Business & Beyond Geldwäsche im Schützenverein? Wo das Transparenzregister übers Ziel hinausschießt

Geldwäsche im Schützenverein? Wo das Transparenzregister übers Ziel hinausschießt

Heute ist BürokratieFREItag. In unserer Serie skizzieren wir immer freitags, welche Bürokratiemonster am beste Morgen in den Ruhestand geschickt werden könnten. Diesmal geht es um das Transparenzregister, das für Doppel- und Dreifacharbeit sorgt.

Der Schützenverein aus Niedersachsen hat nochmal Schwein gehabt. Die Schützen erhielten Post vom Bundesverwaltungsamt. Darin: die Androhung eines Bußgeldes von 500 Euro, weil keine Meldung über ihre Vereinsstruktur im Transparenzregister vorliegt. Der ehrenamtliche Vorstand war überzeugt, alles sei im Vereinsregister korrekt eingetragen. Tatsächlich fehlte aber eben die gesonderte Meldung im Transparenzregister – ein rein formaler Fehler, keinerlei inhaltliche Verschleierung. Der Verein musste mit strikter Fristsetzung nachmelden, zusätzlich die Jahresgebühr zahlen. Immerhin aber war das Bußgeld vom Tisch.

Was die Schützen an den Rand der Verzweiflung brachte, ist ein Bürokratiemonster, das wie viele seiner Art gut gemeint ist, aber das Gegenteil bewirkt. Das staatliche Dokumentationswerk wurde eingeführt, um die wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmen, Stiftungen, Vereinen und anderen juristischen Personen sichtbar zu machen. Hintergrund ist die Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und Steuerhinterziehung. Welche Belastungen das Ganze mit sich bringt, bemerken von Konzernen bis zu kleinen gemeinnützigen Vereinen allerdings jede Menge Betroffene, die nie im Leben daran denken würden, ihren Anteil am Unternehmen, Verein oder einer juristischen Person verschleiern zu wollen. Oder gar zu missbrauchen. Es stellt sich die Frage, ob dieses Mittel, das erheblichen bürokratischen Aufwand erzeugt, tatsächlich geeignet ist, etwa von Taliban gesteuerte Unternehmungen in Deutschland zu identifizieren, Stiftungen der Hamas durchleuchtbar zu machen oder notorische Steuersünder zu entlarven.

Tatsächlich müssen überwiegend Unbescholtene Formulare wälzen, Online-Bögen ausfüllen und Belege sammeln, und damit die zusätzlichen Beamtenstellen mit Leben erfüllen, die regelmäßig eingerichtet werden, sobald neue Vorschriften das Licht der Welt erblicken. Letzteres ergab zumindest eine Untersuchung des BSi, des Forschungsinstituts des Bundes der Steuerzahler, Ende 2024.

Unbestritten ist: Das Register erleichtert Banken, Notaren und natürlich dem Staat den Zugriff auf Daten. Es verringert wohl die Zahl von verschleiernden Briefkastenfirmen und kann die Chance auf deren Entdeckung erhöhen – jedenfalls dann, wenn Kriminelle Fehler machen. Da wirklich jedes Unternehmen verpflichtet ist, wirtschaftlich Beteiligte mit einem Anteil von mehr als 25 Prozent zu benennen, ungeachtet der Tatsache, dass diese Angaben zum Teil schon in anderen staatlichen Registern vorhanden sind, klagen Firmen und Verbände über zusätzliche Bürokratie, die zwar kostet, aber keinen Erkenntniszuwachs bringt. Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) wies von Anfang an darauf hin, dass Gesellschaften mit allen notwendigen Angaben bereits in einem öffentlichen Register, wie dem Handelsregister oder dem Partnerschaftsregister, eingetragen waren, womit der Transparenz doch Genüge geleistet worden wäre.

