Business & Beyond JD.com: Konkurrenz für die eigene Tochter?

JD.com: Konkurrenz für die eigene Tochter?

Testlabor statt Erfolgsmodell

Interessanterweise widerspricht Joybuy sogar JD.coms eigener Erfolgsformel für den westlichen Markt. Firmengründer Richard Liu hatte laut „Handelsblatt“ im Juni erklärt, dass der Verkauf westlicher Marken, die auch bei Amazon erhältlich sind, keinerlei Wettbewerbsvorteil biete. Stattdessen wolle man 1000 chinesischen Marken zum Erfolg im Westen verhelfen – ein Prozess, der laut Liu etwa fünf Jahre in Anspruch nehmen werde.

Handelsexperte Graf vermutet daher, dass Joybuy primär als strategisches Testlabor dient. So bietet die Plattform in einigen deutschen Städten bereits Same-Day-Delivery an und experimentiert mit verschiedenen Preisstrategien. „Weil JD.com nun die Logistik und die Lager in Europa schon mal aufgebaut hat, nutzt das Unternehmen Joybuy jetzt als Testballon“, erklärt Graf. Diese Erkenntnisse könnten später für Media Markt und Saturn genutzt werden.

Business Punk Check

Die JD.com-Strategie offenbart ein typisches Problem chinesischer Tech-Giganten in Europa: Sie unterschätzen systematisch kulturelle Unterschiede und Qualitätserwartungen. Während in China ein „Launch fast, fix later“-Ansatz funktioniert, erwarten deutsche Konsumenten von Anfang an Perfektion. Der wahre Plan hinter Joybuy dürfte weniger der kurzfristige Markterfolg sein, sondern vielmehr das Sammeln von Nutzerdaten und das Testen von Logistikmodellen.

Für Media Markt und Saturn bedeutet das: Sie werden zum teuer erkauften Experimentierfeld für JD.coms Europa-Ambitionen. Etablierte Händler sollten diesen Ansatz genau studieren – nicht um ihn zu kopieren, sondern um die langfristige Strategie dahinter zu verstehen: Marktanteile durch Übernahmen sichern, parallel eigene Infrastrukturen aufbauen und dann schrittweise die Synergien nutzen.

Häufig gestellte Fragen

  • Welche Strategie verfolgt JD.com tatsächlich mit dem parallelen Betrieb von Joybuy und Ceconomy?
    JD.com nutzt einen zweistufigen Ansatz: Mit Ceconomy kauft man etablierte Marktpräsenz und Kundenzugang, während Joybuy als Experimentierfeld für neue Logistikmodelle, Preisstrategien und chinesische Marken dient. Langfristig werden erfolgreiche Konzepte von Joybuy auf Media Markt und Saturn übertragen.
  • Wie sollten deutsche Händler auf die Expansionsstrategie chinesischer E-Commerce-Giganten reagieren?
    Statt in Panik zu verfallen, sollten etablierte Händler ihre Kernstärken ausbauen: lokale Kundennähe, nahtlose Omnichannel-Erfahrungen und hochwertige Beratung. Gleichzeitig empfiehlt sich der Aufbau eigener, schneller Lieferstrukturen, da hier der größte Wettbewerbsvorteil chinesischer Plattformen liegt.
  • Welche Chancen bietet die JD.com-Expansion für deutsche Marken und Hersteller?
    Für deutsche Hersteller eröffnet sich potenziell ein direkter Zugang zum chinesischen Markt. Wer früh mit JD.com kooperiert, könnte bevorzugten Zugang zu deren Plattform in China erhalten. Allerdings sollten Marken ihre Positionierung und Preisstrategien genau definieren, um Kannibalisierungseffekte zu vermeiden.
  • Wie wird sich die Übernahme auf die Arbeitsplätze bei Media Markt und Saturn auswirken?
    Kurzfristig dürften kaum Änderungen spürbar sein. Mittelfristig wird JD.com jedoch verstärkt auf Automatisierung und Logistikoptimierung setzen – wie bereits bei Ochama praktiziert. Besonders im Logistikbereich sind Umstrukturierungen wahrscheinlich, während Beratungsfunktionen zunächst erhalten bleiben dürften.

Quellen: „Handelsblatt“

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