Business & Beyond Die dunkle Seite von Black Friday & Co.: 550 Millionen Retouren in 2025

Die dunkle Seite von Black Friday & Co.: 550 Millionen Retouren in 2025

Der Onlinehandel boomt, die Retourenflut schwillt auf 550 Millionen Pakete an. Besonders zur Black Week bestellen Verbraucher exzessiv – mit massiven wirtschaftlichen und ökologischen Folgen.

Deutschland entwickelt sich zur Retouren-Republik. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: 550 Millionen zurückgeschickte Pakete werden es 2025 sein – ein historischer Höchststand. „Das ist ein Rekord“, so Björn Asdecker von der Universität Bamberg laut „tagesschau.de“. Fast jedes vierte online bestellte Paket wandert komplett oder teilweise zurück zum Absender. Der Anstieg gegenüber dem Vorjahr mit 530 Millionen Retouren zeigt: Die Rücksendungskultur verfestigt sich.

Retouren als Geschäftsmodell

Besonders die Modeindustrie trifft es hart. Rund 90 Prozent aller Rücksendungen entfallen auf diesen Sektor. Laut „Spiegel“ klagen zwölf Prozent der Online-Modehändler über eine Retourenquote von mehr als 50 Prozent. Weitere 25 Prozent bekommen zwischen einem Drittel und der Hälfte ihrer Pakete zurück. Elektronik- und Möbelhändler kommen mit etwa zehn Prozent Rücksendungen noch glimpflich davon.

Das Muster fünf Jacken bestellen, vier zurückschicken hat sich als Normalität etabliert. Die Antwort liegt in der deutschen Kaufkultur: längere Rückgabefristen, mehr Rechnungskäufe und die Erwartungshaltung kostenloser Retouren. Laut einer repräsentativen Umfrage des Branchenverbands Bitkom, die „tagesschau.de“ zitiert, legen 94 Prozent der Onlineshopper Wert auf Gratis-Rückversand und schnelle Erstattung.

Black Friday als Retouren-Booster

Die Black Week verschärft das Problem zusätzlich. Wie „swr.de“ berichtet, verführen die Rabattaktionen zu impulsiven Käufen. Die vermeintlichen Schnäppchen entpuppen sich jedoch oft als Marketing-Trick: Die durchschnittliche Ersparnis liegt lediglich zwischen sechs und sieben Prozent.

Nur jedes zehnte Produkt erhält tatsächlich signifikante Rabatte von 20 Prozent oder mehr. Verbraucherschützer warnen vor irreführenden Rabatten, die sich auf unverbindliche Preisempfehlungen statt auf tatsächliche Marktpreise beziehen. Die Folge: Enttäuschte Kunden und noch mehr Retouren.

Das Milliardengeschäft mit der Rücksendung

Die Kosten für die Händler sind enorm. Bei mehr als der Hälfte der Anbieter schlägt jede Retoure mit bis zu zehn Euro zu Buche, wie „Spiegel“ berichtet. Etwa 14 Prozent der Händler geben an, pro Rücksendung zwischen zehn und 20 Euro aufwenden zu müssen.

In Einzelfällen übersteigen die Kosten sogar 20 Euro pro Rücksendung. Dennoch halten Marktführer wie Amazon, Zalando und Otto am Gratis-Rückversand fest. Der Grund: Ihr hocheffizientes Retourenmanagement verschafft ihnen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber kleineren Händlern. Diese Marktkonzentration verstärkt den Druck auf mittelständische Onlinehändler zusätzlich.

Die ökologische Dimension

Die Umweltbelastung ist massiv. Bereits 2021 verursachten Retouren CO2-Emissionen von 800.000 Tonnen, wie „swr.de“ dokumentiert. Das entspricht dem Jahresausstoß einer mittleren Stadt. Mit dem aktuellen Anstieg der Rücksendungen dürfte auch die Umweltbelastung weiter zunehmen.

Besonders problematisch: Nicht jede Retoure wird weiterverkauft. Bei günstigen Artikeln lohnt sich die Aufbereitung wirtschaftlich nicht. Mittelpreisige Produkte lassen Händler Kunden oft behalten – trotz Erstattung des Kaufpreises. Nur hochpreisige Artikel wie Smartphones werden systematisch als B-Ware weiterverkauft.

Business Punk Check

Die Retouren-Flut offenbart die Schattenseite des E-Commerce-Booms. Der Handel hat ein Monster geschaffen, das er nicht mehr kontrollieren kann. Gratis-Retouren sind kein Kundenservice mehr, sondern ein toxisches Geschäftsmodell, das kleinere Händler systematisch benachteiligt und die Marktkonzentration vorantreibt.

Die wahren Kosten tragen weder Verbraucher noch Großkonzerne, sondern Umwelt und Mittelstand. Innovative Lösungsansätze wie KI-gestützte Größenberatung oder dynamische Retourengebühren bleiben Nischenphänomene. Solange 94 Prozent der Kunden kostenlose Rücksendungen erwarten, wird sich am System nichts ändern. Für Händler bedeutet das: Entweder ein hocheffizientes Retourenmanagement aufbauen oder im Preiskampf untergehen.

Häufig gestellte Fragen

  • Wie können mittelständische Onlinehändler im Retouren-Wettbewerb bestehen?
    Mittelständler sollten auf Nischenmärkte mit geringerer Retourenquote setzen, detaillierte Produktbeschreibungen mit präzisen Maßangaben anbieten und KI-gestützte Größenberatung implementieren. Außerdem: Retourenkosten transparent kommunizieren und Stammkunden mit niedrigeren Retourenquoten belohnen.
  • Welche Branchen sind vom Retouren-Problem am wenigsten betroffen?
    Elektronik, Möbel und Gesundheitsprodukte verzeichnen mit etwa zehn Prozent die niedrigsten Retourenquoten. Hier liegt Potenzial für stabilere Geschäftsmodelle mit kalkulierbaren Rücksendungskosten und besserer Marge.
  • Wie kann die Umweltbelastung durch Retouren reduziert werden?
    Unternehmen sollten lokale Rücknahmestellen statt Einzeltransporte fördern, Mehrwegverpackungen einsetzen und durch präzise Produktdaten die Retourenquote senken. Zudem: Transparente CO2-Bilanzierung der Rücksendungen und Aufklärung der Verbraucher über die ökologischen Folgen.
  • Was bedeutet der Retouren-Boom für Investoren im E-Commerce-Sektor?
    Investoren sollten bei E-Commerce-Investments die Retourenquote als kritischen KPI betrachten. Unternehmen mit innovativen Lösungen zur Retourenvermeidung bieten langfristig stabilere Margen. Besonders attraktiv: Tech-Startups, die KI-gestützte Größenberatung oder virtuelle Anproben entwickeln.

Quellen: „Spiegel“, „tagesschau.de“, „swr.de“