedes ist unterschiedlich, aber die Gemeinsamkeit ist, dass es greifbare, umsatzgetriebene Unternehmen sind, deren Produkte Investoren sofort verstehen.

  • HausVorteil ist eine Plattform für Immobilien-Equity-Release, die Investoren Zugang zu einem diversifizierten Einfamilienhaus-Portfolio ermöglicht.
  • Kanaan ist ein E-Commerce-Roll-up, das Wettbewerber zu attraktiven Bewertungen übernimmt.
  • Storypod ist ein Edtech-Unternehmen aus Miami.

Alle drei haben verständliche, solide Geschäftsmodelle, die perfekt zu den nordischen Privatanlegern passen.

Carsten: Werdet ihr abwarten, wie sich diese drei entwickeln, bevor ihr weitere Börsengänge startet?

Robin: Nein, wir haben bereits weitere Unternehmen in der Pipeline. Dazu gehören Beteiligungen rund um bestimmte Themen, digitale Assets und möglicherweise ein Biotech-SPAC – ein Bereich, für den Christian, Thomas, Marlon und ich große Leidenschaft haben.

Carsten: Ihr seht Börsengänge als Finanzierungstools, nicht als Exits. Warum ist diese Unterscheidung wichtig?

Christian: Ein Börsengang ist kein Endpunkt – es ist eine Wachstumsrunde. Die nordischen Märkte zeigen, dass auch kleinere Unternehmen frühzeitig an die Börse gehen, frisches Kapital aufnehmen und skalieren können. Es gibt keinen Grund, zu warten, bis man ein Unicorn ist. Das sollte Europas Orientierungspunkt sein.

Carsten: Ihr deutet an, dass es um mehr geht als nur um einzelne Börsengänge. Was ist die größere Vision?

Robin: Schweden zeigt, was möglich ist, wenn die richtigen Zutaten zusammenkommen – Beteiligung von Privatanlegern, niedrige Kosten, flexible Regeln. Das Ziel ist, dieses Modell auf die größten Volkswirtschaften Europas zu übertragen. Stell dir ein europäisches „Nasdaq“ für aufstrebende Unternehmen vor, ergänzt durch eine zentrale Large-Cap-Börse für die großen Player. Zusammen würde das den Erfolg des US-Modells widerspiegeln – und genau das sollten wir anstreben.

Christian: Wenn Europa die Regeln vereinheitlicht, Bürokratie abbaut und die Menschen ermutigt, direkt in Innovationen zu investieren, müssen unsere Spitzenunternehmen den Kontinent nicht mehr verlassen, um zu wachsen.