Business & Beyond Das Recht als Lotterie – oder Gin als Protest?

Das Recht als Lotterie – oder Gin als Protest?

Warum eine kleine 20-Mann-Destillerie durch eine Klage plötzlich mit hohen Verlusten kämpfen muss.

Ein Essay des Gründers Max:

Viele kennen ihn und mögen ihn nicht mehr missen – die Rede ist von unserer alkoholfreien Alternative, dem „Entgeistert“. Er hat viele Gläser gefüllt und Jahre voller Genuss sind ins Land gezogen. Eines Tages jedoch flatterte unverhofft Post ins Haus – vom Anwalt. Absender war ein Verein, der den wohlklingenden Titel “Sozialer Wettbewerb” trägt. Sozial & Wettbewerb waren hier Fehlanzeige, aber dazu später mehr…

Der Vorwurf: Wir verstoßen scheinbar gegen das Pfandgesetz und müssen uns vor Gericht verantworten. Gleich vorneweg: Der Schaden, der daraus resultiert: ca. 68.000 Euro.

Doch wie kam es dazu?

Die Klage

In Deutschland ist Alkohol wie Gin, Wein und Sekt pfandbefreit. Auch alkoholfreier Wein und Sekt sind vom Pfand ausgenommen. Also sind wir – wie alle anderen in der Branche auch – davon ausgegangen, dass es auf „alkoholfreien Gin“ auch kein Pfand gibt. Und so handhabt das die gesamte Branche seit Jahren.

Als das Pfandgesetz geschaffen wurde, gab es schlicht noch keine sog. alkoholfreien Spirituosen. Die fehlende Pfandregelung hier ist eine Gesetzeslücke. Und genau das hat der Verband mit dem freundlichen Namen als perfekte Gelegenheit genutzt, einen Marktteilnehmer herauszupicken und zu verklagen. Es scheint das Geschäftsprinzip des Vereins zu sein bevorzugt auf kleine Unternehmen loszugehen. Auffällig werden dabei große Hersteller verschont.

Das Urteil

Und so haben wir uns schließlich vor Gericht wiedergefunden. Die Richterin in erster Instanz hat sich sehr tief mit der zugegeben recht komplexen Materie befasst und hatte Ursachen und Folgen im Blick. Zu den Ursachen: Hier erkannte sie klar die Gesetzeslücke. Zu den Folgen: Sie wusste, dass man den Handel mitdenken muss, wenn man ernsthaft die Pfandplicht auf die Kategorie einführen möchte. Schließlich befand sie: Kein Mensch versteht, warum Spirituosen pfandfrei und alkoholfreie Spirituosen bepfandet sein sollen. Mit der Begründung, das Recht habe für ALLE Marktteilnehmer GLEICH zu gelten, hat sie die Klage abgewiesen.

Der zweite Richter vor dem OLG München im Berufungsverfahren hielt sich nicht mit Details wie Ursachen und Folgen auf und verurteilte uns zur Pfandpflicht, einfach weil er keine Regelung im Gesetzestext vorfand. Als wir protestierten, dass wir dann die einzigen auf dem Markt wären, die sich an dieses vermeintliche Recht zu halten haben, gab er uns den freundlichen Hinweis mit auf den Weg, wir können doch die gesamte Branche verklagen.

Danke, aber nein danke! Das wollen und werden wir nicht tun – wir verklagen nicht unsere Kollegen. Wir sitzen schließlich alle im selben Boot.

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