Person
Interview icon Interview Gast:
Angelica Conraths
  Gründerin:

- Angelica Conraths

- Gründerin & CEO von fembites

- Frauenrechtlerin & Vollzeit-CEO

- Background: Eigene Erfahrungen mit Akne, Haarausfall & PCOS

- Mission: Frauengesundheit sichtbar machen


Unternehmen:

- Name: fembites GmbH

- Gründung: 2021

- Sitz: Berlin

- Branche: E-Commerce / Female Health


 www.fembites.com/ 
1. Oktober 2025

Angelica Conraths

Frauenrechtlerin und Vollzeit CEO

Angelica Conraths ist Gründerin und CEO von fembites – einem Female-Health-Start-up, das Frauen mit innovativen Nahrungsergänzungen Wohlbefinden, hormonelle Balance und Energie zurückgeben will. Aus eigener Erfahrung mit Akne, Haarausfall und dem Absetzen der Pille geboren, verbindet sie Unternehmertum mit feministischer Mission und bricht Tabus rund um Frauengesundheit.

Die besten Geschäftsideen haben eine persönliche Story. Bei Angelica Conraths ist es eine Story von persönlichem Leid: Gesundheitsprobleme wie Immuninsuffizienz, PCOS und PMS gaben den Anstoß für fembites – ein Start-up, das Frauen hormonelle Balance und Energie zurückgeben will. Angelica ist eine Rebellin mit Mission: Sie klärt auf, fordert heraus und mischt als Feministin den Markt auf. Zwischen Widerstand und Wachstum, zwischen Aufklärung und Unternehmertum – ein Spagat, der ihr scheinbar problemlos gelingt.

[André Patrzek]: Du hattest selbst mit Immunproblemen, Haarausfall und PMS zu kämpfen. Warum konnte dir niemand helfen – und wie hast du diesen Leidensdruck in Energie verwandelt?

[Angelica Conraths]: Ich habe jahrelang nach Antworten gesucht und bin immer wieder auf Unverständnis gestoßen. Als ich die Pille abgesetzt habe, war mein Körper völlig aus der Balance. Plötzlich kämpfte ich mit massivem Haarausfall, heftigen PMS-Symptomen, Stimmungsschwankungen und dem Gefühl, einfach nicht mehr ich selbst zu sein. Ärzte sagten mir, das sei „normal“, oder sie gaben mir die nächste Pille – ohne je die Ursache anzugehen.

Diese Ohnmacht war schlimm. Aber genau daraus ist Energie entstanden. Ich habe angefangen, alles über weibliche Hormone, Mikronährstoffe und Ernährung zu lesen. Ich wollte verstehen, was in meinem Körper passiert. Je tiefer ich eintauchte, desto klarer wurde mir: Wenn ich so leide, dann bin ich sicher nicht die Einzige. Und irgendwann kippte das Gefühl von Verzweiflung hin zu: Okay, ich finde Antworten, und ich mache daraus etwas, das auch anderen Frauen hilft.

[AP]: 2020 hast du deine Co-Founderin Jana kennengelernt. War das Schicksal oder einfach perfektes Timing?

[AC]: Es fühlte sich an wie beides. Wir waren beide zur richtigen Zeit am richtigen Ort, und gleichzeitig war es fast schon Schicksal. Ich hatte die Vision, Frauen eine Lösung für ihre hormonellen Beschwerden zu geben, und Jana hatte denselben Drang, etwas für Female Health zu verändern. Es war, als ob sich zwei Puzzlestücke gefunden hätten.

[AP]: Hat die Chemie zwischen euch beiden sofort gestimmt? Warum ergänzt ihr euch so gut?

