Business & Beyond Gender Pay Gap: Vorstandsfrauen verlieren 11 Prozent – Männer legen zu

Gender Pay Gap: Vorstandsfrauen verlieren 11 Prozent – Männer legen zu

Erstmals seit 2014 verdienen Frauen in deutschen Top-Vorständen wieder weniger als Männer. Die Gehaltslücke wächst auf eine halbe Million Euro – trotz steigender Frauenquote.

Die Gleichberechtigung in deutschen Chefetagen macht einen Rückschritt. Während männliche Vorstände in DAX, MDAX und SDAX 2024 ein leichtes Gehaltsplus von 0,4 Prozent verbuchen, müssen ihre Kolleginnen massive Einbußen hinnehmen.

Laut „Zeit“ sanken die Durchschnittsgehälter weiblicher Vorstandsmitglieder um satte elf Prozent auf 2,15 Millionen Euro. Ein Paradox: Ausgerechnet der Erfolg bei der Frauenquote drückt die Vergütungen.

Paradoxer Effekt: Mehr Frauen, weniger Gehalt

Der wachsende Frauenanteil in Vorständen führt zu sinkenden Durchschnittsgehältern bei weiblichen Führungskräften. „Die Zeiten, als weibliche Vorstände eine seltene Spezies waren und teils sehr hohe Gehälter fordern konnten, sind vorbei“, so EY-Experte Jens Maßmann laut „Spiegel“.

Neu berufene Managerinnen steigen mit niedrigeren Gehältern ein, was das gesamte Vergütungsgefüge nach unten zieht.

Halbe Million Euro Gender Pay Gap im DAX

Besonders drastisch zeigt sich die Entwicklung im DAX. Während männliche Vorstände dort durchschnittlich 3,38 Millionen Euro kassieren (ein Plus gegenüber dem Vorjahr), müssen sich Frauen mit 2,92 Millionen Euro begnügen.

„Damit ist eine Gehaltslücke von fast einer halben Million Euro zwischen weiblichen und männlichen Vorständen entstanden“, erklärt das Beratungsunternehmen EY laut „Stern“. Diese Entwicklung ist besonders bemerkenswert, da Frauen in Vorständen jahrelang überdurchschnittlich verdienten.

Top-Verdienerinnen trotzen dem Trend

An der Spitze der weiblichen Topverdiener steht Merck-Chefin Belén Garijo mit 7,63 Millionen Euro Jahresgehalt, wie „Zeit“ berichtet.

Dahinter folgen Deutsche-Bank-Vorständin Rebecca Short (6,5 Millionen Euro) und Helen Giza, Chefin von Fresenius Medical Care (5,75 Millionen Euro). Zum Vergleich: VW-Chef Oliver Blume führt die Gesamtliste mit 11,56 Millionen Euro an, gefolgt von Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing (9,75 Millionen Euro).

Wirtschaftskrise drückt Gesamtvergütungen

Die allgemein schwierige Wirtschaftslage trägt ebenfalls zur Gehaltsentwicklung bei.

Der Rückgang der durchschnittlichen Vorstandsvergütungen um drei Prozent auf 2,65 Millionen Euro sei „vor allem der insgesamt eher schwachen Umsatz- und Gewinnentwicklung der Unternehmen geschuldet“, zitiert der „Stern“ den EY-Experten Maßmann. In Zeiten, in denen Unternehmen Kosten sparen und Ziele verfehlen, sind Gehaltssteigerungen schwer zu rechtfertigen – offenbar besonders für Frauen.

Business Punk Check

Der vermeintliche Fortschritt bei der Frauenquote entpuppt sich als zweischneidiges Schwert. Während Aufsichtsräte sich mit steigenden Frauenanteilen schmücken, etabliert sich gleichzeitig ein neuer Gender Pay Gap auf höchster Ebene. Die Botschaft an ambitionierte Managerinnen ist ernüchternd: Ihr dürft mitspielen, aber zu Discount-Konditionen.

Besonders pikant: Die Gehaltsschere öffnet sich ausgerechnet in einer Zeit, in der Unternehmen Diversity als Wettbewerbsvorteil predigen. Die wahre Machtfrage bleibt: Warum müssen gerade Frauen die Hauptlast der wirtschaftlichen Abschwächung tragen? Wer jetzt als Unternehmen bei Frauen spart, riskiert nicht nur Reputationsschäden, sondern auch den Verlust der besten Talente an progressivere Wettbewerber.

Häufig gestellte Fragen

  • Warum sinken die Gehälter weiblicher Vorstände trotz steigender Frauenquote?
    Mit steigender Frauenquote nimmt die Rarität weiblicher Führungskräfte ab. Neu berufene Vorständinnen steigen mit niedrigeren Gehältern ein, was den Durchschnitt drückt. Gleichzeitig nutzen Unternehmen die Wirtschaftslage, um bei Neuberufungen zu sparen – offenbar besonders bei Frauen.
  • Welche Branchen zeigen den größten Gender Pay Gap auf Vorstandsebene?
    Im DAX-Segment ist die Gehaltslücke mit fast einer halben Million Euro am größten. Besonders in traditionellen Industriekonzernen und Finanzinstituten verdienen Frauen deutlich weniger als ihre männlichen Kollegen, während Tech-Unternehmen tendenziell ausgeglichenere Vergütungsstrukturen aufweisen.
  • Wie können Unternehmen den Gender Pay Gap auf Führungsebene schließen?
    Fortschrittliche Unternehmen führen transparente Vergütungssysteme mit klaren Leistungskriterien ein, die geschlechtsneutral angewendet werden. Zudem helfen regelmäßige Gehaltsaudits, unbewusste Verzerrungen zu identifizieren. Entscheidend ist auch, die variablen Vergütungsbestandteile (70% der Gesamtvergütung) fair zu gestalten.
  • Welche wirtschaftspolitischen Maßnahmen könnten die Gehaltsschere schließen?
    Neben einer konsequenten Durchsetzung des Entgelttransparenzgesetzes könnten Quotenregelungen mit Vergütungstransparenz verknüpft werden. Zudem würden Steueranreize für Unternehmen mit nachweislich fairer Vergütungspraxis einen wirtschaftlichen Anreiz zur Gleichstellung schaffen.

Quellen: „Zeit“, „Stern“, „Spiegel“