Business & Beyond „Größer als Microsoft, Google, Amazon“: So können Investor:innen jetzt schon in die KI-Revolution einsteigen

„Größer als Microsoft, Google, Amazon“: So können Investor:innen jetzt schon in die KI-Revolution einsteigen

Künstliche Intelligenz wird zum Wachstumstreiber desnächsten Tech-Zeitalters – mit milliardenschweren Folgen für Kapitalmärkte. Doch viele der aussichtsreichsten Firmen sind für Anleger:innen kaum zugänglich. Ein Investor erklärt, wie man dennoch bereits jetzt investieren kann.

Als Investor bin ich es gewohnt, mit Hypes und Wundererzählungen von quasi unbegrenztem Wachstum konfrontiert zu werden. Doch auf meiner letzten Reise ins Silicon Valley und nach Austin wurde mir etwas klar, das sich deutlich von allem bisherigen unterschied: Künstliche Intelligenz kann kein Hype sein.

Ich sprach dort mit Gründer:innen, Forscher:innen und Investor:innen. Wer hier wirklich zuhört, kann selbst mit einer gehörigen Prise Pessimismus seine Augen nicht mehr davor verschließen, dass das der Beginn eines neuen Supercycles ist. Die nächste Generation globaler Tech-Champions entsteht jetzt. Sie werden größer sein als Google, Microsoft oder Amazon. Die Kapitalmärkte geben dieser Erzählung bereits recht, Nvidia hat Amazon in der Marktkapitalisierung klar hinter sich gelassen. Das sollte nicht als Einzelfall abgetan, sondern als Vorbote einer neuen Marktordnung erkannt werden.

Um zu verstehen, warum es sich hier um einen so tiefgreifenden Wandel handelt, lohnt sich ein Blick auf die Struktur des Marktes: Wer entwickelt, wer ermöglicht, wer adaptiert? Die Grundlage bieten die Entwickler der Large-Language-Modells bzw. Foundation Models. Dazu gehören OpenAI mit seinen GPTs, Google mit Gemini und xAI mit dem bisher nicht näher benannten Foundation Model für den Chatbot Grok, aber auch das französische Unternehmen Mistral mit seinem Modell. Letzteres stellt, wie auch Meta mit seinem Modell Llama, den Code als Open-Source für alle zugänglich zur Verfügung. Die immense Wertschöpfung dieser Unternehmen liegt vor allen darin, dass ihre Modelle einen immer breiteren Raum an möglichen Fähigkeiten eröffnen und aus den ihnen bereit gestellten Daten immer zutreffendere und bedeutsamere Schlüsse ziehen können.

Die immense Größe und die komplexen Trainiervorgänge der Modelle haben die Unternehmen, die die nötige Hardware dafür bereitstellen, bereits jetzt zu Giganten gemacht. Nvidia ist mit seinen Chips bekanntlich ganz vorne mit dabei, aber Konkurrenten holen auf. Erst jüngst ist OpenAI erstmalig seit 2019 aus seiner Exklusivität mit Microsoft ausgeschert, um sich auch einen Zugang zu Googles Tensor Processing Unitszu sichern. Gleichzeitig sind auch die Cloud-Kapazitäten der Tech-Giganten von elementarer Bedeutung. Hier liegt Amazon mit AWS ganz vorn, gefolgt von Microsoft und Google.

Die dritte Gruppe der vom AI-Boom profitierenden Unternehmen ist ein Schwarm an Zigtausenden-Startups, die basierend auf den Foundation Models ihre eigenen, spezialisierten KI-Tools, -Agents und -Services anbieten. Viele dieser Startups operieren bereits mit offenen Modellen und konzentrieren sich auf Workflow-Integration, UX und ihre jeweilige Branchenkompetenz. Hier liegt das Wertschöpfungspotenzial besonderes am Zugang zu den für das Training notwendigen Daten und dem besonderen Verständnis für die Problemlösungsbedürfnis der jeweiligen Branche.

