Business & Beyond Lärmgutachten, Hygieneschulung, doppelter TÜV: Volksfeste ersticken in Bürokratie

Lärmgutachten, Hygieneschulung, doppelter TÜV: Volksfeste ersticken in Bürokratie

Die Behörden verlangen nämlich zusätzlich eine große Zahl von Nachweisen. Nach einer Aufstellung des Deutschen Schaustellerbundes (DSB) zählt dazu die Vorlage eines vollständigen Sicherheitskonzeptes vorab bei Stadt und Polizei. Dies hat zu enthalten: Fluchtwege, Notfallpläne, Evakuierungskonzepte, Kommunikationswege. Und es muss durch qualifizierte Fachbüros erstellt werden (Kosten oft 5.000 – 20.000 €).  Hinzu kommt natürlich ein obligatorischer Sanitätsdienst, der je nach kommunaler oder Landesregelung sehr unterschiedlich ausgestaltet werden muss – vom einfachen Krankenwagen bis hin zu komplett ausgestattetem Rettungsfahrzeug mit ständig präsenten Notärzten. Kostet bis zu etlichen tausend Euro pro Tag.

Brandschutz – auch ein bis ins Kleinste ausgestaltetes Vorschriftenwerk: Das Vorhalten von Feuerlöschern, Löschwasseranschlüssen, Hydranten ist Pflicht. Die Abstände zwischen Ständen oder Wagen sind mit meist 3–5 Meter vorgeschrieben. Keine brennbaren Materialien sind erlaubt ohne Schutzmaßnahmen, Zelte brauchen Brandschutzgutachten und Notbeleuchtung, so die Landesbauordnungen und die VStättVO. Rettungswege müssen sichtbar markiert und von der Feuerwehr offiziell abgenommen werden – auch auf unbebauten Wiesen. Praktisch bedeutet das: Absperrbänder oder Asphaltmarkierungen auf Grasflächen. Kritik der Verbände: „Jeder sieht, wo der Ausgang ist – dafür braucht es kein Bauamt.“ Aber darüber lässt sich offenbar streiten.

Wohlgemerkt: Die Sicherheit der Gäste und Veranstalter kann und darf keinen Kompromissen unterliegen; weder Schaustellerverbände noch Verwaltungen würden sich da im Zweifel Nachlässigkeit vorwerfen lassen. Ob die Ausgestaltung im einzelnen allerdings sachdienlich und zweckmäßig ist, ist natürlich eine Ermessensfrage.

Etwas anderes ist die Sammlung, teils ein regelrechtes Sammelsurium, feinster kleinteiliger Regulierung. Darunter: Die Begrenzung der Musiklautstärke auf beispielsweise höchstens 70 dB an der Grundstücksgrenze nachts. Was „nachts” ist, weiß die Behörde auch: Strikte Endzeiten sind einzuhalten, oft 22:00 oder allenfalls 23:00 Uhr. Natürlich muss das alles nachgewiesen werden. Dazu dient eine detaillierte Dokumentation durch Lärmmessungen gemäß der TA Lärm, präzisiert durch kommunale Sondernutzungserlaubnisse. In Hessen musste 2025 ein kleiner Verein über 3 000 Euro für ein Schallschutzgutachten zahlen – obwohl es bei dem seit Jahrzehnten stattfindenden Fest nie Beschwerden gab, so der Hessische Schaustellerverband in einer Aufstellung. Ein Verein sagte sein Fest 2025 ab, weil das an die 5000 Euro teure Gutachten seine Mittel aufgefressen hätte.

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