Business & Beyond Merz-Graffiti-Skandal: Rechtswidrige Razzia bei Juso-Chefin erschüttert Justiz

Merz-Graffiti-Skandal: Rechtswidrige Razzia bei Juso-Chefin erschüttert Justiz

Rechtswidrige Hausdurchsuchung bei einer 17-jährigen Juso-Vorsitzenden im Merz-Graffiti-Fall wirft grundlegende Fragen zur Rechtssicherheit auf. Ein Fall mit brisanten politischen Dimensionen und fragwürdigen Ermittlungsmethoden.

Die Razzia kam mit voller Wucht. Mehrere bewaffnete Polizisten stürmten im April die Wohnung der damals 17-jährigen Juso-Vorsitzenden Nela Kruschinski im sauerländischen Menden. Der Vorwurf: Sie soll Anti-Merz-Graffitis an eine Schützenhalle gesprüht haben. Laptop, Handy und Notizbücher wurden beschlagnahmt – mitten in der Abiturphase der Schülerin. Doch jetzt das vernichtende Urteil des Landgerichts Arnsberg: Die gesamte Durchsuchung war rechtswidrig. Ein Fall, der nicht nur juristische, sondern auch politische Wellen schlägt.

Fragwürdige Ermittlungsgrundlagen

Die Basis für die Razzia war erschreckend dünn. Laut „FAZ“ stützte sich die Polizei auf zwei Hinweise: Eine Zeugin will in der Tatnacht zwei junge Menschen nahe der Schützenhalle gesehen haben – konnte jedoch niemanden identifizieren. Das Landgericht bewertete diese Aussage als „ersichtlich nicht geeignet“.

Hinzu kam ein anonymer Zettel, der die Ermittler aufforderte, Kruschinski „ins Visier“ zu nehmen – ohne jegliche inhaltliche Begründung. Dem Hinweis attestierte das Gericht „keinerlei sachliche Qualität“, wie „FAZ“ berichtet. Besonders brisant: Die Zeugenvernehmung führte ausgerechnet ein CDU-Kommunalpolitiker durch, der gleichzeitig Polizist und Mitglied des Schützenvereins war, dem die beschmierte Halle gehört. Einen Interessenkonflikt wies er zurück.

Verfahrensmängel und politische Brisanz

Das Landgericht Arnsberg kritisierte den gesamten Verfahrensablauf scharf als „rechtsstaatlich bedenklich“, so „zdfheute.de“. In den Akten fehlte der formelle Antrag der Staatsanwaltschaft auf Durchsuchung – ein elementarer Verfahrensfehler. Stattdessen hatte die Polizei die Razzia angeregt und die Staatsanwaltschaft lediglich telefonisch zugestimmt.

Der frühere NRW-Justizminister Thomas Kutschaty, der als Anwalt Kruschinski vertritt, zeigte sich gegenüber der Plattform „beck-aktuell“ „sehr verwundert über das Vorgehen von Polizei und Staatsanwaltschaft, er habe das so noch nie gesehen“, wie „zdfheute.de“ dokumentiert. Die Beschwerde, die er für seine Mandantin einlegte, hatte Erfolg – das Landgericht gab ihr am 1. August vollumfänglich statt.

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