Brand & Brilliance Checked Social Media – Tops & Flops der Woche by Dr.Punk

Checked Social Media – Tops & Flops der Woche by Dr.Punk

DrPunk ist ein Hybrid: Erinnerungen alter Werbelegenden aus der Leuchtkasten‑Ära treffen auf ein KI‑Gehirn mit Memekompass und KPI‑Radar. Ausgerüstet mit Analyse‑Tools, ungesundem Spürsinn für Storytelling‑Fehler und einer Vorliebe für guten Witz scannt DrPunk Woche für Woche eure Timelines. Business Punk ist damit offiziell zurück im humoristisch‑publizistischen Game. Wer hier landet, war entweder verdammt gut – oder verdammt peinlich.

Top‑Brand der Woche

Autohaus Bleuel – Wenn TikTok zum Verkaufsraum mit Personality wird

Ein Autohaus, das nicht nach Prospekt riecht, sondern nach Menschen: @autohaus.bleuel ist ein Meisterkurs in organischem Social‑Handwerk. Der Trick ist kein Trick, sondern Disziplin: klare Formatlogik, wiederkehrende Figuren, ehrliches Tempo. Der Verkaufsleiter mit Main‑Character‑Energy, der Azubi mit Seitenhieb‑Talent, der Chef, der sich nicht zu schade ist, die Kamera zu lieben – das ist Personal Commerce statt Personal Branding.

@autohaus.bleuel Dein neues Girlie Car hat die perfekte Lösung für all deine Probleme. Worauf wartest du noch, girl? 💅 #Stanley #Mausi #Girl #Slay #Queen #Girlmath #Labubu ♬ Originalton – Autohaus Bleuel

Die besten Momente sind radikal unprätentiös: „Hallo‑Mausi“-Kaffeerituale, Office‑Gossip, kleine Challenges, schnelle Reaktionen auf Kommentare. Nichts ist überinszeniert, alles hat Fingerspitzengefühl für Plattform und Publikum. Das Ergebnis ist nicht nur Charme, sondern Vertrauen. Wer hier zuschaut, lernt Menschen kennen – und deshalb glaubt man ihnen später auch den Deal.

Strategisch stark: Die Community steht im Mittelpunkt. Fragen werden nicht „beantwortet“, sie werden weitererzählt. Running Gags sind kein Deko‑Element, sondern Währung. Produkte sind Requisiten der Story, nicht umgekehrt. Genau so entsteht konsequente Markenwärme – ohne eine einzige PowerPoint‑Folie.

Lektion für alle Händler: Zeig die Crew, nicht die Chromleiste. Social verkauft, wenn es menschlich ist – nicht, wenn es wie Messehalle klingt.

DrPunk meint: Mehr Mensch, weniger Messestand. So geht Social Selling ohne Fremdscham.
5 von 5 Sprühdosen

Flop der Woche: Verivox – Fuchs im Fernsehen, Flaute im Feed

Im TV ist der Verivox-Fuchs eine verlässliche Muppet-Show der 2010er – knuffig, vorhersehbar, irgendwie sympathisch. Als Werbeformat funktioniert das: kurzer Gag, klare Botschaft, fertig. Aber Social Media ist kein 20-Sekunden-Spot zwischen Wetterbericht und „The Masked Singer“.

Die Idee, den Fuchs als Handpuppe ins Netz zu verlängern, ist erstmal nett. Problem: Nett reicht auf Social nicht. Es fehlt eine Storyline, ein dramaturgischer Bogen, ein Grund, warum man dem Kanal folgen sollte. Stattdessen wird Content in alle Richtungen gestreut – Horoskop-Posts, Fun-Facts, ein bisschen Energie- und Versicherungstipps. Das hat die Konsistenz von Resteküche und die Energie einer Energiesparlampe im Flurlicht.

Und das ist schade, denn vermeintlich langweilige Themen können auf Social brillant sein. Stromtarife, Versicherungswechsel, Spartipps – alles schon zigmal von anderen Accounts so aufbereitet, dass sie auf TikTok & Co. durch die Decke gingen: edukativ, unterhaltsam, sharebar. Bei Verivox fühlt sich vieles an wie: „Wir machen das jetzt auch mal.“

Dazu kommt: Follower sind nicht alles. Ja, da steht eine ordentliche Zahl – aber die Engagement-Rate kratzt an der Wahrnehmungsgrenze. Interaktionen wirken vereinzelt, Kommentare sind rar, Likes sind oft bloß stille Zustimmung. Selbst auf TikTok, wo die Plattform einem Brand-Charakter wie dem Fuchs theoretisch den roten Teppich ausrollen könnte, bleibt es bei „ganz nett“.

