Deluxe & Destinations Palastgeflüster und Plasma-Therapie an der marokkanischen Riviera

Palastgeflüster und Plasma-Therapie an der marokkanischen Riviera

Oder wie ich im luxuriösen Royal Mansour Tamuda Bay Resort (fast) zur besseren Version meiner Selbst wurde

Das ist eine Reise! Plötzlich stehe ich inmitten eines hochglanzpolierten Staatsprojekts, während ich versuche, den QR-Code für mein Detox-Menü zu scannen. Ich hatte mir vorgenommen, in einem dreitägigen Retreat Kraft zu tanken, die Seele baumeln zu lassen und mein Mindset zu stärken. Die Wochen davor waren enorm Schweiß treibend.

Nun stehe ich hier, im 2024 eröffneten Royal Mansour Tamuda Bay. Ein 4.300-Quadratmeter-Manifest aus Sandstein, Hightech und Haute-Wellness, gelegen an der türkisblauen Küste nördlich von Tanger. Mit einem glatt gebügelten Strand, an dessen Anfang und Ende das Security-Personal unauffällig patrouilliert. Es ist das erste Spa-Resort Marokkos und das größte in Afrika. In Besitz von niemand Geringerem als der marokkanischen Königsfamilie.

Royal Mansour Tamuda Bay Resort
Royal Mansour Tamuda Bay Resort

Wer das Gelände betritt, merkt sofort: Das hier ist kein Resort, das ist eine Inszenierung. Die Architektur mischt marokkanisches Erbe mit zeitgenössischer Klarheit, so als hätte jemand die Säulen der Antike mit einem Apple-Store verheiratet. Palmen stehen aufrecht wie höflich strammstehende Offiziere. Nichts wirkt dem Zufall überlassen. Und das muss es auch nicht – denn die Königsfamilie spielt auf dieser Bühne nicht nur Regie, sondern ist auch Produzent. Damit ist das Royal Mansour Resort Teil eines ganzen Imperiums aus Hospitality, Landwirtschaft, Infrastruktur und Hightech-Investments. Und die Monarchie damit nicht nur eine Staatsform, sie ist ein Multikonzern.

Wellness mit royaler Signatur

Während ich im Empfangsbereich stehe und versuche, unauffällig zu wirken, fühle ich mich kurz wie in einer „Succession“-Episode – marokkanische Edition. Die Mitarbeitenden legen ihre linke Hand an die Brust und grüßen aufmerksam. Eine Geste der Nähe und des Wohlwollens. Begleitet von einem Duft aus Zitrone, Neroli und ganz diskreter Macht.

Bei einem der ersten Gespräche mit der Longivity-Ärztin fällt immer wieder das Wort „integrative Ganzheitsgesundheit“. Denn das hauseigene Medi-Spa folgt einem Fünf-Punkte-Modell, das klingt wie ein Upgrade eines Business-Frameworks: personalisiert, relevant, partizipativ, vorausschauend, präventiv.

Das Vergnügen als Gesundheitsstrategie! Endlich ein Ansatz, der versteht, dass Menschen eher an einem Smoothie nippen, wenn er gut aussieht – und besser an ihrem Lebensstil arbeiten, wenn es sich nicht wie Mathehausaufgaben anfühlt.

Royal Mansour Tamuda Bay Resort
Royal Mansour Tamuda Bay Resort

Einmal bitte die Zukunft scannen

Meine Reise beginnt mit einer Batterie aus futuristischen Verfahren: 3D-Körper-Scan, der mich in Sekunden als avatarartige Silhouette ausspuckt. PhysioScan, das meinen energetischen Zustand kartiert (was auch immer das bedeutet) und Mito Light, einer Gesichts-Lichttherapie für die Antiaging-Zellpower, die klingt wie ein Energy-Drink aus einer Cyberpunk-Bar.

Die junge Ärztin erklärt mir, dass mein Körper „ein spannendes Profil“ habe. Ich entscheide mich, das als Kompliment zu nehmen. Schließlich bin ich hier im Reich einer königlichen Gesundheitsvision – und die scheint vor allem auf Daten, Prävention und Langlebigkeitsambitionen zu setzen.

Später stehe ich auf einer Dachterrasse und werde in fließenden Bewegungen von einem Taichi-Therapeuten geführt. Mein Ich als meditierender Pelikan in dieser afrikanische Kulisse. Es ist einer dieser Momente, in denen man denkt: „Ich bin vollkommen entspannt“ und gleichzeitig, aber „Bitte sagt das niemandem“.

