Finance & Freedom Sondervermögen nur „Taschenspielertrick“? Regierung kürzt Infrastruktur und stockt Sozialetat auf

Sondervermögen nur „Taschenspielertrick“? Regierung kürzt Infrastruktur und stockt Sozialetat auf

An sich sollte das Geld, das die Bundesregierung auf Pump in ein Sondervermögen steckt, komplett in neue Investitionen für Infrastruktur gehen. Jetzt zeigt sich: Vieles ist aus dem Kernetat ins Sondervermögen gewandert, damit im eigentlichen Haushalt die Sozialabgaben steigen können.

Erneut ist eines der zentralen Versprechen der Bundesregierung, zu dem sie in ihren Koalitionsverhandlungen noch gestanden hatte, geplatzt: Das Sondervermögen für Infrastruktur ist nicht komplett zusätzliches Geld für den Straßen-, Schienen- und digitalen Ausbau, sondern es ist schlich umgeschichtet aus dem eigentlichen Haushalt. Dort nämlich wird mehr Geld für steigende Sozialausgaben gebraucht.

Die abgewählte Ampelregierung hatte im Wahlkampf noch ambitionierte rund 53 Milliarden Euro für Infrastruktur im Kernhaushalt angekündigt. Der neue Entwurf unter Schwarz-Rot dagegen sieht jetzt nur 37,5 Milliarden vor – eine deutliche Verkleinerung, begleitet von Streichungen beim Breitband-Ausbau, bei Schienenwegen und bei den Renten. Stattdessen fließen Milliarden in Sozialausgaben und in ein Darlehen an den Gesundheitsfonds. Dies macht eine aktuelle Analyse des Münchner ifo-Instituts deutlich. Die Folge: Das milliardenschwere Sondervermögen für Infrastrukturausgaben, das als zusätzliches Geld versprochen und vom Bundestag genehmigt worden war, ist ein Mythos. In Wahrheit kompensiert ein Teil dieses Sondervermögen nur jene Ausgaben, die bisher an sich im eigentlichen Haushalt steckten.

Im Detail listen die ifo Forscher die Ausgaben so auf: Das Investitionsdarlehen für den Kapitalstock in der Rentenversicherung ist komplett gestrichen, was ein minus 12,36 Milliarden Euro ergibt. Die Summe für den Breitbandausbau ist um 2,93 Milliarden gekürzt, der Infrastrukturbeitrag für Schienenwege um 2,36 Milliarden Euro. Stattdessen fließt ein teil in ein Darlehen an den Gesundheitsfonds: 2,3 Milliarden Euro. Größter Nutznießer der Umschichtung ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Es kann sich über 11,05 Milliarden Euro mehr freuen.

Emilie Höslinger, ifo-Forscherin und Studienautorin, stellt fest: „Ursprünglich war vorgesehen, dass Ausgaben aus dem schuldenfinanzierten Sondervermögen zusätzlich zu den Investitionen im regulären Bundeshaushalt geplant werden. Das passiert aber nicht. (…) Tatsächlich verlagert Schwarz-Rot Infrastruktur- und Digitalisierungsprojekte ins schuldenfinanzierte Sondervermögen und erhöht stattdessen die Sozialausgaben im Kernhaushalt.“ Ifo-Chef Clemens Fuest spricht von einem „klassischen Taschenspielertrick“.

Bundeskanzler Friedrich Merz hatte den so kritisierten Haushalt jüngst noch als Zäsur beworben und in der generaldebatte des Bundestags gesagt: „Mit dem Haushalt 2025 leiten wir eine Wende in der Wirtschaftspolitik ein. Eine groß angelegte Investitionsoffensive soll starke Wachstumsimpulse setzen. Unternehmen werden milliardenschwer entlastet und in ihrer Wettbewerbsfähigkeit gestärkt.“ Sein Vize, Finanzminister Lars Klingbeil, pries die Dimension der Zahlen: „Wir investieren so stark wie noch nie zuvor in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes, und das ist ein gutes Signal. Der Haushalt 2025 sieht Rekordinvestitionen in Höhe von 115 Milliarden Euro vor – ein Anstieg von 55 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.“

Offiziell sprich die Regierung von einer wirtschaftspolitischen Wende, tatsächlich ist es aber nur ein halbherziger Schwenk. Die Haushaltszahlen der ifo-Studie machen die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit der Regierung deutlich: Die Infrastruktur wird ins Sondervermögen ausgelagert und im Kernetat durch steigende Sozialausgaben ersetzt.