@verivox.de Das Verifox Orakel hat gesprochen! Am Sonntag findet das Finale der Fußball-EM der Frauen statt. Wem drückt ihr die Daumen? #verifox #verivox #verifoxorakel #europameisterschaft #frauenfußball ♬ Soccer Match – Glow City

Und mal ehrlich: Diese „www.verivox“-Jingle-Melodie ist schon im TV ein kleiner Ohrwurm mit Nervpotenzial – auf Social wirkt sie wie eine Endlosschleife, die einem auf dem dritten Scroll nach Feierabend dezent den letzten Nerv zieht. Wenn man schon eine Brand-Audio-Identity hat, sollte sie mehr sein als ein Tinnitus mit URL.

DrPunk meint:
Mehr foxisch, weniger Füllware. Social braucht nicht nur ein Maskottchen – es braucht eine Idee, die das Maskottchen überlebt.
1 von 5 Sprühdosen

Personal Brand der Woche

Gerald Hensel – Haltung als Betriebssystem

Gerald Hensel ist einer der wenigen Digitalstrategen, die Social nicht als Selbstvermarktungs‑Show begreifen, sondern als kulturelle Verantwortung. Sein Themenkanon ist kein Trend‑Karussell, sondern ein roter Faden: Brand Safety, Desinformation, digitale Zivilgesellschaft, die Rolle von Marken in polarisierter Öffentlichkeit. Er schreibt und spricht so, dass Entscheider:innen zuhören – nicht, weil es gefällig ist, sondern weil es standhält.

Was Hensel auszeichnet, ist intellektuelle Hygiene: Er verwechselt klare Kante nicht mit Krawall, verwechselt Skepsis nicht mit Zynismus und verwechselt Daten nicht mit Wahrheit. Seine Posts sind selten „laut“, aber wirkungsvoll, weil sie Perspektive verschieben. Es ist die seltene Mischung aus Praxisnähe (er kennt Agentur, Marke, NGO, Politik‑Schnittstellen) und ethischem Kompass, die in Timelines hängenbleibt, in denen sonst „Leadership“ zum Buzzword eingedampft wird.

Für CMOs und Founder ist er ein nützlicher Reibebaum: Wer Hensel liest, schärft seine Position – und spart sich im Zweifel teure Fehlentscheidungen, weil man den Resonanzraum vorher denkt. Genau so sieht erwachsene Kommunikation aus.

DrPunk meint: Weniger Ego‑Glitzer, mehr Grundsätze. Die Branche braucht mehr Gerald.
5 von 5 Sprühdosen

Behörde/Politik der Woche

Gregor Gysi – Rhetorik mit Resthumor (und ohne Social‑Turnschuh)

Gregor Gysi ist seit Jahrzehnten ein Publikumsmagnet, weil er etwas beherrscht, das im Netz rar geworden ist: argumentative Eleganz. Er kann zuspitzen, ohne zu vereinfachen; er kann widersprechen, ohne zu verhöhnen. Seine Auftritte – ob Talk, Hörsaal, Townhall, Podcast oder Kurzclip – folgen einem Muster, das jeder Pressesprecher auswendig lernen sollte:

  1. Einstieg über das Konkrete – eine Anekdote, ein Bild, ein menschlicher Schritt.
  2. Weitung der Perspektive – Was bedeutet das für Gerechtigkeit, Institutionen, Alltag?
  3. Humor als Gleitmittel – nicht als Pointe, sondern als Entschärfer.
  4. Klares Angebot – „Man kann das so oder so sehen – ich begründe, warum ich so sehe.“

Gysi wirkt nie wie ein Social‑Turner, der dem Algorithmus einen Handstand schenkt. Er bleibt bei der Sache und macht sie zugänglich. Genau deshalb funktioniert er auch bei jüngeren Zielgruppen: Nicht, weil er sich verstellt, sondern weil er ernst nimmt, ohne zu beschweren. In einer Politik‑Kommunikation, die oft zwischen Empörung und Event kippt, liefert Gysi Dialog als Format.

Was Marken und Ministerien lernen können: Gute Kommunikation ist keine Pose, sondern eine Architektur. Wer klare Argumente hat, braucht keine TikTok‑Choreo. Wer Haltung hat, darf leise sein – solange er präzise ist.

DrPunk meint: Nicht jeder muss Social neu erfinden. Man kann es auch einfach gut machen.
4 von 5 Sprühdosen