Business & Beyond Brüssel brennt – und nur eine Frau löscht: Eine Bürgerbeauftragte erwischt die EU beim Schummeln

Brüssel brennt – und nur eine Frau löscht: Eine Bürgerbeauftragte erwischt die EU beim Schummeln

Eine Portugiesin mit Stahlnerven zeigt, wie Brüssel Gesetze durchpeitscht, Begründungen vergisst und Klima-Pflichten ignoriert. Das Ergebnis: Hochglanz-Governance auf Papier, Chaos dahinter.

In Brüssel gibt es sie noch, die Aufrechten. Man muss nur tief genug graben – nämlich runter in das Büro der Europäischen Bürgerbeauftragten. Dort sitzt Teresa Anjinho, eine Portugiesin mit Nerven aus Stahl und offenbar der letzten intakten Alarmanlage im EU-Apparat. Und ihr ist jetzt so dermaßen der Kragen geplatzt, dass sie eine „Pressemitteilung Nr. 1/2025“ rausgehauen hat, die klingt wie der erste echte Reality-Check seit Jahren: Die EU verstößt gegen ihre eigenen Regeln. Nicht ab und zu. Sondern ständig. Und – das ist das eigentlich krasse – gleich mit Vorsatz.

Anjinho hat sich drei Großbaustellen vorgenommen: Nachhaltigkeit, Agrarpolitik, Migration. Sie hat einmal durchgefegt und überall dasselbe Muster entdeckt: Transparenz? Nur im Prospekt. Gesetzesbegründungen? Später vielleicht. Oder auch gar nicht. Und ob die neuen Regeln irgendwas bringen? Ach, bitte. Das wird dann irgendwann empirisch nachgereicht – so wie kalter Kaffee in der Kantine: zu spät und ungenießbar.

Was sie da gefunden hat, müsste Ursula von der Leyen die Grundierung unterm Make-up wegschmelzen lassen: Gesetzesabstimmungen werden am Wochenende innerhalb von 24 Stunden durchgepeitscht. Während Menschen in Unternehmen dafür abgestraft würden, nennt Brüssel das „agil“. In der realen Welt wäre das Managementversagen mit Ansage. Und es wird noch besser: In der Migrationspolitik wurden Begründungen teilweise erst veröffentlicht, nachdem die Gesetze schon beschlossen waren. Das klingt wie Reverse-Engineering, ist aber einfach nur Bürokratie im Blindflug. Gesetzgebung im Rückspiegel. Erst machen, dann denken. Die Krönung: Klimabewertungen. Jedes Unternehmen muss heute minutiös darlegen, was es mit dem Klima anstellt – und zwar bevor es irgendetwas entscheidet. Die EU-Kommission selbst? Schludert, trödelt, verschleppt. Offizielle Pflicht, inoffiziell: „Wir schauen später mal rein.“

Fasst man es zusammen, wird’s fast poetisch: Die EU kann Papier produzieren wie ein Hochleistungsdrucker auf Koks. Sie kann Regeln erfinden, schneller als man „Compliance“ sagen kann. Was sie nicht kann: Sich selbst an das halten, was sie anderen aufs Auge drückt. Vielleicht wäre die ehrlichste EU-Reform seit Jahrzehnten die simpelste: Unter jede Leitlinie einfach schreiben: Unverbindlich. Das wäre zwar peinlich. Aber zumindest forderte sie dann nichts anderes ein als das, was sie selbst liefert.