[AC]: Ja, sofort. Ich erinnere mich noch an unser erstes Gespräch: Es war, als hätten wir uns schon lange gekannt. Jana ist extrem belesen, detailorientiert und passioniert – eine echte Expertin auf dem Gebiet ganz nach dem Motto “Das Genie beherrscht das Chaos”. Und ich, ich denke groß, visionär und strukturiert. Wir sind also sehr unterschiedlich – und genau das ist unsere Stärke. Wir balancieren uns aus, vertrauen einander und teilen denselben inneren Antrieb: Frauen sichtbar machen und unterstützen.

[AP]: Viele Künstler schreiben ihre besten Songs im Schmerz. War es bei deiner Idee für fembites ähnlich?

[AC]: Absolut. Schmerz war mein Katalysator. Als ich die Pille abgesetzt habe, war es, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Ich habe mich selbst nicht wiedererkannt. Schlaflosigkeit, Hautprobleme, meine Haare fielen büschelweise aus – und mein Energielevel war am Boden. Das war eine der dunkelsten Phasen meines Lebens.

Aber genau in diesem Schmerz habe ich angefangen zu kämpfen. Ich habe mich in Studien eingelesen, Ernährungsweisen ausprobiert, Supplements getestet. Schritt für Schritt habe ich meinen Körper besser verstanden – und gemerkt: Es gibt Wege, wieder in Balance zu kommen. Dieses Gefühl wollte ich nicht für mich behalten. fembites ist entstanden, weil ich aus meinem Leid etwas Positives schaffen wollte.

[AP]: Wann und wie hast du deine Symptome in den Griff bekommen?

[AC]: Es war ein Prozess über mehrere Jahre. Ich habe gelernt, meine Ernährung auf meine Bedürfnisse abzustimmen, bestimmte Mikronährstoffe gezielt einzusetzen und Stressmanagement ernst zu nehmen. Es war kein „Wundermittel“, sondern ein Zusammenspiel aus Wissen, Testversuchen, Routinen und Geduld. Und genau diese Erfahrung hat mir gezeigt: Frauen brauchen Produkte und Tools, die praktisch sind, alltagstauglich und wissenschaftlich fundiert – also wirklich was können. 

[AP]: Warum wird hormonelle Gesundheit von Frauen immer noch tabuisiert – und kaum ernst genommen?

[AC]: Weil Frauenkörper jahrzehntelang in der Medizin unterrepräsentiert waren. Studien wurden überwiegend an Männern durchgeführt, Frauenbeschwerden abgetan als „psychisch“. Dazu kommt ein gesellschaftliches Tabu: Über Blut & Hormone wird kaum offen gesprochen. Langsam bricht das auf, aber wir stehen noch sehr am Anfang. Das Schweigen sorgt dafür, dass viele Frauen denken, ihre Beschwerden seien „normal“. Dabei ist nichts normal daran, jeden Monat mehrere Tage komplett ausgenockt zu sein oder ein Medikament, dass den gesamten Körper umstellt ungefragt zu sich zu nehmen.

Es ist eigentlich ganz einfach: Wissen ist Macht. Frauen wurde über Jahrhunderte hinweg systematisch das Wissen über ihren eigenen Körper entzogen. Wo kein Wissenstransfer stattfindet, entsteht automatisch ein Tabu. Und dieses gilt es jetzt Stück für Stück aufzubrechen.

[AP]: „Die Höhle der Löwen“ hat euch Sichtbarkeit gebracht, aber keinen Deal. Habt ihr die Kritik und Absage verdaut?

[AC]: Ja, und zwar schnell. Natürlich ist es im Moment selbst hart, wenn man dort steht und kein Investor zusagt. Aber der wahre Gewinn war die Sichtbarkeit. Wir haben Tausende Nachrichten bekommen von Frauen, die sich in unserer Story wiedererkannt haben. Für uns war klar: Diese Bühne hat uns näher zu unserer Community gebracht, und das ist mehr wert als jeder Deal. Zudem hatten wir echt Spaß am Set – man wird ja schließlich nicht jeden Tag ins Fernsehen eingeladen. Das war eine schöne Abwechslung zum Startup-Alltag.

