Brand & Brilliance Marke ist Haltung – auch im Fußball

Marke ist Haltung – auch im Fußball

Fußball ist mehr als ein Spiel. Für Millionen ist er Identität, Heimat und Emotion. Aber was bedeutet das für die Markenführung von Traditionsvereinen? Beim 30-jährigen Jubiläum von LIGANOVA traf Carsten Puschmann zwei, die es wissen müssen: Afram Kakur, Leiter Stabsstelle Marke beim VfB Stuttgart, und Ralf Koch, Head of Brand & Identity beim 1. FC Köln.

Carsten: Afram, du hast global gearbeitet, jetzt leitest du die Markenführung beim VfB Stuttgart. Was hat dich gereizt, zurück in den Clubfußball zu gehen?

Afram: Es war definitiv keine leichte Entscheidung. Aber ich bin mit der Bundesliga groß geworden. Als der Anruf vom VfB kam, war sofort klar: Das ist mehr als ein Job. Gerade in einem Club mit so viel Geschichte und Potenzial. Und ich kann meine internationalen Erfahrungen und Netzwerk direkt einbringen. Wir treiben auch beim VfB Themen wie Internationalisierung aktiv voran.

Carsten: Ralf, was bedeutet „Identität“ für den 1.FC Köln in einer zunehmend schnellen Fußballwelt?

Ralf: Identität ist unser Kompass. Beim 1.FC Köln haben wir das Thema daher auch als eigenen Bereich fest strukturell verankert. Sie ist nicht nur Leitmotiv für Kampagnen, sondern auch nach intern Grundlage für Entscheidungsprozesse. Unsere Mitarbeiter:innen wissen, wofür der Verein steht. Das gibt Orientierung in einem Umfeld, das sich ständig verändert.

Carsten: Wenn du die Marke VfB in drei Begriffen beschreiben müsstest, welche wären das?

Afram: Erstens: Bewegung – es steckt schon im Namen: Verein für Bewegungsspiele. Zweitens: 1893 –unsere Gründung und gelebte Geschichte, auf die wir stolz sind. Und drittens: Mut – wir haben uns immer wieder neu erfunden, auf junge Talente gesetzt, Innovation vorangetrieben. Das spiegelt sich auch in unserer Markenführung wider.

Carsten: Und wie übersetzt ihr diese Markenwerte konkret?

Afram: Wir haben intern Leitplanken definiert. Markenarbeit ist kein Silo-Projekt, wir holen alle mit an den Tisch. Erst wenn das intern sitzt, gehen wir damit nach außen und prüfen, ob wir auf dem richtigen Weg sind z. B. durch Umfragen oder Fan-Feedback.

Carsten: Ralf, Köln lebt ja Fußball überall. Wie nutzt ihr diese tiefe Verwurzelung kommunikativ?

Ralf: Der FC ist in Köln omnipräsent. Im Kiosk, im Brauhaus, auf der Straße. Das ist unser größter Schatz. Dieses Lebensgefühl übersetzen wir in moderne Formate, ohne unsere Wurzeln zu vergessen. Ein gutes, aktuelles Beispiel ist unsere Dom-Trikot-Kampagne: Sie verbindet lokale Identität mit dem Zeitgeist moderner Modekampagnen. Heimat und Moderne sind für uns kein Widerspruch – sondern eine Chance.

Carsten: Wenn ihr eure Clubs mit Entertainment-Brands wie Netflix oder Red Bull vergleicht – was macht Fußballmarken besonders?

Afram: Ich würde gar nicht abgrenzen. Wir befinden uns längst auf dem gleichen Spielfeld. Entscheidend ist, ob ich modern kommunizieren kann, ohne meine Identität zu verlieren, immer im Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne. Dann wird aus Marke etwas Authentisches.

Ralf: Es geht um Balance. Nicht auf jeden Hype aufspringen aber auch nicht aus Prinzip alles ablehnen. Eine starke Clubmarke schafft den Spagat.

Carsten: Afram, der Porsche Tunnel Club im Stadion ist mittlerweile berühmt. Wie ist dieses Konzept entstanden?

Afram: Die Idee war Bestandteil der Konzeption für den Neubau des Haupttribünen-Körpers der MHP Arena. Man hat einen der modernsten Business-Räume im europäischen Fußball auf Spielfeldhöhe geschaffen, komplett verglast – die Gäste sehen die Spieler auf dem Weg aufs Feld. Das ist Erlebnis pur. Dazu kommen Inhalte auf LED-Flächen, After-Game-Momente auf dem Rasen, Drittvermarktung. Gemeinsam mit Porsche entstand weitaus mehr als ein Presenting. Wir sehen den VfB nicht nur als Club, sondern als Plattform auf der Partner zusammenkommen und sich gegenseitig vernetzen.

Carsten: Ralf, wie sieht es bei euch mit Erlebnissen aus?

Ralf: Unser Stadionerlebnis ist einzigartig – geprägt von kölschen Liedern und Ritualen. Viele wissen nichts über Fußball, aber sind aus Prinzip FC-Fan und deshalb da. Das ist unsere Stärke. Wir haben bewusst Formate, die wir nicht anfassen, weil sie perfekt funktionieren und unsere Identität prägen. Gleichzeitig entwickeln wir neue Konzepte, wie den Club 78 im Stadion oder unser frisch renoviertes Clubhaus am Geißbockheim, der sich intern wie extern als echter Markenraum etabliert.

Carsten: Thema digitale Kommunikation: Wie verändert Social Media Fanbindung?

Ralf: Für uns ist nicht die Masse entscheidend, sondern die richtigen Menschen zu erreichen – vor allem in Köln und der Region. Klar schauen wir auch auf Reichweite und andere KPI‘s. Digitale Likes haben bei uns aber eine andere Bedeutung als vielleicht bei Bayern oder Dortmund, die deutlich internationaler ausgerichtet sind.

Afram: Es ist kein Entweder-Oder. Wir setzen auf TikTok, Instagram, LinkedIn – unterschiedlich nach Zielgruppe. Aber auch ganz bewusst auf physische Events. Wir gehen dahin, wo unsere Fans sind, und kommunizieren auf Augenhöhe, u.a. sind wir präsent auf dem Weindorf, Weihnachtsmarkt und Cannstatter Wasen. Orte, die positiv aufgeladen sind. Nähe ist für uns entscheidend und das funktioniert online wie offline.

Carsten: Fußballclubs als Community-Hubs – passt das?

Ralf: Ja, aber nicht nur als Buzzword. Unser Verein ist für viele sozialer Treffpunkt und emotionaler Anker. Wir übernehmen gesellschaftliche Verantwortung. Ob Vielfalt, Nachhaltigkeit oder CSD – wir zeigen Haltung. Fußball ist das Vehikel, aber wir bewegen heute Menschen weit darüber hinaus.

Afram: Absolut. Die Trikotliebe ist vielleicht der zweite Schritt. Zuerst wollen wir ein positives Erlebnis schaffen. Einen Moment, der hängen bleibt. Gerade in Zeiten, in denen Negatives dominiert, ist das wichtiger denn je.

Carsten: Was ist für euch Fanbindung in einem Satz?

Afram: Wenn ein Fan auch dann noch zum Verein steht, wenn es sportlich nicht läuft aber an das glaubt und lebt, was der Club ihm bedeutet.  

Ralf: Die Kunst, Menschen dauerhaft für den Verein zu begeistern und einzubinden – durch Austausch, Wertschätzung und das Gefühl, gemeinsam etwas zu bewegen.

Carsten: Danke euch beiden. Es war ein starkes Gespräch auf dem Platz der Markenführung.