Drive & Dreams Von finanzieller Teilhabe bis zur Start-Up Schubkraft – ein Gespräch mit Martin Ott

Von finanzieller Teilhabe bis zur Start-Up Schubkraft – ein Gespräch mit Martin Ott


Carsten: Martin, du hast Facebooks Zentral-Europa-Geschäft geführt, heute baust du mit Taxfix eine Finanzplattform für Millionen. Wie kam dieser Sprung vom Big Tech-Konzern zum FinTech-Startup?

Martin: Der Gründerfunke war schon vorher da. Ich hatte selbst gegründet, lange bevor ich zu Meta ging. Die Zeit im Konzern hat mir aber noch einmal gezeigt, wie groß man mit Technologie wirklich denken kann. Bei Taxfix bin ich nun wieder ganz nah am Produkt. Und ich hätte nie gedacht, dass mich das Thema Steuern einmal so begeistern könnte! Seitdem ich mich intensiv damit beschäftige, ist mir klar: Steuern sind für Millionen von Menschen ein richtiges Angstthema. Bei Taxfix setzen wir genau hier an: Uns geht es darum,  Ängste durch einfachen Zugang zu nehmen und mehr Menschen damit finanzielle Teilhabe zu ermöglichen.

Carsten: Was hast du aus der Meta-Zeit mitgenommen in dein heutiges Schaffen?

Martin: Vor allem das Denken in Skalierung und eine fast schon obsessive Datenorientierung. Bei Meta wird jedes Feature global gedacht und anhand klarer Metriken gesteuert. Gleichzeitig ist mir aber auch die Relevanz von Datensicherheit und Datenschutz immer bewusst gewesen – und dieser Schutz ist nicht optional, sondern unverhandelbar im Rahmen unserer europäischen Werte. Diese Mischung aus Tempo und Verantwortung prägt nun, wie wir Taxfix führen.

Carsten: Du engagierst dich im Startup-Verband. Was ist aus deiner Sicht die größte Baustelle für Deutschland?

Martin: Es fängt ja schon beim schnellen, unkomplizierten Zugang an. Wer heute gründet, kämpft mehr mit Formularen als mit dem Aufbau seines Produkts. Ein One-Stop-Shop für Gründung, Förderung sowie schnellere Visa für internationale Talente, wären wichtige erste Schritte und würden viel Zeit und Nerven sparen.

Carsten: Bleiben wir beim Kapital. Ihr habt zuletzt 200 Millionen EUR eingesammelt, unter anderem von einer kanadischen Pensionskasse. Warum kam das Geld nicht aus Deutschland?

Martin: Weil deutsche Pensionskassen kaum in Venture Capital investieren dürfen. Uns fehlt in Deutschland ein Weg, das enorme Sparvolumen in Zukunftstechnologien zu lenken. Das aktuelle Venture-Capital-Gap von rund 30 Milliarden Euro schließen wir nur, wenn wir institutionelles Kapital dafür öffnen – sonst finanzieren wir weiter die Moonshots anderer Länder, statt in unser eigenes Potenzial zu investieren.

Carsten: Talentmangel ist Dauerbrenner. Was würdest du sofort ändern?

Martin: Schnellere Visaverfahren. Wir haben bei Taxfix Kolleginnen und Kollegen aus über 50 Nationen – aber manchmal wartet ein Top-Entwickler fünf Monate auf sein Arbeitsvisum. Da braucht man schon viel Geduld – ansonsten gewinnt am Ende das Valley.  Schnellere und digitale Verfahren kombiniert mit einer echten Willkommenskultur wären die beste Wirtschaftsförderung.

Carsten: Du sprichst oft von „Moonshots made in Germany“. Was meinst du konkret?

Martin: Große Wetten mit langem Atem. Nicht das nächste Copycat, sondern Lösungen, die weltweit skalieren und echte Probleme lösen – wie Klimaschutz, Gesundheit oder Finanzbildung. Wir erleben gerade mit KI, einen technologischen Wandel, der nicht nur die Art und Weise verändert, wie wir Produkte entwickeln, sondern das gesamte Regelwerk neu schreibt. Um global wettbewerbsfähig zu bleiben, brauchen wir Förderimpulse für kritische Technologien und Hightech Innovation – aber vor allem braucht es politischen Mut, ein mögliches Scheitern als Teil des Prozesses zu sehen.

Carsten: Stell dir vor, du bist morgen Digitalminister. Deine drei Sofortmaßnahmen?

Martin: Erstens: Eine Digitalstrategie mit eigenem Budget, klaren KPIs und einem Chief Delivery Officer, der die Umsetzung verantwortet und die Digitalisierung der Verwaltung auf ein anderes Level bringt. Zweitens: Ein faires Gesetz zur Mitarbeiterbeteiligung, das Gründer und Mitarbeitende steuerlich gleichstellt. Drittens: Die europäische Kapitalmarktunion vorantreiben, damit Exits nicht zwangsläufig an der Nasdaq landen.

Carsten: Bist du trotz aller Hürden optimistisch für Deutschland?

Martin: Absolut. Wir haben exzellente Hochschulen, Hidden Champions und Talente aus aller Welt. Wenn wir Bürokratie abbauen, Kapital mobilisieren und Vielfalt als Stärke begreifen, kann Deutschland wieder Magnet für Innovation werden. Taxfix zeigt mir jeden Tag: Wenn wir Menschen befähigen statt behindern, entstehen innovative Lösungen, die wirklich etwas bewegen – schnell, relevant und skalierbar.

Carsten: Danke für deine Klarheit, Martin – starke Impulse für Choose Germany!