Business & Beyond Smart Capital, echte Wirkung – Tina Dreimann über better ventures, Diversität & den VC-Neustart

Smart Capital, echte Wirkung – Tina Dreimann über better ventures, Diversität & den VC-Neustart

Tina Dreimann ist Gründerin und Managing Director von better ventures, einem Impact-Angel-Club, der Unternehmer*innen-Kapital mit Start-ups zusammenbringt. Als „Investorin des Jahres 2023“ setzt sie auf Smart Capital, klare Werte und Diversität: 40 % ihrer finanzierten Start-ups haben Gründerinnen im C-Team. Im Gespräch erklärt Tina, warum sie Fondslogiken hinterfragt, wie Künstliche Intelligenz ihr beim Dealflow hilft – und weshalb Impact-Investing weder Altruismus noch Trend ist, sondern knallhartes Business mit Sinn.

Sherin:
Tina, Better Ventures tritt mit dem Anspruch auf, „besser zu investieren“. Was bedeutet das für euch?

Tina Dreimann:
Wir wollen das investieren, was andere nur behaupten: auf Teamqualität setzen – aber strukturiert. In der VC-Welt heißt es zwar überall „Team ist alles“, aber am Ende verlässt man sich oft auf ein Bauchgefühl beim Dinner. Wir wollten das besser machen. Deshalb arbeiten wir mit klaren Frameworks und psychologischen Insights über Persönlichkeitstests. Wir schauen, wie Gründer:innen ticken, wie sie sich ergänzen, wie sie kommunizieren, wie resilient sie sind und ob sie wirklich gemeinsam skalieren können.

Sherin: Smart Money klingt gut. Was war dein größtes Learning aus 100 + Mitgliedern?

Tina:
Smart Money heißt nicht, alles besser zu wissen. Es heißt: wissen, wo man helfen kann und dann loslassen. Gründer*innen entscheiden, wir unterstützen.

Sherin:
Also ein sehr menschlicher Blick auf Startups?

Tina:
Unbedingt. Tech, Markt, Modell – alles wichtig. Aber ohne ein funktionierendes Team bringt das nichts. Wir schauen bewusst auf Komplementarität, Rollenverständnis, Persönlichkeitsstruktur – und fordern unsere Teams da auch. Das ist manchmal unbequem, aber fast immer wertvoll, weil wir so früh investieren. Und wir bleiben danach sehr nah dran. Unsere Gründer:innen sagen oft: Ihr stellt die richtigen Fragen, nicht die lauten Fragen.

Sherin:
Und dabei geht ihr auch sehr konsequent mit dem Thema Diversität um. Wie bindet ihr das ein?

Tina:
Diversität ist kein nice-to-have, sondern ein Performance-Faktor. Wir haben uns intern eine Quote gesetzt: Mindestens 30 % Gründerinnenanteil – tatsächlich sind es bei uns im Team mittlerweile 40 %. Und das kam von meinen beiden männlichen Mitgründern, nicht von mir. Das zeigt: Es geht nur gemeinsam.

Sherin:
Wie sieht das konkret in der Praxis aus?

Tina:
Ganz konsequent, aber mit Fokus auf die funktionale Diversität. Wenn ein reines Männerteam zum Beispiel ohne Tech-Know-how ein DeepTech-Unternehmen bauen will, sagen wir: „So nicht.“ Wir helfen dann aber aktiv, auch gerne mal passende Co-Founder:innen zu finden, aber wir glauben nicht an Teams, die einseitig aufgestellt sind. Diversität sorgt für bessere Entscheidungen und resilientere Organisationen – und darum geht es uns.

Sherin:
Was treibt dich persönlich an?

Tina:
Ich habe selbst gegründet und erlebt, wie schwer es ist, die richtigen Investor:innen zu finden. Ich wollte zeigen, dass man als Frau mit klarer Haltung erfolgreich investieren kann – ohne sich anzupassen. Und ich wollte ein System bauen, in dem wirtschaftlicher Erfolg und gesellschaftlicher Impact Hand in Hand gehen.

Sherin:
Ihr wachst gerade enorm – was ist eure Vision?

Tina:
Wir haben mit dem Team unsere Mission nochmal geschärft: Scaling Europe’s Leading Alliance for Impact Entrepreneurship. Wir wollen von 100 auf 500 Mitglieder wachsen, von 50 auf 500 Startup-Investments. Und unser Kollege Justus hat mal ganz visionär gesagt: Better Ventures is the biggest and smartest impact investor in the world by 2030. Das ist ambitioniert – aber fühlt sich erreichbar an.

