Brand & Brilliance Wie Sascha Pallenberg vom Tech-Blogger zum Daimler-Digitalchef wurde – und warum KI das Kommunikations­spiel komplett neu aufstellt

Wie Sascha Pallenberg vom Tech-Blogger zum Daimler-Digitalchef wurde – und warum KI das Kommunikations­spiel komplett neu aufstellt

Er war einer der ersten deutschen Tech-Blogger, machte Dieter Zetsche zur LinkedIn-Ikone – und erklärt heute, warum „Techtainment“ das bessere Story­telling ist. Im Business-Punk-Podcast „How to Marketing“ spricht Host Phillip Böndel mit Sascha Pallenberg über Corporate-Influencer-Programme, KI-Risiken und die Kunst, Hard Facts in viralen Content zu verwandeln.


Vom Forum zur Forbes-Liste

Phillip: Sascha, du hast Ende der 90er in Foren gepostet, 2007 den Blog „MobileGeeks“ hochgezogen und wurdest später als „Top 100 Influencer“ ausgezeichnet. Wann hast du gemerkt, dass Tech-Blogging mehr als ein Hobby ist?

Sascha: Eigentlich erst, als wildfremde Leute Selfies in der Bahn wollten. Ich habe 20 Artikel am Tag rausgejagt – da bleibt keine Zeit, Reichweite zu feiern. Aber irgendwann lädst du beim MWC in Barcelona einen Clip hoch und siehst: 300.000 Views über Nacht. Da wird dir klar, dass Techtainment funktioniert.


Techtainment statt Fachchinesisch

Phillip: Du sagst, Tech braucht Entertainment, sonst bleibt nichts hängen. Warum?

Sascha: Weil 3.000 Wörter Datenblatt keinen Menschen bewegen. Ich schreibe den Testbericht trotzdem – aber drumherum baue ich Meme-Headlines, GIFs und persönliche Meinung. Fakten + Haltung = Techtainment. Das fehlt der Politik: zu viel Bleiwüste, zu wenig Hook.


Corporate Influencer: Vom Blogger zum Daimler-Digital Transformation Chef

Phillip: 2017 holte dich Daimler als Head of Digital Content. Wie macht man aus einem Autokonzern eine Content-Maschine?

Sascha: Wir haben gefragt: Wer ist unser größter potenzieller Influencer? Antwort: Dieter Zetsche. Also LinkedIn-Account aufgesetzt, Freigabe-Ping-Pong abgebaut und Zetsche als „Transformator“ positioniert. Resultat: über 250.000 Follower und Top-Exec-Engagement weltweit.

Phillip: Was braucht ein gutes Corporate-Influencer-Programm?

Sascha: 1. 100 % Vertrauen zwischen CEO und Redaktion. 2. Ein Team, das Headlines in 30 Minuten statt 30 Tagen liefert. 3.Mut zum Persönlichen – sonst liest man lieber die Pressemitteilung.


Interne Kommunikation 2025

Phillip: Du hast das Daimler Social Intranet Team beraten. Was lernen Corporates daraus?

Sascha: Newsletter 2.0. Kuratierte Mails, die globale Pressemitteilungen, lokale Shop-Stories und CEO-Posts bündeln. Dazu Social Intranet + Chat-Assistenz. Beschäftigte wollen nicht scrollen, sondern verstehen, warum ihr Job zählt.


KI-Hype oder strategischer Hebel?

Phillip: In deinen YouTube-Videos dissectest du KI-Modelle. Wo liegt der echte Impact für Marketing?

Sascha: Wir wechseln von LLMs in der Cloud zu 7-Milliarden-Parameter-Modellen auf dem Smartphone. Heißt: Jeder bekommt einen persönlichen GPT-Agenten, der Reisen bucht, Pitches schreibt, Videos baut. Wer KI nur als Effizienztool sieht, verpasst den Wissens-Turbo.

Phillip: Und die Gefahr?

Sascha: Deep-Fake-CEOs, die kurz vorm Börsengang Quatsch erzählen. „Shit in, shit out“ bleibt gültig – Prompt-Meister werden die neuen Kreativ-Direktoren.


Nachhaltigkeit ohne Greenwashing

Phillip: Nach Daimler warst du Chief Awareness Officer bei einer Nachhaltigkeits­plattform. Warum scheitert so viel Green Story­telling?

Sascha: Weil jedes Unternehmen eigene Buzzwords nutzt: klimaneutral, CO₂-frei, bilanziell grün … Ohne verbindliche Standards zerlegst du dich auf Twitter in zwei Stunden. Erst KPI, dann Kampagne.


Talent­magnet Vertrauen

Phillip: Viele Brands brüllen „Wir suchen Talente!“. Du sagst: Vertrauenskonto schlägt Employer-Branding.

Sascha: Absolut. Wenn Politik & Medien an Glaub­würdigkeit verlieren, rücken Brands nach. Wer offen kommuniziert – auch in Krisen – gewinnt Bewerbungen, Kunden und Resilienz.


Die Million-Euro-Frage

Phillip: Du bekommst 1 Mio. € Kommunikationsbudget, no strings attached. Was tust du?

Sascha: 500.000 € in eine radikal ehrliche Gen-Z-Kampagne: vertical first, Memes + Fakten. Die andere Hälfte? Ein KI-Studio, das zeigt, wie man Techtainment in Echtzeit produziert. Wer die 20-Jährigen überzeugt, zieht den Rest automatisch nach.


Take-away: Techtainment, KI-Agenten und glaubwürdige Markenbotschafter sind keine Zukunftsmusik – sie entscheiden schon heute, ob deine Brand gehört oder gescrollt wird.