Business & Beyond Als der Firmenchef das sagt, halten alle den Atem an

Als der Firmenchef das sagt, halten alle den Atem an

Mancher mag sich um Jahrzehnte zurückversetzt fühlen. Zum Beispiel in Hannover: Zweimal die Woche leistet dort neuerdings die Hanomag Lohnhärterei einen Beitrag zur Rüstung Deutschlands. 800 Stahlhüllen für die 120-Millimeter-Flugabwehrgeschosse von Rheinmetall werden in zwei Chargen in den Öfen des Unternehmens gehärtet. „Wir könnten noch viel mehr machen“, sagt Geschäftsführer Karsten Seehafer. „Die Kapazitäten dafür haben wir.“

Die Hanomag Lohnhärterei beschäftigt europaweit rund 900 Mitarbeiter an 13 Standorten, die meisten davon in Deutschland. Die Firma ist 1986 aus der früheren Betriebshärterei der Hanomag AG hervorgegangen. Und Hanomag, einst mit dem im Volksmund „Kommissbrot“ genannten Wagen einer der ersten deutschen Automobilhersteller, hat Erfahrung im Rüstungsgeschäft. Neben der Produktion von Traktoren und Lastwagen, engagierte sich das Unternehmen im zweiten Weltkrieg auch in der Produktion von Granaten, Geschützrohren und Zündern. Verkaufsschlager war damals das Halbkettenfahrzeug „MTW“. Heute hängen 80 Prozent des Geschäfts der Lohnhärterei am Automobil. Jetzt fehlen da aber die Aufträge.

Firmenchef Karsten Seehafer sieht die Verteidigungsindustrie nicht als Heilsbringer: „Man darf sich jetzt nicht der Illusion hingeben, die Rüstungsbranche sei ein Rettungsanker für das wegbrechende Geschäft“, sagt er einem Gewerkschaftsmagazin. Denn auch wenn Expertise aus der Automobilbranche im Verteidigungssektor willkommen ist: Beide Branchen seien nur bedingt miteinander vergleichbar. Die Autobranche sei um ein Vielfaches größer als der Verteidigungssektor: „In Deutschland wurden 2024 mehr als vier Millionen Autos gebaut“, sagt Seehafer. „Ich kann mir kaum vorstellen, dass wir irgendwann vier Millionen Panzer pro Jahr bauen wollen.“ Entsprechend schmal ist der Zusatznutzen: Etwa ein Prozent vom Umsatz kommt bislang aus dem Härten der Geschosse. Und dann fügt er noch diese Sätze hinzu: „Ich bin als Kind der 80er mit der Friedensbewegung aufgewachsen. Jetzt wieder über Aufrüstung zu reden, verursacht bei mir ein komisches Gefühl.“

Auch Unternehmer Marhofer spricht von einer „emotionalen Diskussion“. „Wir hatten eine bequeme Zeit, in der wir die gewaltsame Realität ausblenden konnten. Das ist nun vorbei und es wird dauern, bis sich die Gesellschaft daran gewöhnt hat. Am Anfang des Entscheidungsprozesses habe ich mich gefragt, will ich so wie heute weiterleben oder kann ich mir auch vorstellen unter einer Diktatur wie Russland zu leben. Diese Frage habe ich für mich eindeutig beantwortet: Ich möchte so weiter leben können wie bisher, mit Meinungsfreiheit, Rechtsstaat und Demokratie. Dann aber ist die Konsequenz klar.“

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