[AP]: Sind TV-Shows wie „Die Höhle der Löwen“ für Start-ups eher Segen oder Fluch?

[AC]: Es ist ein zweischneidiges Schwert. Man muss wissen, dass TV-Formate nicht die Realität eines Start-ups widerspiegeln -es geht ums Entertainment. Wer das versteht, kann enorm profitieren: Reichweite, Aufmerksamkeit, Feedback. Für uns war es definitiv ein Segen.

Unternehmertum ist für mich kein Business-Plan, sondern ein feministischer Akt. Aus persönlichem Schmerz habe ich fembites gegründet – um Wissen, Balance und Sichtbarkeit für Frauen zu schaffen.
Angelica Conraths
Angelica Conraths

[AP]: Ihr seid ein Female-Health-Start-up – aber finanziert von männlichen Business Angels. Sorgt das manchmal für Diskussionen?

[AC]: Nicht wirklich. Wir haben tatsächlich viel darüber nachgedacht. Natürlich wäre es schön, mehr Investorinnen im Boot zu haben und wir haben auch eine Zeit aktiv danach gesucht. Aber am Ende zählt, ob jemand unsere Mission versteht und unterstützt. Unsere Business Angels tun genau das, und das Geschlecht ist zweitrangig, solange die Haltung stimmt.

[AP]: Der Markt für Nahrungsergänzung boomt weltweit. Wie profitiert ihr davon – und wie tough ist der Wettbewerb?

[AC]: Der Markt ist riesig – und gleichzeitig extrem voll. Wir profitieren davon, dass das Bewusstsein für Gesundheit wächst, aber wir spüren auch den Druck, uns abzugrenzen. Genau deshalb setzen wir auf einen klaren USP: Female Health, wissenschaftlich fundiert und verbunden mit einer starken Mission.

[AP]: Was macht fembites anders als andere Anbieter in der Branche?

[AC]: Wir verkaufen nicht einfach nur „Pülverchen“. Wir schaffen Bewusstsein, geben Aufklärung, holen Frauen in ihre Selbstwirksamkeit zurück. Unsere Produkte sind speziell für die Bedürfnisse von Frauen entwickelt und kommen aus unserer eigenen Erfahrung. Und wir kommunizieren ohne rosa Schleifchen oder Verharmlosungen – sondern ehrlich, mutig und empowernd.

[AP]: Stichwort “Anti-Corporate-Kommunikation”: Welche Rolle spielt eure Community für euch?

[AC]: Eine riesige. Ohne unsere Community wären wir nicht da, wo wir sind. Wir hören zu, sammeln Feedback, entwickeln Produkte gemeinsam. Unsere Community ist nicht einfach „Kundschaft“ – sie ist Mitgestalterin.

[AP]: Viele werden sich fragen: Ich ernähre mich gesund und mache Sport. Brauche ich wirklich zusätzlich noch Pülverchen und Gummidrops? 

[AC]: Das ist eine absolut berechtigte Frage – und ehrlich gesagt, wünschte ich, die Antwort wäre „nein“. Wenn wir in einer Welt leben würden, in der Ernährung, Lebensstil und medizinische Versorgung perfekt auf die Bedürfnisse von Frauen abgestimmt wären, dann bräuchten wir keine Supplements.

Die Realität sieht aber anders aus: Viele Frauen haben trotz gesunder Ernährung Nährstoffdefizite. Und hier spreche ich nicht nur von dem, was ein klassisches Blutbild zeigt – das basiert nämlich immer noch größtenteils auf männlichen Normwerten und wurde nie wirklich auf den weiblichen Körper angepasst -> not so funfact. Ein „unauffälliges Blutbild“ heißt also noch lange nicht, dass alles in Balance ist.

