Business & Beyond Rossmann verlässt Verband der Familienunternehmer wegen AfD-Dialogkurs

Rossmann verlässt Verband der Familienunternehmer wegen AfD-Dialogkurs

Rossmann verlässt den Verband der Familienunternehmer nach dessen Öffnung für Gespräche mit der AfD. Auch andere Mitglieder wie Vorwerk positionieren sich kritisch, während der Verband seine Strategie verteidigt.

Die Drogeriemarktkette Rossmann hat ihre Mitgliedschaft im Verband der Familienunternehmer gekündigt. Grund ist die kontroverse Entscheidung des Verbands, den Dialog mit der AfD zu suchen. „Wir unterstützen die Haltung des Verbands nicht und haben die Mitgliedschaft gekündigt“, erklärte eine Unternehmenssprecherin laut „WirtschaftsWoche“. Der Schritt markiert einen bedeutenden Bruch zwischen dem traditionsreichen Drogerieriesen und der Interessenvertretung deutscher Familienunternehmen.

Politische Kursänderung mit Konsequenzen

Der Verband hatte im Oktober erstmals AfD-Vertreter zu einem Parlamentarischen Abend in einer Niederlassung der Deutschen Bank in Berlin eingeladen. Verbandspräsidentin Marie-Christine Ostermann begründete die Entscheidung mit einem aufgehobenen „Kontaktverbot“ zu AfD-Bundestagsabgeordneten. Die Kursänderung stößt bei mehreren Mitgliedsunternehmen auf Widerstand.

Auch der Hausgerätehersteller Vorwerk positioniert sich kritisch, wie „WirtschaftsWoche“ berichtet. Das Unternehmen teile zwar die wirtschaftspolitischen Inhalte des Verbands, sehe aber „einzelne Formulierungen kritisch – insbesondere dort, wo sie Interpretationsspielräume im Umgang mit politischen Rändern eröffnen“.

Demokratische Grundwerte als rote Linie

Für Vorwerk ist klar: Die Positionierung von Unternehmen müsse jederzeit im Einklang mit demokratischen Grundwerten stehen.

Das Unternehmen erwarte vom Verband eine „unmissverständliche Kommunikation, die keine Zweifel an der klaren Abgrenzung gegenüber extremistischen Positionen zulässt“, so die Mitteilung laut „Tagesspiegel“. Die Oetker Collection KG, ein weiteres Verbandsmitglied, zu dem unter anderem Henkell Freixenet gehört, wollte sich zu der politischen Debatte nicht äußern.

Verbandspräsidentin verteidigt Dialogbereitschaft

Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des Verbands der Familienunternehmer, verteidigt den neuen Kurs. In einer diese Woche veröffentlichten Stellungnahme erklärte sie, die Hoffnung, man könne ein Viertel der bundesdeutschen Wähler durch moralische Ausgrenzung zur Umkehr bewegen, sei nicht aufgegangen.

„Jetzt hilft nur noch die Auseinandersetzung mit den Inhalten der AfD, jenseits von schlichten Kategorisierungen in gut und böse“, wird sie in „Tagesspiegel“ zitiert. Gleichzeitig stellte Ostermann klar: „Wir Familienunternehmer wollen keine Regierung mit AfD-Beteiligung.“ Das Weltbild der Partei passe nicht zur freiheitlichen und marktwirtschaftlichen Grundüberzeugung des Verbands.

Business Punk Check

Die Debatte um den Umgang mit der AfD spaltet die deutsche Wirtschaft entlang einer heiklen Grenze: Dialog versus Distanz. Während der Verband auf Pragmatismus setzt, ziehen Unternehmen wie Rossmann klare Grenzen. Diese Entwicklung zeigt, dass politische Positionierung für Unternehmen zum strategischen Faktor wird. Marken müssen heute nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesellschaftspolitisch Position beziehen – mit messbaren Konsequenzen für Reputation und Geschäftsbeziehungen.

Für Familienunternehmen stellt sich die Grundsatzfrage: Wie weit darf wirtschaftspolitisches Interesse gehen, bevor es mit Unternehmenswerten kollidiert? Der Fall zeigt, dass die traditionelle Trennung von Business und Politik in Zeiten gesellschaftlicher Polarisierung nicht mehr funktioniert. Unternehmen müssen ihre Wertehaltung in ihre Geschäftsstrategie integrieren – oder mit den Folgen leben.

Häufig gestellte Fragen

  • Welche Konsequenzen hat die politische Positionierung für Unternehmen?
    Politische Positionierung wirkt direkt auf Markenwahrnehmung und Geschäftsbeziehungen. Unternehmen sollten ihre Wertehaltung klar definieren und konsequent in allen Partnerschaften und Verbandsmitgliedschaften umsetzen. Inkonsistenzen werden von Kunden und Partnern schnell erkannt und können Vertrauensverluste verursachen.
  • Wie sollten Familienunternehmen mit politisch kontroversen Verbandspositionen umgehen?
    Familienunternehmen sollten Verbandspositionen aktiv mitgestalten, klare rote Linien definieren und bei Überschreitung dieser Grenzen konsequent handeln – von interner Kritik bis zum Austritt. Wichtig ist eine transparente Kommunikation der eigenen Werte nach innen und außen.
  • Welche Branchen sind besonders anfällig für Reputationsrisiken durch politische Positionierung?
    Konsumnahe Branchen wie Einzelhandel und Konsumgüter tragen ein höheres Risiko, da ihre Kunden direkt auf Werteinkonsistenzen reagieren können. Aber auch B2B-Unternehmen spüren zunehmend Druck von Geschäftspartnern, die ihre Lieferketten nach Wertekompatibilität ausrichten.
  • Wie können Wirtschaftsverbände politischen Dialog führen, ohne Mitglieder zu verlieren?
    Verbände sollten einen transparenten Prozess für politische Positionierungen etablieren, der Mitglieder frühzeitig einbezieht. Wichtig sind klare Leitplanken für den Dialog mit allen politischen Kräften und eine Kommunikation, die Missverständnisse vermeidet. Regelmäßige Wertediskussionen innerhalb der Verbände können helfen, Konsens zu finden.

Quellen: „wiwo.de“, „Spiegel“