Brand & Brilliance You might be the problem: Wie schlechtes Onboarding jede Agentur-Beziehung killt.

You might be the problem: Wie schlechtes Onboarding jede Agentur-Beziehung killt.

Vertrag hin oder her: Ohne sauberes Onboarding wird selbst die beste Agentur zum schlechtesten Investment.

Der unterschätzte Anfang

Das Match ist gelungen. Ihr habt die richtigen Fragen gestellt, die Auswahl sauber aufgesetzt, intern Klarheit geschaffen und am Ende die richtige Agentur gefunden. Alle sind erleichtert: Vertrag unterschrieben, Schulterklopfen, Feierabend-Sekt. Doch genau in diesem Moment beginnt die eigentliche Arbeit.

Ob aus einer vielversprechenden Wahl eine funktionierende Partnerschaft wird, entscheidet sich nicht im Pitch und nicht im Vertrag, sondern in den ersten Wochen danach: im Onboarding. Hier zeigt sich, ob beide Seiten wirklich verstehen, wie sie miteinander arbeiten wollen. Ob Erwartungen klar sind oder ob sie irgendwann mit voller Wucht zurückschlagen. Ob Strukturen tragen oder ob man sich im Chaos verliert.

Das Problem: Onboarding wird fast immer unterschätzt. Zu oft legen Teams einfach los, weil Deadlines drängen, Budgets freigegeben sind und alle endlich Ergebnisse sehen wollen. Aber wer hier Abkürzungen nimmt, zahlt später den Preis. Denn die Reibungen, die dann in Projekten entstehen, sind keine Naturkatastrophe. Sie sind hausgemacht.

You might be the problem: Wo Onboarding schiefgeht

Onboarding klingt trocken, ist aber der erste echte Stresstest für die Beziehung. Und wenn es scheitert, liegt es selten an der Agentur oder an den Umständen. Oft liegt es an euch. You might be the problem heißt in diesem Fall: Ihr habt die Grundlagen nicht sauber gelegt.

Wir bei Yeah But No arbeiten dafür mit einem Framework, das Zusammenarbeit in vier Layer aufteilt. Relationship, Tactics, Communication und Performance. Diese vier Zahnräder greifen ineinander und machen sofort sichtbar, wo es später klemmt, wenn man sie am Anfang nicht sauber aufsetzt.

Relationship
Ihr habt nie wirklich geklärt, wer führt, wer entscheidet, wer zuhört. Ergebnis: Jeder glaubt, er habe das letzte Wort, bis es kracht.

Tactics
Ihr habt Prozesse und Tools nicht abgestimmt. Plötzlich arbeitet die Agentur in Asana, das Marketing-Team in Trello, der Einkauf in Excel, und niemand weiß, wo die Wahrheit liegt. Weiß einer wo die Files sind vom letzten Projekt?

Communication
Ihr habt kein gemeinsames Vokabular für Briefings und Feedback. Das führt dazu, dass Business-Leute in KPIs sprechen, Kreative in Bildern und Metaphern, und beide glauben, der andere checkt’s einfach nicht.

Performance
Ihr habt nie definiert, was Erfolg konkret bedeutet. Nach sechs Monaten fragt das Management nach Ergebnissen und plötzlich steht ihr da: Agentur und Kunde haben unterschiedliche Erwartungen und beide fühlen sich ungerecht bewertet.

Das Bittere: All das wäre vermeidbar. Aber wenn man Onboarding überspringt oder nur halb macht, reproduziert man dieselben Fehler, die man eigentlich hinter sich lassen wollte.

Wie gutes Onboarding aussieht

Das Gegenteil von Chaos ist nicht Kontrolle, sondern Klarheit. Ein gutes Onboarding heißt nicht, dass man für jede Eventualität schon ein Regelwerk schreibt. Es heißt, dass man bewusst die Zeit investiert, die Grundlagen zu legen, bevor die erste Kampagne startet.

