Business & Beyond Von N26 bis Top-Quartile-Growth – Robin Haak über Gründergeist, US-Learnings & Disziplin als Wettbewerbsvorteil

Von N26 bis Top-Quartile-Growth – Robin Haak über Gründergeist, US-Learnings & Disziplin als Wettbewerbsvorteil

Robin Haak ist Gründer, Investor und seit Jahren fester Bestandteil des europäischen Tech-Ökosystems – vom Aufbau des Axel Springer Plug & Play Accelerators, über die Mitgründung von Jobspotting und den Merger zum Unicorn SmartRecruiters, zur COO Rolle in die USA und der Akquisition durch SAP, bis hin zum Aufbau des €600 Mio AUM Growth-Fonds Revaia und schließlich der Gründung seiner eigenen Investment-Plattform als Solo-GP “Robin Capital”. Als jemand, der Erfahrung in allen Rollen – als Gründer, Manager, Advisory Board Mitglied und Investor – weiß er sowohl wie man in der Early als auch Growth-Stage gegen internationale Konkurrenz gewinnt als auch welche US-Learnings in Europa noch fehlen und warum Disziplin bei Bewertungen oft entscheidender ist als Geschwindigkeit.

Sherin: Robin, du bist in Hannover aufgewachsen, hast in Hamburg studiert – und bist dann direkt in die Startup- und VC-Welt eingestiegen. Wie kam es zu diesem Sprung?

Robin: Ich war nach meinem MBA auf der Suche nach etwas Unternehmerischem und bin zu Axel Springer gekommen. Erst war ich im Bereich „Elektronische Medien“, mit Projekten in M&A, Portfolioarbeit und Due Diligence. Dort habe ich Gründer wie Johannes Reck von GetYourGuide oder Jörg Gerbig von Lieferando kennengelernt und gemerkt, dass mich diese Welt reizt.

Sherin: Und dann hast du am Accelerator-Programm mitgearbeitet.

Robin: Genau. Zusammen mit Kollegen habe ich den Axel Springer Plug & Play Accelerator aufgebaut. Zu Beginn ohne fertiges Logo oder Prozess, aber mit der klaren Mission, Gründer in einer sehr frühen Phase zu unterstützen. Eines unserer ersten Investments war N26, damals noch im Pivot von einer Kreditkartenlösung für Kinder zu einer vollwertigen Bank.

Sherin: Stark, das hat dich dann auch inspiriert, selbst Gründer zu werden?

Robin: Ja, mit drei Ex-Google-Engineers habe ich Jobspotting gegründet: eine personalisierte Jobplattform, die mithilfe von KI Nutzern passende Stellen empfahl, ähnlich wie Spotify Musik oder Netflix Filme empfiehlt.

Sherin: Und wie kam es zum Merger mit SmartRecruiters?

Robin: Wir hatten eine Partnerschaft aufgebaut, und daraus entstand die Idee zum Merger. Statt Earn-Outs gab es einen Anteilstausch, was für beide Seiten attraktiver war. Ich bin nach San Francisco gezogen, wurde Geschäftsführer und habe das Wachstum von 100 auf fast 600 Mitarbeiter und über 100 Millionen ARR begleitet.

Sherin: Was waren deine größten Learnings aus der Zeit in den USA?

Robin: Zum einen die Professionalität im Enterprise Sales. Kunden wie Bosch bedeuteten globale Rollouts über 18 Monate in mehr als 100 Ländern. Zum anderen das Fundraising auf Top-Niveau – von Series D bis E mit Investoren wie Insight Partners und Silver Lake. Die Ambition und Geschwindigkeit dort haben mich stark geprägt.

Sherin: Nach deinem US-Kapitel bist du zurück nach Europa. Wie kam dann der Wechsel auf die Investorenseite zu Revaia?

Robin: Ich hatte nach meiner Zeit bei SmartRecruiters Angebote von EQT, StepStone und Revaia. Revaia hat mich gereizt, weil es ein First-Time-Growth-Fund war, der sehr unternehmerisch war. Wir haben alles von Grund auf aufgebaut: Branding, Team, Prozesse. Unser Fokus lag auf Series-C-Investments, typischerweise 25-Millionen-Tickets für 30 – 40-Millionen-Runden.

