Deluxe & Destinations EU schockt Reisende: Entschädigung soll erst nach 4 Stunden greifen

EU schockt Reisende: Entschädigung soll erst nach 4 Stunden greifen

Verbraucherschützer kontern

Verbraucherschützer lassen diese Argumentation nicht gelten. André Duderstaedt vom Verbraucherzentrale-Bundesverband kontert: „Ein Reisender setzt sich ja nicht ins Flugzeug und fliegt zum Spaß von A nach B, sondern der hat einen Plan. Und wenn der Plan durchkreuzt wird, dann muss das halt eine Konsequenz haben.“

Das Argument der Airlines, mehr Zeit für Problemlösungen zu benötigen, weist er zurück: „Dann haben die in meinen Augen im Vorfeld schon falsch geplant.“ Statt höherer Entschädigungsschwellen bräuchten die Airlines einen Plan B: eine Flotte mit entsprechenden Reserven, ausreichend Personal und ein effizientes Servicenetz zur schnellen Reparatur von Flugzeugen.

Lobbyarbeit gegen „räuberische Industrie“

Die Lobby-Organisation Airlines for Europe, der viele große Fluggesellschaften angehören, schießt derweil gegen die Entschädigungsportale. Die aktuelle Fluggastrechteverordnung habe „eine ganze räuberische Industrie von Schadenregulierungsagenturen hervorgebracht“, die jährlich Millionen verdienen würden, indem sie zwischen 30 und 50 Prozent der Entschädigungen einbehalten.

Europaparlament als letzte Hoffnung

Die Entscheidung ist noch nicht endgültig. Das Europäische Parlament muss dem Vorschlag ebenfalls zustimmen – und dort stehen die Zeichen eher auf Widerstand. Die Abgeordneten haben bereits eine gemeinsame Haltung entwickelt, die näher an der deutschen Position liegt. Der CDU-Europaabgeordnete Jens Gieseke macht eine klare Ansage: „Als Parlament werden wir keine Verschlechterung des Status quo akzeptieren.“

Bundesverkehrsminister Schnieder hofft, dass in den anstehenden Trilog-Verhandlungen zwischen Kommission, Parlament und Ministerrat „vielleicht noch Möglichkeiten bestehen, dem Verbraucherschutz zu einer besseren Position zu verhelfen“. Die entscheidenden Gespräche dürften allerdings erst im Herbst an Fahrt aufnehmen.

Die kommenden Monate werden zeigen, ob das Europaparlament tatsächlich eine Verschlechterung der Passagierrechte verhindern kann. Angesichts zunehmender Flugverspätungen durch Personalengpässe, Streiks und Wetterextreme wäre eine Schwächung der Entschädigungsregeln für Millionen Reisende ein herber Rückschlag.

Die Debatte wirft zudem grundsätzliche Fragen auf: Wie viel Verantwortung müssen Unternehmen für ihre Dienstleistungsqualität übernehmen? Und welchen Preis sind Verbraucher bereit zu zahlen, wenn Airlines ihre Reservekapazitäten ausbauen müssten? Die Antworten darauf werden nicht nur die Zukunft des Fliegens, sondern auch das Verständnis von Verbraucherrechten in Europa prägen.

Quellen: SZ, WDR

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