Drive & Dreams Nach Software-Update: Waymos KI-Taxis werden plötzlich zum Straßen-Rowdy

Nach Software-Update: Waymos KI-Taxis werden plötzlich zum Straßen-Rowdy

Waymos selbstfahrende Taxis in San Francisco wurden per Software-Update von braven Regelbefolgen zu durchsetzungsfähigen Verkehrsteilnehmern umerzogen – mit teils riskanten Fahrmanövern.

In San Francisco hat sich das Verhalten der autonomen Waymo-Taxis radikal gewandelt. Die einst für ihre übervorsichtige Fahrweise bekannten Roboterfahrzeuge zeigen jetzt plötzlich Ellbogen im Straßenverkehr.

Statt minutenlang hinter falsch parkenden Autos zu verharren oder an Stoppschildern endlos zu warten, nehmen die KI-gesteuerten Fahrzeuge nun aktiv ihre Verkehrsrechte wahr – manchmal sogar aggressiver als menschliche Fahrer.

Vom braven Regelbefolger zum Verkehrs-Rowdy

Die Veränderung ist kein Zufall, sondern Strategie. Laut „t3n“ hat Waymo, ein Tochterunternehmen von Alphabet Inc., die Software seiner Fahrzeuge bewusst angepasst. Chris Ludwick, Senior Director of Product Management bei Waymo, bezeichnet das neue Fahrverhalten offiziell als „selbstbewusst und durchsetzungsfähig“. Dieses Update sei notwendig gewesen, um im chaotischen Stadtverkehr von San Francisco zu bestehen.

„Das war für uns wirklich notwendig, um das Projekt in San Francisco tatsächlich auszuweiten, insbesondere wegen des hohen Verkehrsaufkommens“, erklärt Ludwick. Die Veränderung ist für Nutzer deutlich spürbar. Jennifer Jeffries, eine regelmäßige Waymo-Nutzerin mit über 50 Stunden Fahrzeit, beschreibt die neue Fahrweise als ähnlich der von aggressiven Taxifahrern. Die Fahrzeuge umfahren jetzt Hindernisse mit geringerem Sicherheitsabstand als menschliche Fahrer – ein Verhalten, das bei Passagieren durchaus für Nervenkitzel sorgt.

Regelbrüche im Namen der Effizienz

Die neuen Fahrmanöver bewegen sich teilweise in rechtlichen Grauzonen. Wie „t-online“ berichtet, wurde im September ein Waymo-Fahrzeug von der Polizei angehalten, nachdem es einen unerlaubten U-Turn vollzogen hatte. In einem anderen Fall gab ein Waymo-Taxi an einer mehrspurigen Kreuzung mit Stoppschildern gleichzeitig mit einem benachbarten Fahrzeug Gas, statt die Vorfahrtsregeln einzuhalten.

Waymo verteidigt diese Entwicklung als notwendigen Kompromiss. Laut Ludwick müssen die Fahrzeuge Entscheidungen nach „gesundem Menschenverstand“ treffen, um nicht selbst zum Verkehrshindernis zu werden. Als Beispiel nennt er Situationen, in denen ein Lieferwagen die Fahrbahn blockiert: Während die alte Software vor einer durchgezogenen Mittellinie kapituliert hätte, überqueren die aktualisierten Waymos diese nun – genau wie menschliche Fahrer es tun würden.

Expansion trotz Bedenken

Trotz der Berichte über riskantere Fahrmanöver treibt Waymo seine Expansionspläne voran. Das Unternehmen, das bereits über 2.500 Fahrzeuge betreibt, hat angekündigt, seinen Robotaxi-Dienst auf Minneapolis, Tampa und New Orleans auszuweiten.

Dabei verweist Waymo auf seine Unfalldaten, die laut Unternehmensangaben selten Probleme durch die Fahrweise der Fahrzeuge aufzeigen. Früher warteten Waymos an Stoppschildern höflich mit einem virtuellen „Nein, bitte, nach Ihnen“. Diese Zurückhaltung gehört nun der Vergangenheit an – zum Wohl der Effizienz, aber möglicherweise auf Kosten der Verkehrssicherheit.

Business Punk Check

Die KI-Transformation von Waymo zeigt ein fundamentales Dilemma der Mobilitätsbranche: Perfekte Regelbefolgung funktioniert im realen Straßenverkehr nicht. Waymos Software-Update ist kein technisches Detail, sondern ein radikaler Strategiewechsel – weg vom sicheren, aber ineffizienten Regelbefolger, hin zum kalkulierten Regelbrecher.

Für die Mobilitätsbranche bedeutet dies: Autonome Fahrzeuge müssen menschliche Unvollkommenheit imitieren, um erfolgreich zu sein. Die eigentliche Innovation liegt nicht in der Perfektion, sondern in der kontrollierten Imperfektion. Unternehmen, die in autonome Mobilität investieren, sollten diese Erkenntnis ernst nehmen: Der Markt belohnt nicht die sichersten, sondern die effizientesten Lösungen. Die entscheidende Frage für Investoren: Wie viel Regelbruch ist akzeptabel, bevor Behörden einschreiten?

Häufig gestellte Fragen

  • Wie beeinflusst Waymos neuer Fahrstil die Zukunft des autonomen Fahrens?
    Waymos Strategiewechsel zeigt, dass autonome Fahrzeuge menschliches Verhalten imitieren müssen, um im Stadtverkehr zu bestehen. Für die Branche bedeutet dies eine Abkehr vom Ideal des perfekten Regelbefolgers hin zu pragmatischeren Ansätzen, die Effizienz und Durchsetzungsfähigkeit priorisieren.
  • Welche rechtlichen Konsequenzen drohen Waymo durch die aggressiveren Fahrmanöver?
    Aktuell bewegt sich Waymo in einer regulatorischen Grauzone. Unternehmen in diesem Sektor sollten proaktiv mit Behörden zusammenarbeiten und transparente Daten über Fahrverhalten und Sicherheitsstandards bereitstellen, um strengere Regulierungen zu vermeiden.
  • Was bedeutet Waymos Strategiewechsel für Investoren im Mobilitätssektor?
    Investoren sollten Unternehmen bevorzugen, die einen ausgewogenen Ansatz zwischen Sicherheit und Effizienz verfolgen. Die Waymo-Entwicklung zeigt, dass technologische Perfektion allein nicht zum Markterfolg führt – entscheidend ist die Anpassungsfähigkeit an reale Verkehrssituationen.
  • Wie können Städte und Kommunen auf die neuen Herausforderungen durch aggressivere KI-Fahrzeuge reagieren?
    Städte sollten spezielle Testkorridore für autonome Fahrzeuge einrichten und klare Leitlinien für akzeptables Fahrverhalten definieren. Gleichzeitig müssen Verkehrsplanungen angepasst werden, um die Koexistenz von autonomen und menschlich gesteuerten Fahrzeugen zu erleichtern.
  • Welche Versicherungsmodelle werden für autonome Fahrzeuge mit kalkuliertem Regelbruch benötigt?
    Die Versicherungsbranche muss neue Modelle entwickeln, die das Risiko von kalkulierten Regelverstößen durch KI-Fahrzeuge abdecken. Datenbasierte, dynamische Versicherungstarife könnten die Lösung sein, wobei die Verantwortung zwischen Technologieanbietern und Nutzern neu verteilt werden muss.

Quellen: t3n.de, t-online.de