Sherin:
Plant ihr, in dieser offenen Struktur weiterzumachen oder auch mal klassische Fonds aufzusetzen?

Tina:
Wir haben uns viele Co-Investment-Modelle angeschaut, aber sehen das Direktinvestment-Modell als deutlich attraktiver für Gründer:innen. Christoph, einer meiner Mitgründer, hat bei der Gründung gesagt: Let’s unfuck VC. Klingt derb, aber beschreibt das Problem gut. Klassische Fondsmodelle erzeugen unnötigen Exit-Druck durch feste Laufzeiten. Das kann gute Unternehmen kaputt machen.

Sherin:
Also eher Evergreen?

Tina:
Wir haben aktuell keine feste Laufzeit. Dadurch können wir in Unternehmen investieren, die mit nur einer Runde profitabel werden, ohne dass sie ein Unicorn sein müssen. Das schafft Freiheiten – für uns und die Teams. Und ja, ein Evergreen-Modell macht für Impact sicher Sinn. Never say never. Ich hab früher auch gesagt, ich werde nie Investorin… und hier bin ich.

Sherin:
Und trotzdem ist Venture Capital selbst erstaunlich konservativ, oder?

Tina:
Absolut. Wir finanzieren die innovativsten Köpfe dieser Welt – und bleiben oft selbst im alten System stecken. Es gibt in den USA längst Evergreens, Revenue-Based Finance, neue staatliche Förderansätze. Und trotzdem sind viele Kapitalgeber in Europa extrem risikoavers. Es fehlt der Mut, neue Finanzierungsmodelle zu testen. Das ist frustrierend – aber auch eine riesige Chance.

Sherin:
Gerade in schwierigen Zeiten…

Tina:
…geht man lieber auf Fonds Nummer 5 mit einem bekannten GP, obwohl neue Fondsmanager meist hungriger, näher am Markt und unternehmerischer sind. Die Daten zeigen, dass gerade neue Fonds oft besser performen. Trotzdem bekommen sie kaum Kapital. Und dabei geht es um Macht.

Sherin:
Wie meinst du das?

Tina:
Geld ist Macht. Und ein Investment ist oft mächtiger als ein Wahlzettel. Jeder Euro, den wir heute investieren, entscheidet mit über unsere Zukunft. Als Investor:innen haben wir eine Verantwortung – wir bauen mit Kapital die Welt, in der wir morgen leben wollen. Das muss man sich bewusst machen.

Sherin:
Was ist dein Appell?

Tina:
An alle LPs, Family Offices, institutionellen Kapitalgeber: Traut euch. Testet neue Modelle. Geht mit mutigen Fonds wie unserem den Weg zu echter Transformation. Und an alle Einzelpersonen da draußen: Auch eure Zeit, eure Arbeitskraft, euer Kopf ist Kapital. Fragt euch: Wie verbringe ich meinen Tag? Für wen arbeite ich? Bin ich heute nett zu jemandem?

Sherin:
 Das ist ein schöner Gedanke.

Tina:
Ich habe mal in einer stressigen Phase zu einem Freund aus Südafrika gesagt: Ich wünschte, ich hätte auch so einen Job wie du, mit dem man wirklich etwas verändert. Und er meinte nur: Tina, if you smile like you do every day, you’re already making this world a better place. Das hat mich sehr berührt. Und deswegen: Better Ventures.

Sherin:
Besser investieren – mit Herz, Hirn und Haltung.

Tina:
Und mit echten Werten. Michelle Obama hat gesagt: Just because people buy it doesn’t mean you have to sell it. Das ist mein Leitsatz. Wir brauchen mehr Investor:innen mit Prinzipien. Mehr Leadership mit „Enoughness“. Und mehr Mut, neue Wege zu gehen.

Sherin: Drei Take-aways für Investorinnen?

Tina:

  1. Impact ist messbar – Profit & Purpose schließen sich nicht aus.
  2. Diversität = Rendite – Mische Teams, senke Risiko, steigere Output.
  3. Mut zur Struktur-Innovation – VC lässt sich neu denken, wenn wir uns trauen.

Sherin:
Tina, danke für das Gespräch. Für deinen klaren Kompass, deine Energie und die Klarheit, mit der du diesen Markt mitgestaltest. Ich wünsche dir – und euch als Better Ventures – alles Gute auf eurem Weg zur größten Impact-Investing-Alliance der Welt.

Tina:
 Danke dir, Sherin. Wir geben Gas. Und wir bleiben im Austausch.