Dazu kommen Faktoren wie chronischer Stress, Umweltgifte, hormonelle Verhütungsmittel, Menstruationszyklen, Schwangerschaften oder Wechseljahre – all das verändert den Nährstoffbedarf massiv. Selbst bei bewusster Ernährung ist es fast unmöglich, alle Mikronährstoffe in der Menge und Form aufzunehmen, die der Körper in solchen Belastungsphasen braucht.

Unsere Produkte sind daher kein Ersatz für einen gesunden Lebensstil – sondern eine Unterstützung. Sie geben dem Körper genau die Bausteine, die er braucht, um mit diesen Herausforderungen besser umgehen zu können. Kurz gesagt: Sport und gesunde Ernährung sind das Fundament, unsere Produkte sind das Plus, das dir dabei hilft, langfristig in Balance zu bleiben.

[AP]: Würdest du gerne zaubern können oder warum ist der Harry Potter Star Emma Watson eine Inspiration für dich? 

[AC]: Zaubern wäre manchmal praktisch (lacht). Aber Emma Watson inspiriert mich, weil sie ihre Stimme für Gleichberechtigung nutzt. Sie zeigt, dass Feminismus nichts mit Aggression zu tun hat, sondern mit Klarheit, Intelligenz und Haltung. Genau so wollen wir bei fembites auftreten.

[AP]: Hast du Sorge, dass dein Aktivismus manchmal die Marke überstrahlt und dem Produkt schadet?

[AC]: Nein. Unser Aktivismus ist kein Extra, er ist unser Fundament. Ohne Haltung wäre fembites austauschbar. Frauen vertrauen uns nicht nur, weil unsere Produkte wirken, sondern weil sie spüren, dass wir für etwas Größeres stehen.

[AP]: Du nennst dich Frauenrechtlerin und Herzblut-Feministin. Wie passt das zu knallhartem Unternehmertum?

[AC]: Für mich gehört das zusammen. Unternehmertum ohne Werte ist leer. Ich glaube fest daran, dass man auch im Business fair, nachhaltig und menschlich handeln kann. Das sorgt dafür, dass wir nicht nur Zahlen sehen, sondern Menschen.

[AP]: Vom rebellischen Start-up-Spirit zur Managing Director mit Verantwortung: Wie schwer war diese Transformation für dich?

[AC]: Es war und ist auch immer noch herausfordernd. Plötzlich geht es nicht nur um Ideen und Kreativität, sondern auch um Prozesse, Zahlen und Teamführung. Das ist verdammt hart, vor allem, wenn man ins kalte Wasser geworfen wird. Davon können sicherlich viele Gründer*Innen ein Lied singen. Aber ich sehe es als Wachstumsprozess – für mich und für fembites. Dazu habe ich unheimlich Glück ein Team an meiner Seite zu haben, die mit mir diesen Wachstumsprozess gehen.

[AP]: Was sind die nächsten Schritte für fembites – neue Produkte, Expansion, Kooperationen?

[AC]: Wir wollen unser Produktportfolio erweitern, noch stärker auf wissenschaftliche Innovation setzen und neue Märkte erschließen. Gleichzeitig wollen wir Kooperationen eingehen, die unsere Mission unterstützen und unser Team weiter aufbauen.

[AP]: Abseits von fembites: Wie sieht deine Zukunft aus?

[Angelica Conraths]: The future is female 😉 

Ich möchte langfristig noch mehr Impact schaffen – über fembites hinaus. Ob durch Aufklärung, Mentoring für Gründerinnen oder vielleicht eines Tages eine Stiftung für Frauengesundheit. Mein Ziel ist es, dass die nächste Generation von Frauen nicht mehr dieselben Kämpfe führen muss wie wir.

[André Patrzek]: Danke Angelica für das offene Gespräch und deine inspirierende Story. Dein Weg zeigt, wie viel Mut, Haltung und Energie im Gründen steckt. Du bist ein echtes Role Model für viele Gründerinnen.

Das Interview führte André Patrzek für UnternehmerNEXT von Business Punk.

