Business & Beyond Bayern gegen Berlin: Söders Erbschaftssteuer-Vorstoß spaltet die Republik

Bayern gegen Berlin: Söders Erbschaftssteuer-Vorstoß spaltet die Republik

Wirtschaftsexperten gespalten

Der Steuerzahlerbund stellt sich hinter Söders Vorstoß. Verbandschef Reiner Holznagel bezeichnet die Initiative gegenüber „Bild“ als „mutigen Schritt“. Das Problem sei real: Seit Jahren wurden die Freibeträge nicht angepasst, was besonders in Hochpreisregionen zum Verkaufszwang von geerbten Immobilien führen könne. Noch weiter geht Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger.

Der Freie-Wähler-Chef fordert im „Welt“-Interview die komplette Abschaffung der Erbschaftsteuer: „Der richtige Satz für die Erbschaftsteuer wäre null.“ Aiwanger verweist auf Österreich und skandinavische Länder, die die Steuer abgeschafft haben – mit positiven wirtschaftlichen Folgen. Überraschend offen zeigt sich hingegen der CDU-Arbeitnehmerflügel für eine Reform in die andere Richtung. CDA-Chef Dennis Radtke kann sich laut „Morgenpost“ vorstellen, Schlupflöcher zu schließen, durch die derzeit Milliardenvermögen verschenkt und vererbt werden, ohne dass ein Euro Steuern bezahlt wird.

Business Punk Check

Der Söder-Vorstoß entlarvt die Scheinheiligkeit der Erbschaftsteuer-Debatte. Während politisch über Prozente gefeilscht wird, bleibt das Kernproblem ungelöst: Die Steuer trifft den Mittelstand hart, während Großvermögen durch komplexe Gestaltungen nahezu steuerfrei vererbt werden können.

Ein Steuer-Wettbewerb zwischen den Bundesländern würde die Standortkonkurrenz verschärfen und könnte zu einer Abwärtsspirale bei den Steuersätzen führen – gut für Erben, schlecht für Landeshaushalte. Gleichzeitig würde er die Ungleichheit zwischen finanzstarken und -schwachen Regionen zementieren. Die eigentliche Lösung wäre eine grundlegende Reform mit höheren Freibeträgen für Betriebsvermögen und Familienimmobilien, aber konsequenter Besteuerung von Großvermögen ohne Schlupflöcher. Doch dafür fehlt der politische Mut – auf allen Seiten.

Häufig gestellte Fragen

  • Welche Auswirkungen hätte eine regionalisierte Erbschaftsteuer auf den deutschen Mittelstand?
    Eine regionalisierte Erbschaftsteuer würde zu einem Flickenteppich unterschiedlicher Steuersätze führen. Mittelständische Unternehmen in Hochsteuerregionen könnten bei Generationswechseln benachteiligt werden, während Betriebe in Niedrigsteuerregionen Wettbewerbsvorteile erhielten. Familienunternehmen sollten daher frühzeitig Nachfolgeplanungen unter Berücksichtigung möglicher regionaler Steuerunterschiede entwickeln.
  • Wie könnten Unternehmen auf einen möglichen Steuerwettbewerb zwischen den Bundesländern reagieren?
    Unternehmen sollten ihre Standortstrategie überprüfen und Betriebsvermögen potenziell in steuerlich günstigere Bundesländer verlagern. Gleichzeitig empfiehlt sich eine vorausschauende Nachfolgeplanung mit frühzeitiger Übertragung von Unternehmensanteilen. Entscheidend ist dabei eine ganzheitliche Betrachtung – neben Steuersätzen spielen auch Fachkräfteverfügbarkeit und Infrastruktur eine zentrale Rolle.
  • Welche Branchen wären von einer Reform der Erbschaftsteuer besonders betroffen?
    Besonders betroffen wären immobilienintensive Branchen wie Hotellerie, Pflegeheimbetreiber und Wohnungswirtschaft, deren Vermögen ortsgebunden ist. Auch produzierende Mittelständler mit hohem Anlagevermögen und traditionelle Familienunternehmen stünden vor Herausforderungen. Tech-Unternehmen und Dienstleister mit geringem Anlagevermögen wären hingegen weniger betroffen.
  • Wie realistisch ist eine Umsetzung des Söder-Vorschlags angesichts der politischen Konstellation?
    Die Umsetzungschancen sind gering. Der Vorschlag bräuchte eine Mehrheit im Bundesrat, wo SPD-geführte Länder blockieren würden. Zudem signalisiert Kanzler Merz keine Unterstützung. Realistischer erscheint eine moderate Reform mit angepassten Freibeträgen für Regionen mit hohen Immobilienpreisen, was einen Kompromiss darstellen könnte.
  • Welche internationalen Erfahrungen gibt es mit regionalisierten Erbschaftsteuern?
    Internationale Beispiele zeigen gemischte Ergebnisse: In den USA führen unterschiedliche Erbschaftsteuern zwischen den Bundesstaaten zu Steuerflucht wohlhabender Personen. Die Schweiz mit ihrem Kantonal-System zeigt, dass Steuerwettbewerb zu allgemein niedrigeren Steuersätzen führt. Österreich hat die Erbschaftsteuer komplett abgeschafft und setzt stattdessen auf indirekte Besteuerung durch Grunderwerbsteuer und Einkommensteuer.

Quellen: „Bild“, „Morgenpost“, „Spiegel“, „Welt“

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