Finance & Freedom Soziales: Die Beitragswelle rollt unaufhaltsam

Soziales: Die Beitragswelle rollt unaufhaltsam

Und Raffelhüschen hat seit Jahren die unnachgiebigen Zahlen parat, denn die Leute, die zahlen sollen und empfangen werden, sind alle schon auf der Welt und müssen eigentlich nur berechnet und gezählt werden. Trotzdem reagierten die Verantwortlichen nicht lösungsorientiert. „Bis zum 4. April dieses Jahres“, so Raffelhüschen, hätten die Beitragszahler ausschließlich für die Sozialleistungen gearbeitet. Neben den „Steuergedenktag“, der regelmäßig im Sommer den Tag feststellt, an dem der Lohnempfänger dann für sich selbst behält, was er verdient, tritt nun auch der „Sozialabgaben-Stichtag“. Der voraussichtlich jedes Jahr etwas später stattfinden wird. Heute betragen die Ausgaben für Soziales 31 Prozent des Bundeshaushalts, mit ungebrochen steigender Tendenz. Das geltende Umlageverfahren kann die Herausforderungen nicht mehr meistern. Vorschläge einer parallellaufenden Kapitaldeckung der Rente gibt es seit Jahrzehnten, europäische Vorbilder auch. Geschehen ist nichts.

Die Krankenkassen wiederum könnten vom Gesetzgeber entlastet werden, indem man Leistungen weiter herunterschraubt. Aber dies würde ab einem bestimmten Punkt wohl den Versicherungsgedanken ad absurdum führen.

Dabei wurde die Politik im Lauf der Jahre nicht müde, unangenehme finanzielle Lasten auf Renten- und Krankenversicherung abzuwälzen. Beispiel: Die Explosion der Bürgergeldzahlungen brachte auch eine zusätzliche Belastung der Sozialversicherung mit sich. Die es nicht als ihre eigentliche Aufgabe sieht, das rein staatliche Sozialhilfewesen aus den Beiträgen ihrer Versicherten zu stützen. Die sogenannten versicherungsfremden Leistungen sind seit jeher Begründung dafür, dass der Steuerzahler neben den Versicherten zur Finanzierung herangezogen wird. Doch diese Milliarden des Staates reichen nicht mehr. Außerdem könnte das System an einen Punkt gelangen, an dem Nicht-Versicherte wie etwa die Kunden der Privaten Krankenversicherung oder Selbständige und Freiberufler sich fragen müssen, warum sie ein System mitfinanzieren, von dessen Leistungen sie ausgenommen sind. Je höher die Steuerzuschüsse, desto eher stellen sich derart grundsätzliche Fragen.

Vor diesem Hintergrund konstatierte jüngst die Vorsitzende des Gesamtverbands der Gesetzlichen Krankenkassen, Doris Pfeiffer: „Die finanzielle Situation der gesetzlichen Krankenversicherung, die 90 Prozent der Bevölkerung versichert und versorgt, ist so schlecht, dass sofortiges Handeln notwendig ist“. Völlig verständnislos blickt auch Pfeiffer auf den Koalitionsvertrag. „Wir haben Rekordbeitragssätze, wir haben nur noch sieben Prozent einer Monatsausgabe als Reserve, in den letzten zwei Monaten gab es sechs weitere Beitragssatzerhöhungen – und die einzige Antwort darauf scheint eine Kommission zu sein, die erst im Frühjahr 2027 Ergebnisse vorlegen soll“, sagt Pfeiffer. 

Es lohnt daher ein Blick auf die Prognosen des Schätzerkreises der Gesetzlichen Krankenversicherung. Nachdem die Beitragsbemessungsgrenze, bis zu welcher Beiträge entrichtet werden müssen, regelmäßig angehoben wurde und somit höhere Einnahmen erzielt werden, ist die Analyse des gesetzlichen Schätzerkreises gleichwohl ernüchternd. Im laufenden Jahr müssen die Krankenkassen mit einem Defizit von 46,7 Milliarden Euro klarkommen. Da sind die Bundeszuschüsse bereits eingerechnet.

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