Company logo
  Gründerin:

- Angelica Conraths

- Gründerin & CEO von fembites

- Frauenrechtlerin & Vollzeit-CEO

- Background: Eigene Erfahrungen mit Akne, Haarausfall & PCOS

- Mission: Frauengesundheit sichtbar machen


Unternehmen:

- Name: fembites GmbH

- Gründung: 2021

- Sitz: Berlin

- Branche: E-Commerce / Female Health


 www.fembites.com/ 
1. Oktober 2025

Angelica Conraths

Frauenrechtlerin und Vollzeit CEO

Angelica Conraths ist Gründerin und CEO von fembites – einem Female-Health-Start-up, das Frauen mit innovativen Nahrungsergänzungen Wohlbefinden, hormonelle Balance und Energie zurückgeben will. Aus eigener Erfahrung mit Akne, Haarausfall und dem Absetzen der Pille geboren, verbindet sie Unternehmertum mit feministischer Mission und bricht Tabus rund um Frauengesundheit.

Die besten Geschäftsideen haben eine persönliche Story. Bei Angelica Conraths ist es eine Story von persönlichem Leid: Gesundheitsprobleme wie Immuninsuffizienz, PCOS und PMS gaben den Anstoß für fembites – ein Start-up, das Frauen hormonelle Balance und Energie zurückgeben will. Angelica ist eine Rebellin mit Mission: Sie klärt auf, fordert heraus und mischt als Feministin den Markt auf. Zwischen Widerstand und Wachstum, zwischen Aufklärung und Unternehmertum – ein Spagat, der ihr scheinbar problemlos gelingt.

[André Patrzek]: Du hattest selbst mit Immunproblemen, Haarausfall und PMS zu kämpfen. Warum konnte dir niemand helfen – und wie hast du diesen Leidensdruck in Energie verwandelt?

[Angelica Conraths]: Ich habe jahrelang nach Antworten gesucht und bin immer wieder auf Unverständnis gestoßen. Als ich die Pille abgesetzt habe, war mein Körper völlig aus der Balance. Plötzlich kämpfte ich mit massivem Haarausfall, heftigen PMS-Symptomen, Stimmungsschwankungen und dem Gefühl, einfach nicht mehr ich selbst zu sein. Ärzte sagten mir, das sei „normal“, oder sie gaben mir die nächste Pille – ohne je die Ursache anzugehen.

Diese Ohnmacht war schlimm. Aber genau daraus ist Energie entstanden. Ich habe angefangen, alles über weibliche Hormone, Mikronährstoffe und Ernährung zu lesen. Ich wollte verstehen, was in meinem Körper passiert. Je tiefer ich eintauchte, desto klarer wurde mir: Wenn ich so leide, dann bin ich sicher nicht die Einzige. Und irgendwann kippte das Gefühl von Verzweiflung hin zu: Okay, ich finde Antworten, und ich mache daraus etwas, das auch anderen Frauen hilft.

[AP]: 2020 hast du deine Co-Founderin Jana kennengelernt. War das Schicksal oder einfach perfektes Timing?

[AC]: Es fühlte sich an wie beides. Wir waren beide zur richtigen Zeit am richtigen Ort, und gleichzeitig war es fast schon Schicksal. Ich hatte die Vision, Frauen eine Lösung für ihre hormonellen Beschwerden zu geben, und Jana hatte denselben Drang, etwas für Female Health zu verändern. Es war, als ob sich zwei Puzzlestücke gefunden hätten.

[AP]: Hat die Chemie zwischen euch beiden sofort gestimmt? Warum ergänzt ihr euch so gut?

