Neues aus der Herzkammer der deutschen Wirtschaft: Thyssenkrupp zerlegt sich weiter
Geht es auch eine Nummer kleiner? „Thyssen-Krupp soll zerschlagen werden“ lautet die jüngste Dramazeile aus der Herzkammer der deutschen Wirtschaft. Das war es also mit diesem Konzern, der einmal zu Deutschland gehörte wie Volkswagen und die Deutsche Bank. Doch Moment mal.
Die Geschichte von Thyssenkrupp ist die ewige vom Aufstieg und Niedergang einer Dynastie. Wobei – da geht es schon los: Thyssen und Krupp, das waren zwei Montankonzerne aus dem alten industriellen Mittelpunkt Deutschlands, dem Ruhrgebiet, das längst schon mehrere Bypässe bekommen hatte, als sich die beiden notgedrungen vor mehr als einem Vierteljahrhundert zusammenschlossen. Beide waren nur noch Schatten ihrer selbst, Thyssen zum Beispiel hatten die Eigner und Erben gleich mehrmals zerlegt. Die meisten Firmen vereinte Heinrich Thyssen in einer selbstständigen Unternehmensgruppe namens Thyssen-Bornemisza und übersiedelte damit 1932 ins schöne schweizerische Lugano. Sein Sohn führte das Konglomerat, das etwa Immobilien, Satellitenantennenproduzenten und Pumpenhersteller vereint, von Malta aus weiter. Bei Krupp wiederum war das Schah-Regime aus Persien Großaktionär, was nicht zum Gedeihen beitrug. Thyssenkrupp hat also eine wechselhafte Historie, die seit Jahrzehnten zudem davon geprägt ist, dass sich die Montanindustrie in Hochlohnländern nicht mehr rechnet.
Jetzt hat das Thyssenkrupp-Management den nächsten Schritt beschlossen. All das, was der 96000 Mitarbeiter starke Weltkonzern so macht, soll nach Branchen sortiert in eigene Unternehmen entlassen werden: die Wasserstoff-Herstellung, den Marine-Zweig, das Stahl-geschäft, die Automobil-Zulieferung und anderes mehr. Obendrüber thront eine Holding, die den hergebrachten Namen trägt und natürlich deutlich kleiner ausfallen kann, als die Verwaltung des Weltkonzern derzeit noch ist. Bis auf weiters will die Holding die Mehrheit an ihren Beteiligungen halten, aber klar ist auch: Der Ruhrkonzern unternimmt diesen Schritt nicht, wenn er nicht die Absicht hätte, einzelne der in die Selbständigkeit entlassenen Unternehmen ganz zu verkaufen.Eine Zerschlagung ist das trotzdem nicht. Denn erstens handelt der Konzern aus eigenem Antrieb. Und zweitens schlägt er nur ein neues Kapitel in seiner langen Unternehmensgeschichte auf. Das Buch ist noch nicht zu Ende geschrieben.