Drive & Dreams Bahn-Hack: Wie ein Entwickler die Bahn austrickst, 84% spart und eine App plant

Bahn-Hack: Wie ein Entwickler die Bahn austrickst, 84% spart und eine App plant

Ein Informatiker entdeckt zufällig, dass geteilte Bahntickets deutlich günstiger sind als Direktverbindungen – und entwickelt eine App, die diesen Spartrick automatisiert. Die Deutsche Bahn reagiert zurückhaltend.

Selber Zug, identische Strecke, gleiche Ankunftszeit – aber 84 Prozent weniger Kosten. Was nach einem Fehler im System klingt, ist tatsächlich ein legaler Hack im Preissystem der Deutschen Bahn. Informatiker Lukas Weihrauch hat zufällig entdeckt, dass sich durch die Aufteilung einer Bahnfahrt in zwei separate Tickets erhebliche Summen sparen lassen. Aus seiner Entdeckung entwickelte er kurzerhand eine App, die das Potenzial hat, die intransparente Preispolitik des Konzerns zu umgehen – wenn die Bahn sie denn lässt.

Ticket-Splitting: Der Trick mit den geteilten Fahrkarten

Der Mechanismus hinter dem Spartrick ist verblüffend einfach: Statt ein durchgehendes Ticket zum Beispiel von Magdeburg nach Oldenburg zu buchen, werden zwei separate Tickets gekauft – von Magdeburg nach Bremen und von Bremen nach Oldenburg. In vielen Fällen bleibt man dabei sogar im selben Zug sitzen. Laut seines YouTube-Videos reduzierte sich in Weihrauchs Fall der Fahrpreis von ursprünglich 86 Euro auf nur 23,49 Euro.

Da der letzte Streckenabschnitt mit dem Deutschlandticket abgedeckt werden konnte, zahlte er am Ende sogar nur 12,99 Euro. Der Grund für diese Preisdiskrepanz liegt in der komplexen und oft undurchsichtigen Tarifstruktur der Deutschen Bahn. Wie „RND“ berichtet, sind einzelne Streckenabschnitte häufig Teil von Sparpreisaktionen oder werden grundsätzlich günstiger kalkuliert. Die Kombination mehrerer Teilstrecken kann den Gesamtpreis daher drastisch senken.

Better Bahn: Eine App gegen das Preischaos

Weihrauch war von seiner Entdeckung so begeistert, dass er eine Web-App namens „Better Bahn“ entwickelte. Diese soll automatisch günstigere Angebote durch Anwendung des Ticket-Splittings finden. Laut „Chip“ ist die App aktuell jedoch noch nicht öffentlich verfügbar – und das hat einen Grund: Für die Funktionalität muss der Entwickler auf Schnittstellen der DB zugreifen, und ob der Konzern das gewährt, steht noch aus.

Die Zurückhaltung der Bahn ist nachvollziehbar. Wie „Golem“ andeutet, dürfte der Konzern wenig Interesse daran haben, dass Kunden systematisch Geld sparen und damit die eigene Preisgestaltung unterlaufen. Zusätzliche Komplexität entsteht durch regionale Verkehrsverbände und alternative Anbieter wie Flixtrain, die jeweils eigene Schnittstellen haben.

Selbst ausprobieren: So funktioniert der Spartrick

Wer nicht auf die App warten möchte, kann den Trick auch manuell anwenden. Laut „RND“ genügt es, im DB Navigator die gewünschte Strecke zu suchen, den Preis zu notieren und dann dieselbe Verbindung mit einem strategisch gewählten Zwischenstopp einzugeben.

Das klassische Beispiel: Eine Fahrt von München nach Berlin wird aufgeteilt in München–Halle/Saale und Halle/Saale–Berlin. Wie „Chip“ erklärt, lässt sich je nach Zielort und Zeitpunkt unterschiedlich viel Geld sparen. Die Anwendung erfolgt jedoch auf eigene Gefahr – einige wichtige Aspekte sollten vor der Buchung beachtet werden.

Die Risiken des Ticket-Splittings

Der Spartrick hat seine Tücken. Wer mehrere Tickets kauft, verliert unter Umständen bestimmte Fahrgastrechte. Bei einer durchgehenden Fahrkarte haben Reisende bei Verspätungen oder Zugausfällen Anspruch auf Ersatzbeförderung.