Weiter geht es mit Massagen, Mindfullnes-Atemübungen und Nahrungsempfehlungen – die Methoden verschmelzen wie in einem diplomatischen Gipfeltreffen, bei dem alle endlich mal Harmonie wollen. Bis der Satz fällt: „Möchten Sie eine Kryotherapie ausprobieren?“ Kryotherapie ist eine Form der Behandlung, mit der man über die Anwendung von Kälte einen therapeutischen Effekt erzielen möchte. Temperaturen von bis zu -180 Celsius werden als Ganzkörpertherapie oder als lokale Behandlung einzelner Körperregionen eingesetzt.


Ich zögere kurz. Dann denke ich: Wenn die königliche Vision von Wohlbefinden bei -100 Grad Celsius entsteht, dann bitte, Majestät. Schon stehe ich mit Mütze, Handschuhen und dicken Socken in einer Art Kühlschrank, schaue noch ungläubig aus der Luke und fange dann doch an vor mich hin zu tänzeln. Es wird schon arg fröstelig. Nach nur drei Minuten war es geschafft und eine wohlige Wärme breitete sich in mir aus. Geht doch!

Kulinarik zwischen Blue Zone und Blue Blood

Bitte erzählt auch davon niemandem. Denn meinen eigentlichen Diät-Plan habe ich öfter in eine marokkanische Vollwertkost umgewandelt. Ich kann doch diese kulinarischen Highlights nicht links liegen zu lassen.

Morgen, mittags und abends geht es in die Restaurants des Resorts, wo Gerichte serviert werden, die aussehen, als wären sie von Zen-Mönchen komponiert. Alles basiert auf Blue-Zone-Prinzipien: Gemüse, Hülsenfrüchte, Öle, Fermente. Ein Koch erklärt mir, dass jedes Gericht „Entgiftung, Vitalität oder Schönheit“ unterstützen soll. Ich denke an meinen Flughafensnack (ein Traumasandwich) und nicke schuldbewusst.

Später im 45-minütigen Ernährungs-Debriefing wird mir freundlich erklärt, dass mein Lebensstil „Optimierungspotenzial“ hat. Das höfliche marokkanische Understatement für: „Du kannst das besser.“

Royal Mansour Tamuda Bay Resort
Royal Mansour Tamuda Bay Resort

Geschäftsmodell namens Nachhaltigkeit

Wenn man über ein royales Projekt schreibt, drängt sich das Thema Macht auf wie ein allzu aufmerksamer Spa-Therapeut. Doch hier im Tamuda Bay ist Nachhaltigkeit ein zentraler Player – und zwar nicht als Deko-Feigenblatt. Das Resort erklärt detailliert: nachhaltige Bauweisen, lokale Lieferketten, regeneratives Wassermanagement, Energieeffizienz, langfristigen Nutzen für lokale Gemeinschaften. Es wirkt durchdacht, nicht behauptet. Wer ein Königreich führt, denkt offenbar in Generationen – nicht in Quartalen.

Was viele Besucher:innen nicht wissen: Die marokkanische Königsfamilie ist nicht nur Symbol, sondern auch ein wesentlicher wirtschaftlicher Motor. Über Beteiligungen an riesigen Konglomeraten prägt sie die Sektoren Tourismus, Energie, Ernährung und Infrastruktur. Das Royal Mansour ist damit weniger ein Hotel – als mehr ein Statement: So sieht die marokkanische Version von Zukunft aus.

Eine Mischung aus Tradition, Ultra-Luxus, Tech-Futurismus und einer Art weicher, kultureller Diplomatie. Wer hier eincheckt, checkt gleichzeitig in ein Narrativ ein: Marokko ist modern, offen, visionär – und bereit, die Wellnesswelt neu zu erfinden.

72 Stunden später: Warum glüht meine Haut?

Ich reise ab mit 3 kg mehr auf den Rippen, aber dafür mit einer überraschend glühend klaren Haut, einem neuen Verständnis von „royaler Wellnesspolitik“ und der Frage: Ist Wellness die neue Soft-Power?

Vielleicht. In einer Welt, die sich nach Ruhe, Sinn und Schönheit sehnt, haben die königlichen Architekten, Designer und Gourmet-Köche ein Refugium geschaffen, das mehr ist als ein Luxus-Resort. Es ist ein geopolitisch aufgeladener Feelgood-Tempel, der zeigt, dass Wohlbefinden längst kein privates Thema mehr ist – sondern eine Bühne, auf der Staaten, Marken und Visionen miteinander konkurrieren.

Royal Mansour Tamuda Bay Resort
Royal Mansour Tamuda Bay Resort

Und ich?

Ich habe beschlossen, meine eigene 8-wöchige Wellness-Routine zu starten.
Also theoretisch. Vielleicht. Morgen.