Productivity & New Work Neues Denken: Wie die Kultur- und Kreativwirtschaft mit anderen Branchen Innovationen hervorbringt

Neues Denken: Wie die Kultur- und Kreativwirtschaft mit anderen Branchen Innovationen hervorbringt

Der Künstler Marcel Duchamp sagte einmal: „Kunst ist das einzige, was Menschen bleibt, die der Wissenschaft nicht das Wort überlassen wollen“. Gleichzeitig meckerte er, dass die Kunst mit antiquierten und weltfremden Praktiken arbeite und oben drauf fehle da eh der intellektuelle Anspruch. Die Diskussion zur Auflösung bestehender Dichotomien fand also schon fast immer statt. Und so ist es kein Wunder, dass die genaue Definition und das spätere Verwerfen von Kategorien bei Geschlechtern, Liebe und, um den Bogen zum Matter at Hand zu schlagen, in den Wirtschaftsbranchen stattfindet. Während die Kultur- und Kreativwirtschaft das letzte Jahrzehnt über durch verschiedene Bundes- und Länderprojekte als Branche definiert und gepusht wurde, um ihre Signifikanz der Politik und anderen ökonomischen Sektoren näherzubringen, so befinden wir uns aktuell in der Phase, in der sich die Menschheit von genauen Einteilungen in der Wirtschaft und überall sonst zu verabschieden scheint. Und das ist nichts Schlechtes: Es gibt mittlerweile ein drittes Geschlecht, die Ehe für alle, warum dürfen also nicht auch Philosophie und Volkswagen fusionieren? Gegönnt sei es den beiden.

Die Kultur- und Kreativwirtschaft vereint seit jeher Philosophie, Wissenschaft und politischen Aktivismus in einem. Wer sich Gedanken dazu macht, was unsere Welt noch braucht und wie wir sie schöner machen können, zahlt nicht nur existentielle Miete an das Universum, sondern bildet das Fundament für Weltoffenheit und Fortschritt. Kreative Ansätze werden zudem nicht mehr nur in solchen Branchen gebraucht, die das „kreativ“ bereits im Namen haben. Jedes Unternehmen fragt sich, mit welchen Mitteln die Innovation auch endlich bei ihnen Einzug hält. Wichtige Impulse hierfür kamen und kommen aus der Kreativwirtschaft, ihre Connection zu anderen Wirtschaftsbranchen beschert der Kreativwirtschaft Wachstumsmöglichkeiten einerseits und lehrt dazu etablierte Konzerne, wie man flexibel denkt.

Phase XI
„Amt für unlösbare Aufgaben“: Das PHASE XI Lab arbeitet an Alternativen für die Bürokratie (Foto: Ariane Kaiser).

Die acht Labs von PHASE XI haben ein halbes Jahr lang genau das forciert: Bestehendes wurde aufgebrochen, die Einzelteile inspiziert und schließlich ein potentielles Upgrade entwickelt. Weg von der Golf-GTI-Metapher heißt das, dass zukünftige Ernährung, neue Mobilität, Alternativen für Bürokratie und vieles mehr untersucht und danach neue Ideen geprototypt wurden. Dass die Kultur- und Kreativwirtschaft das Potential hat, vom mittelständischen Unternehmen bis hin zum Finanzamt neue Denkansätze zu liefern, hat das Projekt bewiesen.

Und nu?

Die Schnittstellenprojekte von PHASE XI zeigen, dass intersektionales Arbeiten sinnvoll und zeitgemäß ist. Während Kreative mit ihren Ideen mittlerweile in Herzogenaurach und dem Apple-Ring in der Chefetage sitzen, kündigt sich bereits die dritte Welle der Branchentransformation an: Das Sichtbarmachen, Vernetzen und nun Aufbrechen der Grenzen der Kultur- und Kreativwirtschaft in den Köpfen und auf dem Papier.

Nicht nur die Neue Arbeit repräsentiert einen Wandel in der Art und Weise, wie wir arbeiten, auch die Branchen als solches lösen sich auf. Als bestes Beispiel marschieren die cross-sektoralen Intermedia-Agenturen Berlin-Mittes voran, die eigentlich eher aus dem Bereich Data-Telling und Gamification kommen, aber nicht als klassische Werbeagentur missverstanden werden wollen. Das klingt ganz schön verwirrend. Und das ist auch gut so. Toiletten brauchen kein Label, geile Jobs und geile Branchen auch nicht. In der Zukunft arbeiten alle mit allen zusammen und, so kitschig wie es nun mal klingt, gemeinsam können die großen Probleme der Welt so vielleicht wirklich gelöst werden. Wenn es keine Grenzen mehr gibt, strengen wir unsere Köpfe mehr an und wer weiß, vielleicht kommt sogar was Sinnvolles dabei raus. Wenn ein gepflegtes „Anything goes!“ von Paul Feyerabend in die Tat umgesetzt wird, fliegen wir in ein paar Jahren mit der NASA zum Mars und es wäre doch schade, wenn vegane Weltall-Würstchen samt Toaster und bis dahin noch nicht entwickelt wären. Over and out.

Text: Felix Haas

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