Business & Beyond Family First? Nestlé meint’s ernst

Family First? Nestlé meint’s ernst

Vier Wochen extra, bezahlt vom Arbeitgeber – für Väter, Mütter, Pflegeeltern. Was Nestlé hier anbietet, ist kein Feel-Good-Gimmick, sondern ein echter Kulturwandel.

In Zeiten von Fachkräftemangel und wachsendem Bedürfnis nach Work-Life-Balance ringen Unternehmen mit kreativen Maßnahmen um Talente. Nestlé setzt dabei auf ein Modell, das sich bewusst von bloßer Symbolpolitik abhebt: Die „Nestzeit“. Vier Wochen voll bezahlte Freistellung zur Geburt eines Kindes – zusätzlich zum gesetzlichen Mutterschutz.

189 Mitarbeitende, 106 davon Männer

2024 nutzten 189 Mitarbeitende in Deutschland das Angebot – davon 106 Männer. Das ist bemerkenswert, denn obwohl das Elterngeld in Deutschland weit entwickelt ist, greifen nach wie vor vor allem Frauen auf längere Elternzeiten zurück. Die „Nestzeit“ soll genau hier ansetzen – und Gleichberechtigung stärken.

Ralf Hengels, Head of Human Resources bei Nestlé Deutschland, erklärt den Ansatz persönlich:

„Die Nestzeit ist für mich eine echte Herzensangelegenheit – aus zwei Gründen: Zum einen, weil wir bei Nestlé in Deutschland Chancengleichheit aktiv fördern und unsere Mitarbeitenden dabei unterstützen, Familie und Beruf miteinander zu verbinden. Zum anderen, weil ich selbst Vater von drei Kindern bin. Schon 2012 – lange bevor es die arbeitgeberfinanzierte Nestzeit gab – habe ich zwei Monate Elternzeit genommen. Diese Zeit war eine sehr wertvolle Erfahrung für mich.“

Das Programm wurde 2020 eingeführt und findet seither steigenden Zuspruch. Es ergänzt den gesetzlichen Mutterschutz von 14 Wochen um vier weitere Wochen – bei voller Bezahlung. Für Mütter ergibt sich so ein Gesamtzeitraum von 18 Wochen bezahlter Auszeit. Das Modell ist geschlechtsneutral und gilt auch bei Adoption oder Aufnahme eines Pflegekindes.

Gelebte Familienfreundlichkeit – auch in der Führungsebene

Die Nestzeit ist Teil eines umfassenderen Maßnahmenbündels zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Dazu gehört u. a. Jobsharing – auch auf Führungsebene. Der Frauenanteil in Führungspositionen liegt bei Nestlé Deutschland derzeit bei 44 Prozent.

Auch für Andreas Groß, Social Media and Content Expert bei Nestlé Nutrition Deutschland (u. a. BEBA), war die Nestzeit mehr als nur ein Bonus:

„Als Teil des Communication-Teams bei der Babyfood-Marke BEBA beschäftige ich mich jeden Tag mit elterlichen Herausforderungen. Umso mehr weiß ich, wie wichtig die gemeinsame Zeit mit seinem Kind ist. Dass mir mein Arbeitgeber Nestlé in diesem Jahr zusätzliche vier Wochen vollbezahlten Urlaub zur Geburt geschenkt hat, ist klasse. Es war die Gelegenheit, meiner Partnerin Erholung und Entlastung zu schenken.“

Mehr als Imagepflege

Natürlich hat das auch einen strategischen Aspekt: Wer junge Talente gewinnen will, muss heute mehr bieten als ein gutes Gehalt. Gerade in Bereichen wie IT, Marketing oder Ernährung wächst die Zahl qualifizierter Nachwuchskräfte, die Selbstverwirklichung über steile Karrieren stellen. Laut Nestlé gibt es zunehmend positive Resonanz auf das Angebot – intern wie extern.

Zum Vergleich: Bei Henkel nahmen 2023 laut eigenen Angaben rund 700 Väter Elternzeit, allerdings ohne exakte Angabe zur Dauer oder Vergütung. Hewlett Packard Enterprise bietet sogar sechs Monate Elternzeit bei voller Bezahlung – allerdings global und nicht explizit auf den deutschen Markt angepasst.

Nestlé hingegen setzt auf einen pragmatischen, ergänzenden Ansatz – maßgeschneidert für das deutsche System. Und zeigt damit, dass New Work nicht bei Remote-Optionen enden muss, sondern idealerweise beim Kinderwagen anfängt.