Business & Beyond Palantir: Reich des Bösen oder Wunderwaffe für die Polizei?

Palantir: Reich des Bösen oder Wunderwaffe für die Polizei?

Die US-Software könnte bundesweit zur Verbrecherjagd eingesetzt werden. Doch die SPD stemmt sich dagegen. Nicht weil sie das Produkt schlecht findet, sondern seine Macher. Wie ticken Peter Thiel und Alex Karp also wirklich?

Für die einen ist es das Reich des Bösen, für die anderen die Wunderwaffe in der Polizeiarbeit: In der schwarz-roten Koalition gibt es Streit um den Einsatz der Analyseplattform „Vera“, die der des US-Herstellers Palantir der Polizei zur Verfügung stellt. Das Bundesinnenministerium von Ressortchef Alexander Dobrindt kann sich die Verwendung der Software bei der Bundespolizei und dem Bundeskriminalamt (BKA) vorstellen, die SPD lehnt das ab. Dabei geht es nicht um das Produkt, sondern um die, die dahinterstehen. Sie passen der SPD nicht.

Das Produkt nämlich loben alle: Es durchforstet Datenbanken der Polizei, um Querverbindungen zu entdecken, die den Ermittlern sonst vielleicht nicht auffallen. Das soll Ermittlern helfen, potenziellen Tätern auf die Spur zu kommen, bevor sie eine Straftat begehen können. Die SPD stört sich aber daran, dass der Trump-Unterstützer und deutschstämmige Milliardär Peter Thiel an der Spitze des Verwaltungsrats in dem US-Unternehmen sitzt. Er sei „ein Demokratiefeind von besonders bedrohlichem Kaliber“, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Sebastian Fiedler dem Handelsblatt. „Es ist wirklich nicht vermittelbar, dass wir diesen Typen ausgerechnet aus Steuermitteln, die wir den Sicherheitsbehörden zur Verfügung stellen, finanziell fördern.“ In der Unions-Bundestagsfraktion sieht die CSU-Innenpolitikerin Mechthilde Wittmann das anders.

Das System „Vera“ habe sich beim bayerischen Landeskriminalamt bereits bewährt und solle deswegen auch auf Bundesebene zur Kriminalitätsbekämpfung eingesetzt werden. Auch in Nordrhein-Westfalen ist die Software im Einsatz und bekommt von den Polizisten gute Noten: „Weltweit reicht nichts an die Software von Palantir ran. Deshalb wird sie rund um den Globus von Polizeien und Geheimdiensten genutzt“, betont Ernst Herget, Mitglied im Landesvorstand der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Die Software leiste der Polizei in NRW „immens wichtige Dienste“, so Herget. Dabei nutze sie nur ohnehin zugängliches Material. Die Software konnte in NRW jedoch erst nach einer Änderung des Landespolizeigesetzes ab Mai 2022 zur regulären Anwendung freigegeben werden.

Warum also wendet sich die SPD so vehement gegen die zur Verbrecherjagd hilfreiche Software? Der Mann, der das geheimnisumwitterteste Unternehmen der Welt operativ leitet, heißt nicht Peter Thiel, sondern Alexander Karp. Auch er spricht fließend Deutsch, fühlt sich tief in der deutschen Gedankenwelt verwurzelt und verzieht sich, wenn er nicht gerade in Denver, London oder zum Beispiel München in seinem Arbeitszimmer sitzt, in eine bessere Hütte an der kanadischen Grenze zurück. „Mitten im Wald liegt sie“, beschreibt er. Er fühle sich wohl hier, weil sie ihn an die Romane von Karl May erinnere.

Karp, der also Winnetou und Old Shatterhand liebt, ist als Chef von Palantir möglicherweise der reichste CEO der Welt, irgendwo auf einer Umlaufbahn mit Elon Musk, den er sehr schätzt. Die Palantier-Aktie ist in den vergangenen zwölf turbulenten Monaten um 428 Prozent nach oben geschossen, das Unternehmen hat eine Marktkapitalisierung von 320 Milliarden Dollar – etwa soviel wie der deutsche Softwaregigant SAP. Der 57-jährige hat Jura in den USA studiert, bevor er bei Jürgen Habermas und Karola Brede Vorlesungen zur Sozialpsychologie in Frankfurt hörte und hier auch promovierte.

Er ist der Nachfahre deutscher Auswanderer. „Ich hatte, bis ich in Deutschland war, sehr unterschätzt, wie deutsch meine Erziehung war“, sagt er. Eigentlich sei er nur durch Zufall nach seiner Promotion wieder in den USA gelandet, der Job war es halt. Was deutsch sei? Nicht beim zweiten Treffen zu sagen „Ich liebe Dich“. Eine Meinung zu haben, die nicht ungefähr der von jedem anderem entspreche. Den Sachen auf den Grund zu gehen.  

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