Finance & Freedom Game Over für Steuertricks: Wie die neue Erbschaftsteuer alte Privilegien kippen soll

Game Over für Steuertricks: Wie die neue Erbschaftsteuer alte Privilegien kippen soll

Wirtschaftsweisen fordern radikalen Umbau der Erbschaftsteuer mit einmaligem Lebensfreibetrag statt mehrfacher Steuervermeidung. Auch Privilegien für Betriebsvermögen sollen fallen.

Die Debatte um Vermögensverteilung in Deutschland bekommt neuen Zündstoff. Im aktuellen Jahresgutachten 2025/26 fordern die Wirtschaftsweisen eine grundlegende Reform der Erbschafts- und Schenkungsteuer. Kern des Vorschlags: Die Steuer soll künftig „stärker an der tatsächlichen Leistungsfähigkeit“ ausgerichtet werden, wie laut „Merkur“ aus dem Gutachten hervorgeht, das am 12. November der Regierung übergeben wurde.

Einmaliger Lebensfreibetrag statt wiederholter Steuervermeidung

Die Top-Ökonomen des Sachverständigenrats sehen besonders bei den persönlichen Freibeträgen dringenden Handlungsbedarf. Das bisherige System ermöglicht die mehrfache Nutzung von Freibeträgen, wodurch erhebliche Steuervermeidung betrieben werden kann.

Stattdessen schlagen die Wirtschaftsweisen einen einmaligen Lebensfreibetrag vor, der für sämtliche im Leben erhaltenen Vermögensübertragungen gelten soll. Für enge Verwandte könnte dieser Freibetrag laut „Merkur“ bei einer Million Euro liegen.

Betriebsvermögen verliert Sonderstatus

Auch die umfassenden Privilegien für Betriebsvermögen stehen auf der Streichliste. Die Wirtschaftsweisen empfehlen, die Begünstigung von Betriebsvermögen unter 26 Millionen Euro im Rahmen des Verschonungsabschlags deutlich zu reduzieren.

Um Liquiditätsengpässe zu vermeiden, sollen großzügige Steuerstundungen ermöglicht werden. So müsste niemand sein Unternehmen verkaufen, nur um die Erbschaftsteuer zu bezahlen.

Politischer Rückenwind aus der SPD

Die Reformvorschläge fallen in der SPD auf fruchtbaren Boden. Sowohl der pragmatische Seeheimer Kreis als auch die traditionell links positionierten Jusos drängen auf eine Reform der Erbschaftsteuer, berichtet „Merkur“.

Die Seeheimer argumentieren, das aktuelle System verstärke die soziale Ungleichheit durch gezielte Privilegien für Erben großer Vermögen. Besonders brisant: Mehr als die Hälfte des Privatvermögens in Deutschland stammt mittlerweile nicht mehr aus eigener Leistung, sondern aus Erbschaften oder Schenkungen.

Business Punk Check

Die Reformvorschläge treffen den Kern eines dysfunktionalen Systems: Während Arbeitseinkommen progressiv besteuert wird, können Vermögende durch geschickte Übertragungsstrategien Steuern minimieren. Der einmalige Lebensfreibetrag würde diese Praxis beenden. Für Familienunternehmen bedeutet das Ende der Betriebsvermögen-Privilegien einen harten Cut – die großzügigen Stundungsregeln nehmen jedoch den Druck aus dem Kessel.

Die eigentliche Herausforderung liegt in der politischen Umsetzung: Die CDU unter Merz blockiert Steuererhöhungen kategorisch, während die SPD auf mehr Verteilungsgerechtigkeit drängt. Für Unternehmensnachfolger heißt das: Jetzt Vermögensübertragungen planen, bevor mögliche Gesetzesänderungen greifen. Die Reform könnte ein Game-Changer für die Vermögensverteilung werden – wenn sie denn kommt.

Häufig gestellte Fragen

  • Wie können Unternehmer auf die mögliche Erbschaftsteuer-Reform reagieren?
    Wer Unternehmensvermögen übertragen will, sollte jetzt handeln und bestehende Freibeträge und Privilegien nutzen. Gleichzeitig empfiehlt sich die Entwicklung flexibler Nachfolgekonzepte, die auch bei veränderten Steuerregeln funktionieren.
  • Welche Branchen wären von der Reform besonders betroffen?
    Mittelständische Familienunternehmen mit hohem Anlagevermögen trifft die Reform am härtesten. Besonders im produzierenden Gewerbe, bei Immobilienunternehmen und in traditionellen Handwerksbetrieben könnte die Streichung der Privilegien für Betriebsvermögen erhebliche Auswirkungen haben.
  • Wie realistisch ist die Umsetzung der Reformvorschläge?
    Die politischen Hürden sind hoch. Die schwarz-rote Koalition ist in Steuerfragen tief gespalten. Dennoch könnten Teile der Reform als Kompromiss umgesetzt werden, etwa die Stundungsregelungen bei gleichzeitiger moderater Anpassung der Freibeträge.
  • Was bedeutet der einmalige Lebensfreibetrag für langfristige Vermögensplanung?
    Vermögende müssten ihre Übertragungsstrategien grundlegend überdenken. Statt mehrfacher kleiner Schenkungen würde eine einmalige größere Übertragung sinnvoller. Zudem gewinnen alternative Vermögensübertragungen wie Nießbrauchregelungen oder Stiftungslösungen an Bedeutung.

Quellen: „Merkur“