Business & Beyond Global wachsen? Vergiss dein deutsches Erfolgsrezept!

Global wachsen? Vergiss dein deutsches Erfolgsrezept!

Die meisten deutschen Unternehmen scheitern bei der internationalen Expansion – nicht wegen zu kleiner Budgets, sondern weil sie ihr Heimatrezept einfach kopieren. Wer global erfolgreich sein will, braucht mehr als Geld.

Auf Basis unserer Erfahrungen scheitern etwa 86 Prozent der Unternehmen in den ersten sechs Monaten ihrer internationalen Expansion. Das zeigt, wie hart Märkte außerhalb der Heimat tatsächlich sind. Viele glauben, das Problem seien zu kleine Werbebudgets. Doch die Wahrheit ist unbequemer: Wer ohne Vorbereitung startet, verbrennt Geld – egal wie hoch die Summe ist.

Warum Firmen stolpern

Viele Unternehmen scheitern im Ausland nicht an schlechter Werbung, sondern an falschen Annahmen. Das deutsche Erfolgsmodell wird fast eins zu eins übertragen – ohne zu prüfen, wie Konsumenten im Zielmarkt tatsächlich ticken. Kulturelle Unterschiede, andere Kaufmotive oder abweichende Customer Journeys bleiben unberücksichtigt. Gleichzeitig setzen Firmen auf zentrale Steuerung und sparen an der Logistik. Die Folge: schlecht lokalisierte Shops mit deutlich höheren Abbruchraten im Checkout und Wachstumsräume, die schon beim Markteintritt platzen.
Ein zweiter, ebenso gravierender Fehler sind die Heimatmarkt-Scheuklappen. Nur weil ein Produkt in Deutschland Marktführer ist, heißt das nicht, dass es in Spanien, Frankreich oder Polen überhaupt jemand kennt. Konsument:innen dort vergleichen nicht mit deutschen Wettbewerbern, sondern mit den stärksten lokalen Playern. Und wer diese Realität unterschätzt, startet mit einem klaren Nachteil.

Vier Pfeiler für den Erfolg

Aus unseren Projekten zeigt sich: Wer erfolgreich expandieren will, muss vier Dinge auf dem Zettel haben.

  • Marktprüfung statt Bauchgefühl. Daten zu Nachfrage, Wettbewerb und Kaufhürden sind die Basis für jede Entscheidung. So wird früh klar, ob sich ein Einstieg lohnt oder ob er von vornherein scheitern würde. Entscheidend ist dabei eine Go-To-Market-Adaption, die nicht nur Sprache, sondern auch Kultur und Mediennutzung berücksichtigt. Nur so lassen sich Kampagnen auf die lokale Realität zuschneiden.
  • Anpassung statt Übersetzung. Eine Marke muss lokal relevant wirken, ohne ihre Identität zu verlieren. Oft sind es kleine Nuancen in Sprache, Design oder Tonalität, die über Akzeptanz oder Ablehnung entscheiden. Wer systematisch mit lokalen Kanälen und Creatorn arbeitet, baut dabei schneller Reichweite auf und etabliert sich als glaubwürdiger Player.
  • Kampagnen, die wirklich funktionieren. Statt globale Einheitsanzeigen ausrollen, gilt: klein anfangen, testen, optimieren und dann skalieren. Wer den Mut zu Micro-Tests hat, spart später Millionen. Dabei entsteht ein Lernsystem, das über Märkte hinweg besser wird und die Expansion Stück für Stück planbarer macht.
  • Logistik, die Vertrauen schafft. Von Zahlungsmethoden über Retouren bis zu Liefergeschwindigkeit – diese Grundlagen entscheiden stärker über Conversion als jede große Werbeidee. Eine leistungsfähige Infrastruktur mit angepassten Zahlungswegen und verlässlichen Logistikpartnern ist daher kein Nebenschauplatz, sondern ein echter Erfolgsfaktor.

Die kulturelle Dehnbarkeit

Marken müssen verstehen, wie weit sie sich anpassen können. In Deutschland zählt Sicherheit – Menschen vertrauen auf Siegel und Prüfzeichen. In Frankreich geht es hingegen stärker um Prestige und Ästhetik, während in Italien Emotionen und Hypes im Vordergrund stehen. Um die Sprache der Kunden zu sprechen, müssen solche Kaufmotive erkannt werden.
Was dabei häufig vergessen wird: Kultur ist nicht nur Kommunikation, sondern auch Verhalten. Italienische Kunden sind schneller bereit, über WhatsApp zu bestellen. Französische Konsumenten reagieren sensibel, wenn Herkunft und Nachhaltigkeit nicht transparent sind. Und in Skandinavien ist der Anspruch auf digitale Einfachheit so hoch, dass komplizierte Onboarding-Prozesse sofort zum Abbruch führen. Es sind also Details, die oft stärker über Erfolg oder Misserfolg entscheiden, als die große Werbeidee.

Geschwindigkeit schlägt Bürokratie

Neben kulturellem Verständnis ist Tempo ein weiterer großer Hebel. Zwischen Marktanalyse und dem ersten Verkauf können 40 Tage liegen. Ein erster Umsatz ist nach 40 bis 60 Tagen möglich. Während viele Unternehmen noch interne Abstimmungen führen, testen die Schnelleren bereits Produkte im Markt. Geschwindigkeit in Verbindung mit klaren Strukturen ist der entscheidende Vorteil gegenüber trägen Wettbewerbern. Dabei geht es allerdings nicht nur um Geschwindigkeit nach außen, sondern auch nach innen: wie schnell kann ein Unternehmen Entscheidungen treffen? Wie lang sind die Abstimmungsschleifen? Erfolgreiche Expansionsteams dürfen nicht wochenlang auf Freigaben warten – sonst geht das Momentum direkt wieder verloren.

Von Experimenten zu Planbarkeit

Die alte „ersuch und Irrtum-Methode ist heute zu teuer geworden. Fehler im Ausland kosten nicht nur Geld, sondern auch Zeit und Glaubwürdigkeit. Wer auf Daten setzt – von Nachfrage über Wettbewerb bis hin zu typischen Kaufhürden – kann Expansion planbar machen, um Unsicherheiten zu minimieren.

Hinzu kommen auch Lernschleifen über Märkte hinweg. Was in Spanien funktioniert, kann Hinweise für Italien liefern. Was in Polen scheitert, warnt vor ähnlichen Fehlern in Tschechien. Unternehmen können also mit jedem Markteintritt stärker werden, wenn sie bereit sind, aus vergangenen Erfahrungen zu lernen.

Fazit

Internationalisierung ist kein Glücksfall, sondern eine Frage von Vorbereitung, Tempo und kulturellem Verständnis. Wer diese Punkte ernst nimmt, hat eine Chance, Märkte zu erobern. Und wer glaubt, er könne einfach mehr Geld in Werbung stecken, wird dort scheitern, wo andere bereits Umsatz machen. Die mutigen Entscheider stellen heute die Weichen für die globale Marktführerschaft von morgen. Alle anderen bleiben nationale Player.

Über den Autor:

Carlos Schönig, CEO der Performance Marketing Agentur Globalist.
Der Mann berät Unternehmen beim Schritt in neue Märkte. Hier erklärt er, warum Internationalisierung in den seltensten Fällen am Budget scheitert – sondern fast immer daran, dass Firmen mit der falschen Haltung starten. Wer nur kopiert, verliert. Wer Tempo mit Struktur verbindet, kann gewinnen.