Female & Forward Interview mit Lia Grünhage: Wirksam führen: Wie Coaching Frauen in ihrer Führungsrolle stärkt – und Leadership langfristig verändert

Interview mit Lia Grünhage: Wirksam führen: Wie Coaching Frauen in ihrer Führungsrolle stärkt – und Leadership langfristig verändert

Lia Grünhage ist Co-Founderin und CEO von Ten More In – einer Academy, die Frauen durch Executive- und Mirror-Coaching in Führung bringt. Im Gespräch erklärt sie, wie tägliche Routinen Kraft geben, welche drei Phasen Gründerinnen durchlaufen, warum echte Delegation eine Führungsfrage ist und wie Sichtbarkeit und Vereinbarkeit (noch) strukturell verankerte Hürden für Frauen darstellen.

Carsten: Lia, wie startet bei dir ein richtig guter Tag?
Lia: Mit Winston, meinem Labrador. Eine Stunde Spaziergang im Wald – ohne Handy. Das reguliert das Nervensystem, reduziert nachweislich Stress und macht mich fokussierter.

Carsten: Du kommst aus einer Unternehmerfamilie – hat das dein Mindset geprägt?
Lia: Ja. Disziplin und die Bereitschaft, gerade in harten Zeiten weiterzumachen – beides Dinge, die ich von meinem Vater mitgenommen habe. Unternehmertum ist für mich schon eine besondere Form der Hingabe.

Carsten: Was hat dich bei Amorelie zum Unternehmertum gezogen?
Lia: Die Bandbreite: kreativ, strategisch, operativ und die Möglichkeit durch die Unternehmen gesellschaftliche Themen wie Führungskultur mit Ten More In oder davor Sexualität mit Amorelie positiv zu beeinflussen.

Carsten: Du sprichst von drei Phasen beim Gründen – kurz: welche sind das?
Lia: 1) Hemmungslose Überforderung – alles selbst machen. 2) Umgang mit Kritik – nicht allen gefallen müssen. 3) Professionalisierung durch Coaching – gezielt Tools aufbauen und souveräner werden.

Carsten: Delegation klingt simpel – warum ist es so schwer?
Lia: Weil viele Gründerinnen Vorstellungen davon im Kopf haben, wie etwas „richtig“ aussehen muss. Echte Delegation heißt Verantwortung und Entscheidungsfreiheit abgeben – das ist eine Führungsaufgabe.

Carsten: Coaching oder Therapie – wo liegt der Unterschied?
Lia: Therapie behandelt Leid; Coaching stärkt Handlungsfähigkeit. Coaching erweitert dein Repertoire, steigert Souveränität und Wirksamkeit.

Carsten: Ihr habt Mirror Coaching entwickelt – was ist das?
Lia: Top-Coachingsessions werden live gezeigt oder aufgezeichnet, andere Teilnehmerinnen lernen im Beobachten der Session und in der Zusammenarbeit mit kuratierten Peer-Circle-Groups. Lernen am Modell ist extrem wirkungsvoll.

Carsten: Wie lange läuft euer Programm und was messen die Teilnehmerinnen?
Lia: Unser Kernprogramm dauert sechs Wochen, remote mit Live- und Peer-Sessions. Direkt danach sagen ~90%, ihre Führungswirksamkeit habe sich verbessert; 75% berichten, dass Teams die Veränderung wahrnehmen; 81% übernehmen drei Monate später mehr Verantwortung.

Carsten: Wie wählt ihr Coaches aus?
Lia: Wir arbeiten mit erfahrenen Executive Coaches – Menschen mit mehreren und langjährigen Ausbildungen. Unsere Founding Coaches, die uns seit Beginn begleiten, sind echt Koryphäen in ihrem Bereich. Qualität ist zentral, weil Coaching ein Handwerk ist.

Carsten: Warum habt ihr nicht allein gegründet?
Lia: Gründen macht zu zweit mehr Spaß und ist resilienter. Lea und ich kennen uns lange, teilen Werte und haben klare Rollen – das erleichtert Entscheidungen.

Carsten: Wie habt ihr die Rollenverteilung geregelt?
 Lia: Früh klare Verantwortlichkeiten: Lea ist stark in Vision & Strategie, ich operativ. Wichtig ist, dass beide eine gemeinsame Realität teilen – sonst wird’s zäh.

Carsten: Sichtbarkeit ist für viele Frauen ein Thema. Wie helft ihr hierbei?
Lia: Wir arbeiten an Haltung und Praxis. Sichtbar sein heißt, Kritik riskieren. Das erfordert Mut, weniger Perfektionismus und konkrete Trainings für Präsenz in relevanten Kontexten.

Carsten: Vereinbarkeit bleibt strukturell – was fehlt konkret?
Lia: Kinderbetreuung, steuerliche Anreize für Rückkehr nach Elternzeit, flexible Arbeitsmodelle. Politik und Unternehmen müssen Rahmen schaffen, sonst verlieren wir Talente.

Carsten: Was ist euer größter Hebel, um mehr Frauen in Führung zu bringen?
Lia: Skalierbares, hochwertiges Coaching + starkes Netzwerk. Sichtbarkeit + konkrete Tools verändern Verhalten und Organisationskultur.

Carsten: Was rätst du jungen Gründerinnen?
Lia: Arbeitet früh im Team, testet Rollen praktisch, baut Netzwerke systematisch auf und scheut euch nicht vor Unterstützung (Mentoring/Coaching).

Carsten: Blick nach vorn – wo steht Leadership in fünf Jahren?
Lia: Diverser, reflektierter und coaching-affiner. Führung wird weniger von Präsenz, mehr von Haltung und Wirksamkeit bestimmt.

Carsten: Was motiviert dich jeden Morgen aufzustehen?
Lia: Die Aussicht, Frauen wirksamer zu machen, und die tägliche Arbeit an einem Produkt, das echte Veränderung bringt.

Carsten: Danke, Lia, für die klaren Einsichten.
Lia: Danke, Carsten – gerne jederzeit.

Foto: Jonas Holthaus