Business & Beyond Lufthansa im Sinkflug: KI soll den Kranich retten

Lufthansa im Sinkflug: KI soll den Kranich retten

Europas größter Luftfahrtkonzern streicht 4000 Stellen und setzt auf radikale Digitalisierung. Während die Gewerkschaften auf die Barrikaden gehen, plant Lufthansa-Chef Spohr eine KI-Revolution im Konzern.

Der Kranich steckt in Turbulenzen. 4000 Jobs will die Lufthansa bis 2030 streichen – doch das ist nur der Anfang eines umfassenden Konzernumbaus. Mit einem Gewinn von 127 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2025 hat der Konzern zwar die Verlustzone des Vorjahres verlassen, liegt aber weit unter dem Vorkrisenniveau. Besonders die Kernmarke schwächelt mit 300 Millionen Euro Verlust im selben Zeitraum.

Digitale Transformation statt analoger Ballast

Hinter den Kulissen arbeitet Lufthansa-Chef Carsten Spohr an einer digitalen Revolution. Während nach außen vor allem die Stellenstreichungen kommuniziert werden, setzt der Konzern intern auf massive KI-Implementierung. Laut „wiwo“ sollen künftig zentrale „Group Function Boards“ die bisher getrennten Management-Strukturen der Tochtergesellschaften Swiss, Austrian Airlines, Brussels Airlines und ITA Airways ersetzen.

Die veraltete IT-Infrastruktur des Konzerns wird dabei komplett neu aufgesetzt. Portfoliomanagerin Camélia Cagnoli von Union Investment bestätigt: „Das hat natürlich jetzt bereits seinen Teil der Verbesserung der Finanzergebnisse beigetragen“, so die Expertin laut „tagesschau“. Besonders die Zusammenlegung der IT-Systeme, die bisher von jeder Airline separat betrieben wurden, zeigt erste Erfolge.

KI gegen Kerosinverbrauch und Kostenfalle

Besonders problematisch für die Lufthansa: ihre überalterte Flotte. „Hier wird das größte Sparpotenzial liegen, denn je älter die Flotte, desto ineffizienter, gerade was den Kerosinverbrauch angeht“, erklärt Cagnoli laut „tagesschau“. Da neue Flugzeuge von Boeing und Airbus auf sich warten lassen, setzt der Konzern auf KI-gestützte Optimierungssysteme.

Diese sollen künftig Flugrouten, Treibstoffverbrauch und Wartungsintervalle präziser berechnen. Wie „fr“ berichtet, könnte die Lufthansa durch diese Maßnahmen bis zu 40 Prozent Effizienzsteigerung erreichen. Gleichzeitig warnt Luftfahrtexpertin Yvonne Ziegler: „Das heißt, wenn der Kerosinpreis wieder ansteigen sollte, dann sieht es mittel- und langfristig schlecht aus“, so die Professorin laut „tagesschau“.

Standortnachteil Deutschland und globale Herausforderungen

Neben internen Problemen kämpft die Lufthansa mit externen Faktoren. „Die sind auch ziemlich gestiegen an etlichen deutschen Flughäfen, auch im internationalen Vergleich. Und das macht natürlich das Leben für die Lufthansa nicht einfacher“, erklärt Ziegler laut „tagesschau“ zu den Standortgebühren.

Dazu kommen schwächelnde Märkte in Asien und Nordamerika. Die Hoffnung liegt auf dem angekündigten Infrastrukturprogramm der Bundesregierung. „Nicht zuletzt natürlich das Infrastrukturprogramm, wo man sich vieles erhofft. Das könnte vielleicht auch zu einer Belebung bei Dienstreisen führen“, sagt Cagnoli laut „tagesschau“.

Gewerkschaften in Alarmbereitschaft

Die Transformation stößt auf Widerstand. Verdi-Verhandlungsführer Marvin Reschinsky kritisiert: „Die Beschäftigten der Lufthansa haben dem Kranich nach der Corona-Krise wieder Flügel verliehen. Jetzt dürfen sie nicht zu den Leidtragenden des Sparkurses werden.“ Wie „fr“ berichtet, haben die Piloten bereits mit großer Mehrheit für Streiks gestimmt.

Personalvorstand Michael Niggemann versucht zu beschwichtigen: „Es wird dauern, bis klar ist, wo welche Funktion und Stelle abgebaut werden.“ Der „Höhepunkt des Stellenabbaus“ werde erst 2027/2028 erreicht. Dabei betont er, dass die KI-Transformation nicht mit dem „Rasenmäher“ umgesetzt werde.

Business Punk Check

Die Lufthansa-Strategie offenbart ein klassisches Dilemma: Während der Konzern nach außen von Digitalisierung und KI spricht, geht es intern vor allem um knallharte Kostensenkung. Die versprochene Gewinnmarge von 8 bis 10 Prozent ist mit reiner Digitalisierung nicht zu erreichen – dafür müssten echte 2 Milliarden Euro eingespart werden.

Die wahre Innovation wäre ein radikaler Kulturwandel: Weg vom trägen Staatskonzern-Denken, hin zu agilen Entscheidungsprozessen. Während Konkurrenten wie Emirates oder Turkish Airlines längst KI-gestützte Systeme für Preisgestaltung und Routenoptimierung nutzen, hinkt die Lufthansa technologisch hinterher. Der Konzern muss entscheiden: Echte digitale Transformation oder bloßes Downsizing mit Tech-Buzzwords? Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen – und genau das ist das Problem.

Häufig gestellte Fragen

  • Wie realistisch ist Lufthansas KI-Transformation angesichts der veralteten Konzernstrukturen?
    Die Transformation steht vor enormen Hürden: Veraltete IT-Systeme, unterschiedliche Prozesse in den Tochtergesellschaften und eine Unternehmenskultur, die Veränderungen oft blockiert. Erfolg hängt davon ab, ob Lufthansa bereit ist, nicht nur in Technologie, sondern auch in kulturellen Wandel zu investieren – was bisher nicht erkennbar ist.
  • Welche konkreten Vorteile bietet KI für Fluggesellschaften jenseits des Marketing-Hypes?
    KI kann in drei Kernbereichen echten Mehrwert schaffen: Dynamische Preisgestaltung (bis zu 15 % Umsatzsteigerung), Wartungsoptimierung (Reduzierung ungeplanter Ausfälle um bis zu 30 %) und Treibstoffmanagement (3-5 % Einsparung). Besonders mittelständische Zulieferer könnten von dieser Entwicklung profitieren, wenn sie frühzeitig entsprechende Lösungen anbieten.
  • Wie wirkt sich die Lufthansa-Transformation auf den deutschen Luftfahrtstandort aus?
    Die Transformation könnte mittelfristig zu einer Verlagerung von Kompetenzzentren ins Ausland führen. Gleichzeitig entstehen Chancen für den Tech-Standort Deutschland, wenn die richtigen regulatorischen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Unternehmen sollten jetzt Kooperationen mit Forschungseinrichtungen im KI-Bereich suchen, um von dieser Entwicklung zu profitieren.
  • Welche Branchen werden von der Airline-Digitalisierung am stärksten profitieren?
    Neben offensichtlichen Tech-Unternehmen werden besonders Datenanalyse-Spezialisten, Predictive-Maintenance-Anbieter und Unternehmen im Bereich nachhaltiger Luftfahrttechnologien gewinnen. Der Mittelstand sollte hier gezielt nach Nischen suchen, etwa bei spezialisierten Sensortechnologien oder Effizienzlösungen für Bodenprozesse.

Quellen: „wiwo.de“, „fr.de“, „tagesschau.de“