Bei Netflix haben wir das sehr wörtlich genommen. Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden dort ins sogenannte „New Employee College“ geschickt, ein mehrtägiges Programm, das nicht nur Prozesse erklärte, sondern vor allem Kultur und Haltung vermittelte. Was ich spannend fand: Wir haben dieses Prinzip auch auf Agenturen übertragen. Wenn eine neue Partneragentur an Bord kam, haben wir deren Team tatsächlich eingeflogen und sie durch eine Art Agenturversion dieses Colleges geschickt.

Das Ergebnis war spürbar. Die Agenturteams waren nicht einfach „Dienstleister“, sondern verstanden sich vom ersten Tag an als Teil unseres Systems. Sie wussten, welche Erwartungen wir hatten, welche Abkürzungen nicht erlaubt waren und wo es Sinn machte, Grenzen auszutesten. Kurz: Sie konnten liefern, weil sie nicht im Nebel stocherten.

Diese Erfahrung hat mir gezeigt: Onboarding funktioniert dann, wenn es über den reinen Informationsaustausch hinausgeht. Es ist Kulturarbeit. Und wer dafür sorgt, dass eine Agentur die eigene Arbeitslogik versteht, gewinnt Geschwindigkeit und Qualität zurück, genau dann, wenn es darauf ankommt.

Wer sich jetzt denk: “Na prima, coole Idee, habe aber keine Netflix-Kohle”, dem sei gesagt: Es lohnt sich grundsätzlich, in Onboarding zu investieren. Dafür braucht es kein Silicon-Valley-Unicorn-Venture-Money. Schon ein gemeinsamer Tag in einem Hotel-Konferenzraum in der nächstbesten Stadt, in der ihr sowieso immer mal ein Offsite machen wolltet, kann reichen, um Klarheit, Verbindlichkeit und ein gemeinsames Fundament zu schaffen.

Onboarding als Kulturarbeit

Onboarding ist mehr als eine To-do-Liste. Es ist der Moment, in dem sichtbar wird, wie man miteinander umgehen will. Natürlich gehören auch Prozesse und Zuständigkeiten dazu, aber im Kern geht es um Haltung.

Viele Teams machen hier den Fehler, Onboarding auf reine Information zu reduzieren. Wer ist wofür zuständig, wie sehen die Abläufe aus, welche Tools nutzen wir. Das ist wichtig, doch es erklärt noch nicht, wie Zusammenarbeit sich anfühlen soll.

Kultur entsteht nicht durch PDFs oder Präsentationen, sondern durch erlebte Momente. Ein gemeinsames Gespräch über Erwartungen schafft mehr Vertrauen als dreißig Mails. Ein offener Austausch über Fehlerkultur nimmt mehr Druck aus einer Beziehung als jede Prozessbeschreibung. Ein bewusst gesetztes Ritual am Anfang, sei es ein gemeinsamer Kick-off-Workshop oder einfach ein gemeinsames Essen, kann die Basis für Monate guter Zusammenarbeit legen.

Onboarding ist in diesem Sinne ein kulturelles Statement. Wer es ernst nimmt, zeigt, dass die Beziehung mehr sein soll als reiner Austausch von Leistungen gegen Geld. Wer es ignoriert, macht deutlich, dass Zusammenarbeit auf das Nötigste beschränkt bleibt. Und genau hier entscheidet sich, ob Partnerschaften tragfähig werden oder nach kurzer Zeit wieder ins Wanken geraten.

Ausblick: Von Onboarding zu Performing

Ein gutes Onboarding ist kein Selbstzweck. Es ist die Grundlage dafür, dass Teams später schnell und reibungslos arbeiten können. Wer hier investiert, spart sich unzählige Schleifen und Konflikte im Projektalltag. Die Energie fließt in Ideen und Ergebnisse statt in Missverständnisse und Frust.

Damit ist aber nur der erste Schritt geschafft. Denn sobald die Grundlagen gelegt sind, verschiebt sich der Fokus. Dann entscheidet vor allem die Qualität des Inputs, den die Agentur bekommt. Wenn Erwartungen klar sind und die Beziehung steht, hängt das Ergebnis am Briefing.

Darum geht es im nächsten Teil. Shit in, shit out. Warum schlechte Briefings der absolute Ergebnis-Killer sind und wie Organisationen lernen, besseren Input zu liefern.