Sherin: Du warst inmitten des Investment Peaks bei Revaia – eine Zeit, die geprägt von Bewertungsspitzen und riesigen Dealvolumina geprägt war. Ihr habt euch aber bewusst gegen die damalige Bewertungs-Euphorie gestellt. Was sind deine Gedanken zu dieser Zeit?

Robin: Während der Markt bei 25x ARR investierte, lagen wir im Schnitt bei 8,5x. Das hat uns disziplinierter gemacht und am Ende dazu geführt, dass unsere Vintages bei Preqin in den Top 5% in Europa gelandet sind. Als Investor musst du lernen, deinen eigenen Überzeugungen zu folgen und dich nicht vom Herdenverhalten lenken zu lassen – das kann böse enden.

Sherin: Series C klingt nach weniger Risiko, aber auch nach härterem Wettbewerb.

Robin: Absolut. Es gibt viel weniger Companies in dieser Stage und die guten sind auf allen Radaren. Oft sind die Runden „preemptive“, du hast zwei Wochen bis zum Termsheet. Internationale Fonds, vor allem aus den USA, sind starke Konkurrenten. Am Ende gewinnst du über Vertrauen, konkreten Mehrwert und physische Präsenz – nicht über den höchsten Preis.

Sherin: Du bist dann nach einiger Zeit bei Revaia als General Partner raus und hast dich entschieden als Solo-GP Robin Capital zu gründen. Was war der Auslöser dafür?

Robin: Nach Revaia wollte ich die Freiheit und Flexibilität, meine eigenen Investment-Entscheidungen zu treffen. Robin Capital ist bewusst lean aufgestellt: kein riesiges Backoffice, sondern ein agiles Setup mit einem Venture-Partner-Netzwerk und klaren Prozessen. Die Idee: schneller, fokussierter und mit echtem Mehrwert für Gründer zu agieren.

Es gibt Situationen, da sehe ich ein Gründerteam, das tief im Produkt steckt, aber vielleicht nicht so stark in Sales ist oder ein chaotisches Pitch-Deck hat und trotzdem ergibt alles inhaltlich Sinn. Dann will ich investieren. Als Follower-Investor möchte ich aber Konflikte vermeiden und nicht den kompletten Lead-Workload tragen. In solchen Fällen hole ich mir gezielt Partner ins Boot, z. B. den HTGF. Das ist eine andere Brand als Sequoia, klar, aber wenn ich von etwas überzeugt bin, zählt für mich der inhaltliche Fit mehr als der große Name.

Ab da beginnt die eigentliche Arbeit: vom Pre-Seed auf Seed heben, Netzwerke aktivieren, Fundraising-strukturiert begleiten. Wir haben eine eigene Knowledge-Base mit über 700 Investorenkontakten, Fundraising-Templates, Kommunikationsleitfäden und einen klaren Onboarding-Prozess. Jedes Portfolio-Startup bekommt zu Beginn zehn gezielte Intros – vier Venture-Partner, vier Portfolio-Founder, drei Operator und ich bleibe in engem Kontakt.

Sherin: Das klingt sehr hands-on.

Robin: Ist es auch. Mir geht es darum, dass Gründer vom ersten Tag an spüren, dass wir auf ihrer Seite stehen und dass unser Beitrag über Geld hinausgeht.

Sherin: Du hast als Gründer selbst Höhen und Tiefen erlebt. Wie beeinflusst das heute deinen Investorenstil?

Robin: Es gibt mir als Investor die Empathie und die Fähigkeit, mich in die Rolle der Gründer zu versetzen. Du verstehst, wie sich 18-Stunden-Tage anfühlen, wie es ist, wenn ein Sales-Pitch scheitert oder die Finanzierung wackelt. Das hilft, ein Sparringspartner zu sein, der wirklich unterstützt und nicht nur kontrolliert.

Sherin: Robin, das klingt nach einem starken Ansatz. Vielen Dank für deine Einblicke und deine Arbeit.

Robin: Danke dir, Sherin. Hat Spaß gemacht.