Die große Frage lautet nun: Wie können Investor:innen sich nun an dem Boom dieser Unternehmen beteiligen? Die Antwort darauf ist gar nicht so leicht, denn ein Großteil der Firmen, die diesen monumentalen Wandel gestalten werden, sind nicht an der Börse. Dennoch gibt es Möglichkeiten.

Erstens: gezielte Investments in die börsennotierten Unternehmen, die die Infrastruktur für den KI-Boom bereitstellen. Die Techgiganten, die mit ihrer Rechenleistung, ihren Cloud-Strukturen oder ihre Chips das Training und die Skalierung der komplexen KI-Modelle möglich machen, sind allein wegen des gigantischen Kapitalbedarfs ihrer Unternehmen seit Jahren an der Börse und haben auf Basis ihrer Teilhabe am AI-Wunder jüngst eine großartige Performance an der Börse hingelegt.

Zweitens: Beteiligungen über spezialisierte Fonds mit Fokus auf KI und Frühphasen-Technologie. Diese investieren dort, wo klassische Analyse noch keine belastbaren Multiplesliefert, sondern Marktkenntnis, Netzwerk und Intuition gefragt sind. Dies gilt sowohl für die Entwickler der Grundlagen-Modelle, als auch die der anwendungsnahen Tools und Services, bei denen wir auch in Deutschland etliche äußert vielversprechende Start-Ups verzeichnen dürfen.

Wer in diesem Umfeld investieren möchte, braucht mehr als Kapital. Entscheidend sind Kontext, Nähe zu den richtigen Gründer:innen und ein Verständnis dafür, wo sich in der Frühphase echte Skalierungspotenziale abzeichnen. Wer hier gerne mal Wochen vor Anderen mal unter der Hand ein Pitchdeck oder Entwicklungszahlen bekommt, ist klar im Vorteil. Klüngel kann Kalifornien mindestens so gut wie Köln. Dazu kommt: Viele der Start-ups, die ich in den letzten Jahren kennengelernt habe, arbeiten nicht nur an technischen Lösungen, sondern an fundamentalen Reibungspunkten ganzer Branchen. Und sie tun das oft weit abseits der großen Konferenzbühnen und haben auch auf LinkedIn keine große Klappe. Man muss also schon sehr genau hinschauen.

Gerade jetzt in einer Phase, in der sich Marktlogiken neu ordnen, Strukturen verflüssigen und die Eintrittsbarrieren für Investoren hoch bleiben, ist die Zeit, sich diese Zugänge zu schaffen. In den USA entstehen rund um San Francisco, New York und Austin Ökosysteme, die enormes Kapital binden, aber nur begrenzte Öffnungen für externe Investor:innenerlauben. Wer hier partizipieren will, braucht verlässliche Anknüpfungspunkte. In Europa sehen wir parallel auch den Aufbau eigenständiger Deep-Tech-Cluster, in Deutschland wohl am stärksten in München. Ja, der AI-Act ist ein Dorn im Auge aller AI-Innovatoren. Aber was industrielle Anschlussfähigkeit und Talentdichte angeht, braucht sich dieser Standort wahrlich nicht verstecken. 

Ich bin überzeugt: Der technologische Umbruch, den wir gerade erleben, ist nicht mit früheren Innovationswellen vergleichbar – weder in seiner Geschwindigkeit noch in seiner Kapitalintensität bei Input und Output. Deshalb ist es jetzt entscheidend, diese Dynamik nicht nur zu beobachten. Wer wartet, bis sich Strukturen verfestigt haben, wird später nur noch am Rand mitspielen. Wer hingegen heute sich die richtigen Brücken baut – oder bauen lässt – gestaltet aktiv mit. Und genau dort liegt die Chance.

Über den Autor:

Carsten Puschmann ist Seriengründer und Start-up-Investor und zählt zu den führenden Köpfen des deutschen Innovations-Ökosystems sowie der Digitalwirtschaft. In seiner Rolle als Brückenbauer zwischen Family Offices und Startups fokussiert er sich auf Wachstum und Innovation und will dadurch Dinge vorantreiben, ändern und optimieren. Er ist aktiver Speaker, fungiert als Jurymitglied und bringt auf seinen „Dinner Nights“ Akteure aus Politik und Wirtschaft zusammen.