Finance & Freedom Grundeinkommen-Experiment: Geld macht glücklich – und produktiver

Grundeinkommen-Experiment: Geld macht glücklich – und produktiver

Wer monatlich 1.200 Euro ohne Bedingungen erhält, arbeitet trotzdem weiter, fühlt sich aber autonomer und investiert mehr Zeit in soziale Beziehungen. Eine dreijährige Studie räumt mit Vorurteilen auf und zeigt überraschende Effekte des bedingungslosen Grundeinkommens.

Faul auf der Couch liegen und Geld kassieren? Von wegen. Die jüngsten Ergebnisse einer umfassenden Langzeitstudie zum bedingungslosen Grundeinkommen zeichnen ein völlig anderes Bild. Drei Jahre lang erhielten 120 Testpersonen monatlich 1.200 Euro – ohne Verpflichtungen, ohne Bedingungen. Das Ergebnis überrascht selbst Skeptiker: Die Arbeitsbereitschaft blieb unverändert, während Lebenszufriedenheit und Autonomiegefühl deutlich anstiegen.

Mythos „Hängemattengesellschaft“ widerlegt

Die Daten sprechen eine klare Sprache: Die Beschäftigungsquote der Grundeinkommensbezieher blieb nahezu identisch mit der Vergleichsgruppe ohne finanzielle Zuwendung. Auch bei der Arbeitszeit zeigten sich keine signifikanten Unterschiede – beide Gruppen arbeiteten durchschnittlich 40 Stunden pro Woche. „Wir finden keine Evidenz dafür, dass Menschen es lieben, nichts zu tun“, erklärt Susann Fiedler von der Wirtschaftsuniversität Wien, eine der Studienautorinnen, gegenüber „t3n“.

Das Kooperationsprojekt des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), der Wirtschaftsuniversität Wien, des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung sowie des Vereins Mein Grundeinkommen e.V. liefert damit Erkenntnisse, die gängige Vorurteile gegen das Konzept entkräften. Die monatlichen Zahlungen wurden vollständig durch Spenden finanziert.

Mehr Jobwechsel und Weiterbildung

Interessant: Wer das Grundeinkommen bezog, zeigte eine höhere Bereitschaft zum Jobwechsel. Die finanzielle Sicherheit ermöglichte es den Teilnehmern offenbar, berufliche Veränderungen anzustreben, ohne existenzielle Ängste. Gleichzeitig investierten die Grundeinkommensbezieher verstärkt in ihre Weiterbildung – ein Hinweis auf langfristiges Denken statt kurzfristigen Konsums.

Mehr gefühlte Zeit trotz gleicher Arbeitsbelastung

Ein paradoxer Effekt: Obwohl die Arbeitszeit konstant blieb, berichteten die Teilnehmer von einem subjektiv größeren Zeitbudget. Diese gefühlte Zeitvermehrung nutzten sie primär für soziale Beziehungen – mehr Zeit mit Partnern, Freunden und Familie. Auch ehrenamtliches Engagement und Schlaf profitierten vom subjektiven Zeitgewinn. Bemerkenswert: Die Zeit für passive Unterhaltung sank im Vergleich zur Kontrollgruppe.

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