Bei getrennten Tickets wird es komplizierter: Verpasst man aufgrund einer Verspätung einen Anschlusszug, kann die zweite Fahrkarte verfallen. Wie ein Nutzer in den Kommentaren zu Weihrauchs YouTube-Video anmerkt: „Im Falle einer Verspätung verfallen Anschlusstickets mit Zugbindung, da der vorhergehende Zug nicht mit dem nächsten verknüpft ist.“ Auch Sitzplatzreservierungen können problematisch werden, wenn für verschiedene Teilstrecken unterschiedliche Plätze reserviert werden müssen.

Open Source als Ausweg?

Trotz der Hürden gibt Weihrauch sein Projekt nicht auf. Laut „Chip“ erwägt er, den Quellcode der Better Bahn App auf GitHub zu veröffentlichen – so könnte jeder Nutzer die Web-App auf eigene Verantwortung selbst hosten. Der Entwickler verspricht, auf seinem YouTube-Kanal Updates zur Projektentwicklung zu liefern. Die App soll kostenlos und werbefrei bleiben.

Wie „RND“ berichtet, hat Weihrauch seinen Code bereits für alle zugänglich gemacht. Ob das ausreicht, um den Spartrick einer breiteren Masse zugänglich zu machen, bleibt abzuwarten. Die Deutsche Bahn könnte mit Anpassungen ihres Preissystems oder rechtlichen Schritten reagieren, wenn der Hack zu populär wird.

Business Punk Check

Der Fall Weihrauch zeigt exemplarisch, wie verkrustete Konzernstrukturen durch digitale Innovation herausgefordert werden. Die Deutsche Bahn betreibt ein Preissystem, das selbst Insider kaum durchschauen – ein klassisches Beispiel für künstliche Intransparenz zulasten der Kunden. Während Startups wie Omio oder Trainline längst kundenfreundliche Buchungsplattformen geschaffen haben, blockiert die DB mit ihrer Schnittstellenpolitik echte Innovation.

Der eigentliche Skandal: Ein Konzern in Staatsbesitz verhindert aktiv, dass Kunden Geld sparen können. Für Unternehmer und Entwickler bedeutet dies: Wer in regulierten Märkten mit etablierten Playern disruptive Lösungen anbietet, muss mit erheblichem Widerstand rechnen. Die Frage ist nicht, ob die Bahn reagieren wird, sondern wie schnell sie Weihrauchs Hack unterbinden kann.

Häufig gestellte Fragen

  • Ist das Ticket-Splitting bei der Deutschen Bahn legal?
    Ja, das Aufteilen einer Strecke in mehrere Tickets ist vollkommen legal. Es nutzt lediglich Inkonsistenzen im Preissystem der Bahn aus. Allerdings verlieren Reisende dabei bestimmte Fahrgastrechte, besonders bei Verspätungen und verpassten Anschlüssen.
  • Wie kann ich den Ticket-Splitting-Trick ohne spezielle App nutzen?
    Im DB Navigator die gewünschte Strecke eingeben und den Preis notieren. Dann dieselbe Verbindung mit einem strategischen Zwischenstopp (z.B. größere Bahnhöfe auf der Strecke) neu suchen und beide Teilstrecken separat buchen. Vergleichen Sie mehrere Zwischenstopps für maximale Ersparnis.
  • Welche Risiken bestehen beim Ticket-Splitting?
    Bei Verspätungen können Anschlusstickets mit Zugbindung verfallen, da die Teilstrecken nicht miteinander verknüpft sind. Sitzplatzreservierungen müssen eventuell für jede Teilstrecke separat gebucht werden. Bei Zugausfällen gestaltet sich die Erstattung komplizierter.
  • Wie reagieren andere Verkehrsunternehmen auf solche Preis-Hacks?
    Viele Unternehmen haben bereits mit Anpassungen ihrer AGBs reagiert. Airlines wie Lufthansa gehen aktiv gegen „Skiplagging“ (das Buchen von Umsteigeverbindungen, bei denen nur die erste Teilstrecke genutzt wird) vor. Mittelfristig könnte auch die Deutsche Bahn ihre Geschäftsbedingungen anpassen.
  • Welche alternativen Spartricks gibt es für Bahnreisende?
    Frühbuchungen (bis zu 180 Tage im Voraus), Sparpreisfinder der DB, BahnCards, Ländertickets für Regionalverkehr, Gruppentickets ab 2 Personen und grenzüberschreitende Tickets (oft günstiger als nationale Verbindungen) bieten weitere Sparpotenziale. Auch Mitfahrgelegenheiten über die DB-App können den Preis halbieren.

Quellen: „Chip“, „lukasweihrauch.notion.site“, „RND“, „Golem“