Finance & Freedom KfW 55 kehrt zurück: Wohnungsbau-Comeback mit Mini-Budget

KfW 55 kehrt zurück: Wohnungsbau-Comeback mit Mini-Budget

Die KfW-Förderung für Effizienzhaus-Standard 55 feiert ein Comeback – allerdings mit mageren 59 Millionen Euro. Wer profitiert, warum Eile geboten ist und was die Branche wirklich davon hält.

Der Effizienzhaus-Standard 55 erlebt eine überraschende Renaissance. Nach dem abrupten Förderstopp 2022 durch den damaligen Wirtschaftsminister Robert Habeck kehrt das beliebte KfW-Programm nun zurück – allerdings in deutlich abgespeckter Form. Im Haushalt 2025 sind erstmals wieder Mittel für den Effizienzhaus-Standard 55 eingeplant. Für Bauherren mit bereits genehmigten Projekten öffnet sich damit ein schmales Zeitfenster, das sie strategisch nutzen sollten.

Wer kann die Förderung beanspruchen?

Die Fördermittel richten sich ausschließlich an bereits genehmigte Wohnungsbauprojekte mit erneuerbaren Heizungssystemen. Laut „Handelsblatt“ zielt die Bundesregierung damit gezielt auf den sogenannten Bauüberhang ab – also Projekte, die zwar genehmigt, aber nach dem Förderstopp 2022 nicht realisiert wurden.

Das Bauministerium hofft, durch die befristete Reaktivierung einen Teil der rund 759.000 Wohnungen im Bauüberhang doch noch zur Fertigstellung zu bringen. Die Wohnungswirtschaft hatte im Juli signalisiert, dass durch eine zeitlich begrenzte Wiederauflage der EH55-Förderung kurzfristig etwa 51.000 Wohneinheiten realisiert werden könnten. Der genaue Starttermin für das Programm steht allerdings noch nicht fest. Die KfW teilt lediglich mit, dass die Einführung „in den nächsten Monaten“ geplant sei, wie „Handelsblatt“ berichtet.

Warum ist Tempo entscheidend?

Der Fördertopf ist mit 59 Millionen Euro extrem knapp bemessen. Zum Vergleich: 2021 standen für denselben Zweck noch sechs Milliarden Euro zur Verfügung. Aygül Özkan, Hauptgeschäftsführerin des Branchenspitzenverbands ZIA, bezeichnet die aktuelle Summe als „Tropfen auf dem heißen Stein“, wie „Handelsblatt“ dokumentiert.

Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft rechnet vor: Wenn mit dem Programm über zehn Jahre der Zins für einen Kreditbetrag bis 100.000 Euro um zwei Prozentpunkte vergünstigt wird, reichen die Mittel gerade einmal für 3.700 Wohneinheiten. Angesichts des enormen Bedarfs von jährlich 320.000 neuen Wohnungen in Deutschland wirkt diese Zahl verschwindend gering.

Perspektiven für 2026

Die Baubranche setzt nun auf den Haushalt 2026, dessen Beratung in der zweiten Septemberhälfte beginnt. „Für 2026 muss etwas Substanzielles folgen, damit die Bagger auch wirklich wieder rollen“, fordert Matthias Frederichs, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Baustoffe. Die Entscheidung darüber fällt voraussichtlich im November im Bundestag.

Selbst bei einer möglichen Aufstockung auf 360 Millionen Euro im kommenden Jahr dämpft Immobilienexperte Voigtländer jedoch die Erwartungen: Damit ließen sich weniger als 25.000 Wohneinheiten fördern – nicht einmal ein Zehntel des jährlichen Bedarfs. Die Wohnungswirtschaft fordert daher eine deutliche Ausweitung der Förderung für den EH55-Standard.

Business Punk Check

Die Wiederbelebung des KfW-55-Standards ist ein klassisches politisches Placebo: Zu wenig, zu spät und mit zu vielen Einschränkungen. Mit 59 Millionen Euro lassen sich maximal 3.700 Wohnungen fördern – ein Witz angesichts von 759.000 Wohnungen im Bauüberhang. Die Baubranche braucht keine symbolischen Gesten, sondern verlässliche Rahmenbedingungen.

Der ständige Zickzack-Kurs der Förderpolitik hat das Vertrauen der Investoren nachhaltig beschädigt. Selbst die für 2026 diskutierte Aufstockung auf 360 Millionen würde nur einen Bruchteil des Problems lösen. Wer jetzt baut, tut dies trotz und nicht wegen der Politik. Die eigentliche Herausforderung bleibt: Wie schafft Deutschland wieder ein investitionsfreundliches Klima für den Wohnungsbau, statt mit Mini-Budgets Symbolpolitik zu betreiben?

Häufig gestellte Fragen

  • Lohnt sich für Bauherren die Beantragung der KfW 55-Förderung angesichts des knappen Budgets überhaupt?
    Nur für diejenigen, die bereits genehmigte Projekte mit erneuerbaren Heizsystemen in der Schublade haben und schnell handeln können. Bei nur 3.700 förderfähigen Einheiten werden die Mittel voraussichtlich innerhalb weniger Wochen vergriffen sein.
  • Welche Alternativen haben Bauherren, die keine KfW 55-Förderung mehr erhalten?
    Bauherren sollten parallel die strengere KfW 40-Förderung prüfen oder auf regionale Förderprogramme der Bundesländer ausweichen. Zudem lohnt sich ein Blick auf die für 2026 geplante Aufstockung – hier könnten weitere 360 Millionen Euro bereitstehen.
  • Wie wirkt sich die Mini-Förderung auf die Wohnungsbaukrise in Deutschland aus?
    Praktisch gar nicht. Mit maximal 25.000 geförderten Einheiten bis 2026 (selbst bei Aufstockung) bleibt die Maßnahme weit hinter dem jährlichen Bedarf von 320.000 Wohnungen zurück. Die Krise erfordert strukturelle Lösungen statt symbolischer Förderbeträge.
  • Was bedeutet die Förderpolitik für mittelständische Bauunternehmen?
    Mittelständische Bauunternehmen können von der Förderung kaum profitieren. Die unberechenbare Förderpolitik erschwert langfristige Planungen und bindet Ressourcen in Bürokratie. Viele konzentrieren sich daher auf Projekte, die auch ohne staatliche Unterstützung wirtschaftlich sind.
  • Welche Branchen könnten trotz der geringen Fördersumme profitieren?
    Hersteller erneuerbarer Heizsysteme und Energieeffizienz-Spezialisten könnten einen kleinen Nachfrageschub erleben, da die Förderung an erneuerbare Wärme gekoppelt ist. Auch Planungsbüros mit Expertise für KfW-Anträge könnten kurzfristig mehr Anfragen erhalten.

Quellen: „Handelsblatt“