[AC]: Ja, sofort. Ich erinnere mich noch an unser erstes Gespräch: Es war, als hätten wir uns schon lange gekannt. Jana ist extrem belesen, detailorientiert und passioniert – eine echte Expertin auf dem Gebiet ganz nach dem Motto “Das Genie beherrscht das Chaos”. Und ich, ich denke groß, visionär und strukturiert. Wir sind also sehr unterschiedlich – und genau das ist unsere Stärke. Wir balancieren uns aus, vertrauen einander und teilen denselben inneren Antrieb: Frauen sichtbar machen und unterstützen.

[AP]: Viele Künstler schreiben ihre besten Songs im Schmerz. War es bei deiner Idee für fembites ähnlich?

[AC]: Absolut. Schmerz war mein Katalysator. Als ich die Pille abgesetzt habe, war es, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Ich habe mich selbst nicht wiedererkannt. Schlaflosigkeit, Hautprobleme, meine Haare fielen büschelweise aus – und mein Energielevel war am Boden. Das war eine der dunkelsten Phasen meines Lebens.

Aber genau in diesem Schmerz habe ich angefangen zu kämpfen. Ich habe mich in Studien eingelesen, Ernährungsweisen ausprobiert, Supplements getestet. Schritt für Schritt habe ich meinen Körper besser verstanden – und gemerkt: Es gibt Wege, wieder in Balance zu kommen. Dieses Gefühl wollte ich nicht für mich behalten. fembites ist entstanden, weil ich aus meinem Leid etwas Positives schaffen wollte.

[AP]: Wann und wie hast du deine Symptome in den Griff bekommen?

[AC]: Es war ein Prozess über mehrere Jahre. Ich habe gelernt, meine Ernährung auf meine Bedürfnisse abzustimmen, bestimmte Mikronährstoffe gezielt einzusetzen und Stressmanagement ernst zu nehmen. Es war kein „Wundermittel“, sondern ein Zusammenspiel aus Wissen, Testversuchen, Routinen und Geduld. Und genau diese Erfahrung hat mir gezeigt: Frauen brauchen Produkte und Tools, die praktisch sind, alltagstauglich und wissenschaftlich fundiert – also wirklich was können. 

[AP]: Warum wird hormonelle Gesundheit von Frauen immer noch tabuisiert – und kaum ernst genommen?

[AC]: Weil Frauenkörper jahrzehntelang in der Medizin unterrepräsentiert waren. Studien wurden überwiegend an Männern durchgeführt, Frauenbeschwerden abgetan als „psychisch“. Dazu kommt ein gesellschaftliches Tabu: Über Blut & Hormone wird kaum offen gesprochen. Langsam bricht das auf, aber wir stehen noch sehr am Anfang. Das Schweigen sorgt dafür, dass viele Frauen denken, ihre Beschwerden seien „normal“. Dabei ist nichts normal daran, jeden Monat mehrere Tage komplett ausgenockt zu sein oder ein Medikament, dass den gesamten Körper umstellt ungefragt zu sich zu nehmen.

Es ist eigentlich ganz einfach: Wissen ist Macht. Frauen wurde über Jahrhunderte hinweg systematisch das Wissen über ihren eigenen Körper entzogen. Wo kein Wissenstransfer stattfindet, entsteht automatisch ein Tabu. Und dieses gilt es jetzt Stück für Stück aufzubrechen.

[AP]: „Die Höhle der Löwen“ hat euch Sichtbarkeit gebracht, aber keinen Deal. Habt ihr die Kritik und Absage verdaut?

[AC]: Ja, und zwar schnell. Natürlich ist es im Moment selbst hart, wenn man dort steht und kein Investor zusagt. Aber der wahre Gewinn war die Sichtbarkeit. Wir haben Tausende Nachrichten bekommen von Frauen, die sich in unserer Story wiedererkannt haben. Für uns war klar: Diese Bühne hat uns näher zu unserer Community gebracht, und das ist mehr wert als jeder Deal. Zudem hatten wir echt Spaß am Set – man wird ja schließlich nicht jeden Tag ins Fernsehen eingeladen. Das war eine schöne Abwechslung zum Startup-Alltag.

