Finance & Freedom Rentenkassen-Fusion: DARUM löst Bas‘ Beamten-Plan die Krise nicht

Rentenkassen-Fusion: DARUM löst Bas‘ Beamten-Plan die Krise nicht

Die Idee von Arbeitsministerin Bärbel Bas, Beamte in die gesetzliche Rentenkasse zu integrieren, stößt auf massive Kritik. Experten warnen vor Milliardenkosten und neuen Ungerechtigkeiten – ohne die grundlegenden Probleme zu lösen.

Die Diskussion um eine gemeinsame Rentenkasse für alle Erwerbstätigen in Deutschland hat neuen Zündstoff bekommen. Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) fordert die Zusammenführung von Rentenkasse und Beamtenversorgung – ein Vorschlag, der auf den ersten Blick nach mehr Gerechtigkeit klingt. Doch Ökonomen und Experten schlagen Alarm: Die vermeintliche Lösung könnte mehr Probleme schaffen als beseitigen.

Milliardenkosten statt Entlastung

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) rechnet vor: Bei sofortiger Integration aller 1,9 Millionen Beamten entstünden jährliche Mehrkosten von bis zu 20 Milliarden Euro für die öffentlichen Haushalte. Selbst bei einer paritätischen Finanzierung blieben immer noch zehn Milliarden Euro zusätzliche Belastung. „Der Vorschlag würde einen Haufen Probleme produzieren – ohne die bestehenden zu lösen“, urteilt das IW unmissverständlich.

Verfassungsrechtliche Hürden und Gehaltseinbußen

Die rechtlichen Rahmenbedingungen setzen dem Vorhaben enge Grenzen. Beamte genießen Bestandsschutz, was Einschnitte bei laufenden Pensionen praktisch unmöglich macht. Eine schrittweise Einführung für Neubeamte würde wiederum zu einer Zwei-Klassen-Situation führen: Die Neuen müssten Rentenbeiträge zahlen – was faktisch einer Gehaltskürzung entspräche. Gleichzeitig müssten die Dienstherren weiterhin die bestehenden Pensionen finanzieren und zusätzlich Arbeitgeberbeiträge für die Neuen leisten.

Wirtschaftsweise sehen keine langfristige Stabilisierung

Auch die Wirtschaftsweisen, die sich in ihrem Jahresgutachten 2023/24 intensiv mit dem Thema befasst haben, sehen keinen nachhaltigen Nutzen. Ihre Analyse zeigt: Die Rentenkasse stünde durch den Einbezug der Beamten langfristig nicht besser da. Im Gegenteil – spätere Generationen müssten mit noch höheren Beiträgen rechnen, um die zusätzlichen Rentenansprüche zu finanzieren. Zudem würde die Reform das Rentenniveau kaum stabilisieren.

Alternative Reformansätze mit mehr Potenzial

Sinnvoller erscheinen den Experten andere Ansätze. Die Wirtschaftsweisen empfehlen eine Verschlankung des Beamtentums auf hoheitliche Berufe wie Verteidigung, Polizei und Justiz. Das IW schlägt vor, direkt an der Höhe der Pensionsansprüche anzusetzen. Und die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) sieht dringlicheren Handlungsbedarf an anderer Stelle: „Ein Start mit den nicht abgesicherten Selbstständigen steht seit Jahren an und ist auch im Koalitionsvertrag angedacht“, betont DRV-Präsidentin Gundula Roßbach.

Die Gerechtigkeitsfrage bleibt

Die Debatte wird auch durch die offensichtliche Kluft zwischen Renten und Pensionen befeuert. Während Bundesbeamte im Durchschnitt über 3.000 Euro brutto monatlich erhalten, müssen Rentner mit rund 1.500 Euro auskommen. Dieser Unterschied stößt vielen Bürgern sauer auf. Allerdings deckt die Beamtenpension sowohl die erste als auch die zweite Säule der Altersvorsorge ab, während die gesetzliche Rente nur die erste Säule darstellt.

Die Rentendiskussion offenbart ein grundlegendes Dilemma der deutschen Altersvorsorge: Schnelle und einfache Lösungen gibt es nicht. Eine nachhaltige Reform müsste verschiedene Säulen der Altersvorsorge neu justieren, ohne dabei neue Ungerechtigkeiten zu schaffen. Statt einer überhasteten Systemfusion könnte ein schrittweiser Ansatz mehr Erfolg versprechen: zunächst die Integration der Selbstständigen, dann eine maßvolle Reform der Beamtenversorgung und parallel dazu der Ausbau der betrieblichen und privaten Vorsorge. Die demografische Herausforderung bleibt bestehen – sie erfordert einen ganzheitlichen Ansatz jenseits symbolischer Debatten. Die nächste Bundesregierung wird um grundlegende Entscheidungen nicht herumkommen.

Quelle: Merkur.de