Drive & Dreams Souveränität ist kein optionales Feature – sie ist Voraussetzung für Zukunftsfähigkeit

Souveränität ist kein optionales Feature – sie ist Voraussetzung für Zukunftsfähigkeit

Jonas Andrulis war bei Apple, hat dort an geheimen KI-Projekten gearbeitet – und sich dann​ bewusst für die Gründung eines deutsches KI-Startup entschieden. Mit Aleph Alpha will er zeigen, dass echte​ Deep-Tech-Innovation nicht nur im Silicon Valley funktioniert. Ein Gespräch über​ Verantwortung, Vision und was Europa endlich anders machen muss. Diesmal Live auf dem 30 Jahre Jubiläumsevent ‘NEXT is NOW’ der Brand Experience Agenturgruppe LIGANOVA.

Carsten: Jonas, du hast in Kalifornien bei Apple gearbeitet, warst mitten in der US-Techszene. Warum also der Schritt zurück nach Deutschland? Warum Aleph Alpha hier?

Jonas: Der technische Teil war klar: Ich habe früh gesehen, dass eine neue Generation KI kommt – generalisierend, nicht mehr nur für Fußgängerkennung oder Spamfilter. Die nächste Welle wird Probleme lösen, die wir noch gar nicht kennen. Der andere Teil war fast politisch: Ich wollte nicht zusehen, wie Europa in der neuen Tech-Ära in die Bedeutungslosigkeit rutscht. Also war klar: Wenn wir Souveränität ernst meinen, dann müssen wir eigene Stärke aufbauen und eine gemeinsame Strategie entwickeln.

Carsten: Und dafür hast du ordentlich Rückenwind organisiert – Bosch, SAP, Schwarz-Gruppe, Deutsche Bank. Wie kriegt man so eine Riege überzeugt?

Jonas: Mit einer klaren Mission. Wir haben nie einfach gesagt: „Wir machen KI“, sondern: „Wir schaffen Souveränität.“ Das bedeutet auch: Wir wollten keine Standard-Fundingrunde, die allein auf schnelles Wachstum ausgerichet ist. Wir wollten Player, die unsere Werte verstehen und teilen. Und ja, das bedeutet Einschränkungen – aber es hat funktioniert. Heute stehen wir mit einzigartigen KI-Innovationen, einem souveränen KI-Stack, schlüsselfertigen Lösungen und eigenen Rechenzentrum sowie einigen Leuchtturmprojekten da.

Carsten: Viele sagen: Europa kann Tech nicht. Du bist der Gegenbeweis. Was läuft aus deiner Sicht hier falsch – und was müssten wir ändern?

Jonas: Erstens: Bürokratie killt Geschwindigkeit. Zweitens: Wir unterschätzen die Dringlichkeit vor Allem auch in der Verwaltung. Wir haben Hunderttausende offene Stellen – da hilft nur digitale Transformation, und zwar sofort. Drittens: Wir sehen die positiven Nebeneffekte von europäischen Lösungen nicht. Ein Euro, den du hier in KI steckst, bringt dir Innovation, Talente, neue Startups, Steuern. Aber bei vielen Entscheidungen zählt nur: billig.

Carsten: Du sagst, Aleph Alpha will nicht den nächsten Chatbot bauen. Was genau macht ihr anders?

Jonas: Wir bauen nicht für Witze oder Urlaubsplanung. Wir entwickeln Technologie für Bereiche, wo Verantwortung zählt – Verwaltung, Industrie, Finanzwesen, Sicherheit, Healthcare. Dort, wo Menschen nachvollziehen können müssen, warum ein System etwas sagt. Für solche Anwendungen reicht es nicht, wenn der Prompt gut klingt – da braucht’s Transparenz, Nachvollziehbarkeit und echte Kontrolle. Generische Chatbot-Lösungen zu integrieren, reicht außerdem nicht aus – das funktioniert vielleicht noch im Kundensupport. Für die wirklich kritischen und komplexen Prozesse, in denen die Wertschöpfung stattfindet, müssen KI-Systeme domainspezifisch gebaut werden. Und wir brauchen Mensch-Maschine Zusammenarbeit jenseits von Frage-Antwort. Genau das machen wir gemeinsam mit unseren Kunden und ermöglichen dabei, dass Daten und geistiges Eigentum im Unternehmen bleiben und nicht an Dritte gehen.

Carsten: Was ist für dich der größte Unterschied zwischen KI in Europa und im Valley?

Jonas: In den USA dominiert oft das Technokratische. Hauptsache, die Box wird schneller, größer, effizienter. Aber niemand fragt: Was macht das mit dem Menschen? Wir setzen auf „human-centric AI“. Das heißt, wir denken von der Nutzererfahrung her, von der Verantwortung – nicht nur von der Rechenleistung.

Carsten: Klingt nach Purpose. Was ist dein persönlicher Beitrag, wenn du mal auf 2030 oder 2035 blickst?

Jonas: Ich will, dass es dann eine europäische Alternative gibt, eine echte Option. Kein Lock-in in die nächste Blackbox-Plattform, kein Bastel-Open-Source. Sondern souveräne Technologie – mächtig, offen, transparent. Wenn meine Kinder mich dann fragen, was ich gemacht habe, will ich sagen: Wir haben mit Haltung und Integrität eine eigene Zukunft mitgestaltet.

Carsten: Wenn du heute nochmal gründen würdest – worin?

Jonas: Pflege. Wir haben eine alternde Gesellschaft, Sprachbarrieren, Isolation. KI kann da empowern, unterstützen, auch emotional. Es geht nicht nur um Automatisierung, sondern um Menschlichkeit.