[AP]: Sind TV-Shows wie „Die Höhle der Löwen“ für Start-ups eher Segen oder Fluch?

[AC]: Es ist ein zweischneidiges Schwert. Man muss wissen, dass TV-Formate nicht die Realität eines Start-ups widerspiegeln -es geht ums Entertainment. Wer das versteht, kann enorm profitieren: Reichweite, Aufmerksamkeit, Feedback. Für uns war es definitiv ein Segen.

Unternehmertum ist für mich kein Business-Plan, sondern ein feministischer Akt. Aus persönlichem Schmerz habe ich fembites gegründet – um Wissen, Balance und Sichtbarkeit für Frauen zu schaffen.
Angelica Conraths
Angelica Conraths

[AP]: Ihr seid ein Female-Health-Start-up – aber finanziert von männlichen Business Angels. Sorgt das manchmal für Diskussionen?

[AC]: Nicht wirklich. Wir haben tatsächlich viel darüber nachgedacht. Natürlich wäre es schön, mehr Investorinnen im Boot zu haben und wir haben auch eine Zeit aktiv danach gesucht. Aber am Ende zählt, ob jemand unsere Mission versteht und unterstützt. Unsere Business Angels tun genau das, und das Geschlecht ist zweitrangig, solange die Haltung stimmt.

[AP]: Der Markt für Nahrungsergänzung boomt weltweit. Wie profitiert ihr davon – und wie tough ist der Wettbewerb?

[AC]: Der Markt ist riesig – und gleichzeitig extrem voll. Wir profitieren davon, dass das Bewusstsein für Gesundheit wächst, aber wir spüren auch den Druck, uns abzugrenzen. Genau deshalb setzen wir auf einen klaren USP: Female Health, wissenschaftlich fundiert und verbunden mit einer starken Mission.

[AP]: Was macht fembites anders als andere Anbieter in der Branche?

[AC]: Wir verkaufen nicht einfach nur „Pülverchen“. Wir schaffen Bewusstsein, geben Aufklärung, holen Frauen in ihre Selbstwirksamkeit zurück. Unsere Produkte sind speziell für die Bedürfnisse von Frauen entwickelt und kommen aus unserer eigenen Erfahrung. Und wir kommunizieren ohne rosa Schleifchen oder Verharmlosungen – sondern ehrlich, mutig und empowernd.

[AP]: Stichwort “Anti-Corporate-Kommunikation”: Welche Rolle spielt eure Community für euch?

[AC]: Eine riesige. Ohne unsere Community wären wir nicht da, wo wir sind. Wir hören zu, sammeln Feedback, entwickeln Produkte gemeinsam. Unsere Community ist nicht einfach „Kundschaft“ – sie ist Mitgestalterin.

[AP]: Viele werden sich fragen: Ich ernähre mich gesund und mache Sport. Brauche ich wirklich zusätzlich noch Pülverchen und Gummidrops? 

[AC]: Das ist eine absolut berechtigte Frage – und ehrlich gesagt, wünschte ich, die Antwort wäre „nein“. Wenn wir in einer Welt leben würden, in der Ernährung, Lebensstil und medizinische Versorgung perfekt auf die Bedürfnisse von Frauen abgestimmt wären, dann bräuchten wir keine Supplements.

Die Realität sieht aber anders aus: Viele Frauen haben trotz gesunder Ernährung Nährstoffdefizite. Und hier spreche ich nicht nur von dem, was ein klassisches Blutbild zeigt – das basiert nämlich immer noch größtenteils auf männlichen Normwerten und wurde nie wirklich auf den weiblichen Körper angepasst -> not so funfact. Ein „unauffälliges Blutbild“ heißt also noch lange nicht, dass alles in Balance ist.