Da der Kreis der Verpflichteten mit der Einführung des Registers im Jahr 2021 weit mehr Unternehmen und sonstige Vereinigungen betraf als zuvor nach dem Geldwäschegesetz, ohne dass dies besonders publik gemacht wurde, ging die Neuerung an vielen schlicht und einfach vorbei – was dann Bußgelder wie im Fall der Niedersächsischen Schützen nach sich zog. Wenn bürokratische Erlasse sich in dichter Folge türmen, kann das durchaus dazu führen, dass sich ein harmloser Sportverein plötzlich in der Illegalität wiederfindet. Für kleine ehrenamtlich geführte Vereine und Kleinbetriebe ist das Register eben vor allem ein Bürokratiemonster: doppelte Datenpflege, Pflichtgebühren, Bußgeldrisiken – und das oft, obwohl dort keinerlei Geldwäschegefahr besteht.

Damit stellt sich die Frage nach den Risiken für bestimmte Vereinigungen, besonders, wenn nicht auf Anhieb genau erkennbar ist, wen das Gesetz mit dem „wirtschaftlich Berechtigten“ meint. Die Definition des Betreffenden ist nämlich oft schwer auszulegen, etwa bei verschachtelten Beteiligungen, in ausländischen Gesellschaften oder bei Familienstiftungen. Dann wird es Zeit für den Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater – was natürlich nicht umsonst zu haben ist.

Der Wirtschaftsprüfer Johann K. (Name der Redaktion bekannt) nennt das Register ein „Bürokratiemonster”. Denn was da alles in seiner Praxis landet, verursacht Doppelarbeit, sinnlose Nachprüfungen und derlei mehr. Wenn er seinen Berufsalltag beschreibt, klingt das so: „Jetzt kommt aber die Idee der ´Verpflichteten nach § 2 Geldwäschegesetz´ zum Tragen: Jeder dieser Verpflichteten (Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwälte, Notare, Bankmitarbeiter, Versicherungsvertreter, Makler, Kunsthändler und andere) muss bei jedem neuen Geschäftskontakt als erstes in dieses Transparenzregister schauen und das, was dort eingetragen ist, mit seinen eigenen Erkenntnissen vergleichen. Bei Abweichungen der Eintragung zu dem, was er meint, was da eingetragen sein müsste, muss der Verpflichtete zwingend eine sogenannte Unstimmigkeitsmeldung beim Transparenzregister abgeben. Dabei ist als Abweichung schon ein anders geschriebener Name (kein Scherz: dänisches ‚æ‘ statt ‚ae‘), ein Dreher im Geburtsdatum, oder eine Beteiligungsabweichung von 0,01 % als Abweichung zu verstehen und zu melden”.

Und damit auch alles seine Richtigkeit hat: Dass die Verpflichteten das Verlangte auch so durchführen wie vorgeschrieben, wird stichprobenweise dann noch von den Berufskammern kontrolliert. Das Nichtbefolgen dieser Kontroll- und Melderegeln durch die Verpflichteten ist auf jeden Fall bußgeldbehaftet. Wird eine „Unstimmigkeit” entdeckt, so der Wirtschaftsprüfer, erfolgt eine Mitteilung an das betroffene Unternehmen – natürlich ohne Hinweis, worin genau die Unstimmigkeit denn bestehen soll, so die Erfahrung von Johann K. Da entspinnt sich dann des öfteren ein munterer Dialog zwischen Firma und dem Bundesanzeiger Verlag als Führer des Registers zu Fragen der Richtigkeit, zu Belegen, zu Daten. Wobei, so der Fachmann, Rückfragen an den Bundesanzeiger meist mit der Bemerkung quittiert werden, man dürfe „dazu keine Rechtsauskunft geben”. Dann geht das Raten weiter. Dass Unstimmigkeitsmeldungen großteils unberechtigt waren, erwähnt Fachmann K. nur am Rande – dass hingegen die einmal gemeldete und sofort bereinigte „Unstimmigkeit” immer wieder neu angemahnt werde, das sei keine Ausnahme.

Ob bei dieser virtuellen Art von „Schleierfahndung” viel ins Netz geht, entzieht sich der Statistik. Alle machen mit, immerhin, das ist, je nach Standpunkt, eine gute oder schlechte Nachricht. Dennoch braucht es wohl eine gewisse Freude an der Vergeblichkeit, um das TraFinGGw, wie das Transparenzregistergesetz im Abkürzungsdeutsch heißt, richtig genießen zu können.