Business & Beyond EU knöpft sich Google vor: Verlage im Suchranking benachteiligt?

EU knöpft sich Google vor: Verlage im Suchranking benachteiligt?

Brüssel startet neues Verfahren gegen Google. Der Vorwurf: Der Suchgigant stuft Verlage in seinen Rankings systematisch ab – und gefährdet damit deren Geschäftsmodell.

Die EU-Kommission nimmt Google erneut ins Visier. Der Tech-Gigant soll Nachrichtenverlage in seinen Suchergebnissen systematisch benachteiligen – ein Vorwurf, der das Kerngeschäft vieler Medienunternehmen bedroht. Laut „tagesschau.de“ hat Brüssel ein offizielles Verfahren gegen die Google-Mutter Alphabet eingeleitet. Im Fokus steht die sogenannte „Site Reputation Abuse Policy“, durch die Webseiten mit bestimmten kommerziellen Inhalten offenbar automatisch abgewertet werden.

Algorithmus gegen Geschäftsmodell

Der Kern des Problems liegt in der Funktionsweise von Googles Suchalgorithmus. Verlage, die Werbung oder kommerzielle Inhalte Dritter auf ihren Seiten platzieren – ein elementarer Teil ihres Geschäftsmodells – werden in den Suchergebnissen systematisch nach unten sortiert. Die EU-Wettbewerbshüter sehen darin eine potenzielle Verletzung des Digital Markets Act (DMA), wie „n-tv.de“ berichtet.

Diese Verordnung verpflichtet große Plattformen zu fairem Wettbewerb. Kommissionsvizepräsidentin Teresa Ribera formulierte ihre Bedenken deutlich: „Wir sind besorgt, dass Googles Richtlinien dazu führen, dass Nachrichtenverlage in den Suchergebnissen nicht fair, angemessen und ohne Diskriminierung behandelt werden“, so „horizont.net“. Die Kommission will nun prüfen, ob Google tatsächlich „faire, angemessene und nicht-diskriminierende Zugangsbedingungen für die Webseiten von Verlagen in der Google-Suche anwendet“.

Google wehrt sich

Der Suchmaschinenkonzern weist die Vorwürfe zurück. Laut „tagesschau.de“ bezeichnet Google die Ermittlungen als „fehlgeleitet“ und verweist auf die Zusammenarbeit mit den Brüsseler Ermittlern in der Vergangenheit.

Das Vorgehen des Unternehmens sei „essenziell“, um die Google-Suche verlässlich zu machen. Die Richtlinie solle verhindern, dass Spam-Webseiten die guten Rankings von Verlagen ausnutzen, „um Nutzer dazu zu verleiten, auf minderwertige Inhalte zu klicken“, wie „n-tv.de“ den für die Suchmaschine zuständigen Google-Manager Pandu Nayak zitiert.

Milliardenstrafen drohen

Die EU-Kommission hat zwölf Monate Zeit, ihre Untersuchung abzuschließen. Bei einem Verstoß drohen empfindliche Strafen: Bis zu zehn Prozent des weltweiten Jahresumsatzes, bei wiederholten Verstößen sogar bis zu 20 Prozent.

Für Google wäre das nicht die erste Milliardenstrafe aus Brüssel. Seit 2018 hat die EU-Kommission den Konzern bereits mit Wettbewerbsstrafen von insgesamt rund acht Milliarden Euro belegt, wie „tagesschau.de“ berichtet.

Business Punk Check

Der Fall zeigt einmal mehr die Machtasymmetrie im digitalen Ökosystem. Google kontrolliert mit über 90 Prozent Marktanteil faktisch den Zugang zur digitalen Öffentlichkeit – wer nicht auf Seite eins erscheint, existiert praktisch nicht. Verlage stecken in einer toxischen Abhängigkeit: Sie brauchen Google für Traffic, während der Konzern gleichzeitig die Regeln diktiert, nach denen dieser Traffic verteilt wird. Die Ironie: Mit dem Kampf gegen „Spam“ schadet Google genau den Qualitätsmedien, die es angeblich schützen will. Für Medienunternehmen bedeutet das: Diversifizierung der Traffic-Quellen ist überlebenswichtig. Wer ausschließlich auf Google-Sichtbarkeit setzt, baut sein Geschäftsmodell auf Sand.

Häufig gestellte Fragen

  • Wie können Verlage ihre Abhängigkeit von Google reduzieren?
    Verlage sollten alternative Traffic-Quellen erschließen: Social Media, Newsletter, Apps und direkte Leser-Communities aufbauen. Zudem empfiehlt sich die Entwicklung einzigartiger Content-Formate, die nicht leicht kopierbar sind und Nutzer direkt zur Webseite führen.
  • Welche konkreten Auswirkungen hat Googles „Site Reputation Abuse Policy“ auf Medienunternehmen?
    Die Policy führt zu Traffic-Einbußen bei Verlagen, die bestimmte Werbeformate einsetzen. Das bedeutet weniger Sichtbarkeit, weniger Klicks und letztlich weniger Werbeeinnahmen – ein direkter Eingriff ins Geschäftsmodell vieler Medienunternehmen.
  • Was bedeutet das EU-Verfahren für andere Plattformen wie Meta oder TikTok?
    Das Verfahren sendet ein klares Signal an alle Tech-Plattformen: Die EU wird die Einhaltung des Digital Markets Act rigoros durchsetzen. Andere Plattformen sollten ihre Algorithmen und Geschäftspraktiken präventiv auf DMA-Konformität prüfen, um ähnliche Verfahren zu vermeiden.
  • Wie können mittelständische Online-Unternehmen sich gegen ähnliche Algorithmus-Benachteiligungen schützen?
    Mittelständler sollten ihre Marketingstrategie diversifizieren, auf direkte Kundenbeziehungen setzen und regelmäßig ihre SEO-Strategie an Algorithmus-Updates anpassen. Zudem lohnt es, die Entwicklung alternativer Suchmaschinen und Plattformen im Blick zu behalten.

Quellen: „tagesschau.de“, „horizont.net“, „n-tv.de“