Dazu kommen Faktoren wie chronischer Stress, Umweltgifte, hormonelle Verhütungsmittel, Menstruationszyklen, Schwangerschaften oder Wechseljahre – all das verändert den Nährstoffbedarf massiv. Selbst bei bewusster Ernährung ist es fast unmöglich, alle Mikronährstoffe in der Menge und Form aufzunehmen, die der Körper in solchen Belastungsphasen braucht.

Unsere Produkte sind daher kein Ersatz für einen gesunden Lebensstil – sondern eine Unterstützung. Sie geben dem Körper genau die Bausteine, die er braucht, um mit diesen Herausforderungen besser umgehen zu können. Kurz gesagt: Sport und gesunde Ernährung sind das Fundament, unsere Produkte sind das Plus, das dir dabei hilft, langfristig in Balance zu bleiben.

[AP]: Würdest du gerne zaubern können oder warum ist der Harry Potter Star Emma Watson eine Inspiration für dich? 

[AC]: Zaubern wäre manchmal praktisch (lacht). Aber Emma Watson inspiriert mich, weil sie ihre Stimme für Gleichberechtigung nutzt. Sie zeigt, dass Feminismus nichts mit Aggression zu tun hat, sondern mit Klarheit, Intelligenz und Haltung. Genau so wollen wir bei fembites auftreten.

[AP]: Hast du Sorge, dass dein Aktivismus manchmal die Marke überstrahlt und dem Produkt schadet?

[AC]: Nein. Unser Aktivismus ist kein Extra, er ist unser Fundament. Ohne Haltung wäre fembites austauschbar. Frauen vertrauen uns nicht nur, weil unsere Produkte wirken, sondern weil sie spüren, dass wir für etwas Größeres stehen.

[AP]: Du nennst dich Frauenrechtlerin und Herzblut-Feministin. Wie passt das zu knallhartem Unternehmertum?

[AC]: Für mich gehört das zusammen. Unternehmertum ohne Werte ist leer. Ich glaube fest daran, dass man auch im Business fair, nachhaltig und menschlich handeln kann. Das sorgt dafür, dass wir nicht nur Zahlen sehen, sondern Menschen.

[AP]: Vom rebellischen Start-up-Spirit zur Managing Director mit Verantwortung: Wie schwer war diese Transformation für dich?

[AC]: Es war und ist auch immer noch herausfordernd. Plötzlich geht es nicht nur um Ideen und Kreativität, sondern auch um Prozesse, Zahlen und Teamführung. Das ist verdammt hart, vor allem, wenn man ins kalte Wasser geworfen wird. Davon können sicherlich viele Gründer*Innen ein Lied singen. Aber ich sehe es als Wachstumsprozess – für mich und für fembites. Dazu habe ich unheimlich Glück ein Team an meiner Seite zu haben, die mit mir diesen Wachstumsprozess gehen.

[AP]: Was sind die nächsten Schritte für fembites – neue Produkte, Expansion, Kooperationen?

[AC]: Wir wollen unser Produktportfolio erweitern, noch stärker auf wissenschaftliche Innovation setzen und neue Märkte erschließen. Gleichzeitig wollen wir Kooperationen eingehen, die unsere Mission unterstützen und unser Team weiter aufbauen.

[AP]: Abseits von fembites: Wie sieht deine Zukunft aus?

[Angelica Conraths]: The future is female 😉 

Ich möchte langfristig noch mehr Impact schaffen – über fembites hinaus. Ob durch Aufklärung, Mentoring für Gründerinnen oder vielleicht eines Tages eine Stiftung für Frauengesundheit. Mein Ziel ist es, dass die nächste Generation von Frauen nicht mehr dieselben Kämpfe führen muss wie wir.

[André Patrzek]: Danke Angelica für das offene Gespräch und deine inspirierende Story. Dein Weg zeigt, wie viel Mut, Haltung und Energie im Gründen steckt. Du bist ein echtes Role Model für viele Gründerinnen.

Das Interview führte André Patrzek für UnternehmerNEXT von Business Punk.