Finance & Freedom Versicherung 2.0: CDU will Krankenkassen so modular machen wie Startups

Versicherung 2.0: CDU will Krankenkassen so modular machen wie Startups

Vier Milliarden Euro fehlen den gesetzlichen Krankenkassen. Die CDU plant eine radikale Reform: Basis-Tarife plus individuelle Zusatzpakete sollen das Milliardenloch stopfen – ohne Leistungskürzungen.

Das deutsche Gesundheitssystem steht vor einem grundlegenden Umbau. Mindestens vier Milliarden Euro fehlen den gesetzlichen Krankenkassen im kommenden Jahr. Statt einfach die Beiträge zu erhöhen, plant das Gesundheitsministerium unter CDU-Führung nun eine echte Systemwende: weg vom Einheitstarif, hin zu einem modularen Versicherungsmodell.

Das Basis-Plus-Modell

Die Idee: Jede Krankenkasse bietet künftig einen günstigeren Basistarif an, der deutlich unter dem aktuellen Durchschnittssatz von 17,7 Prozent liegt. Darauf aufbauend können Versicherte je nach Bedarf Zusatzpakete buchen. „Immer neue Beitragsanstiege können keine Lösung sein“, betont Tino Sorge, Parlamentarischer Staatssekretär im Gesundheitsministerium, laut „Bild“ mit Blick auf die Kostensteigerungen in der GKV.

Das Konzept soll die Finanzlücke schließen, ohne dass Leistungen gekürzt werden. Konkret könnten Kassen ihren Versicherten viele passgenaue Tarife anbieten. „Sprich: Kassen bieten viel günstigere Tarife an – die eine gute Grundversorgung beinhalten – und darüber hinaus weitere Pakete, die man individuell dazubucht“, erklärt Sorge laut „Bild“. Dabei solle sich niemand im Versicherungsschutz verschlechtern.

Hausarztmodell als Kostenbremse

Parallel dazu plant die Regierung die Einführung eines Primärarztmodells. Versicherte, die sich verpflichten, immer zuerst den Hausarzt aufzusuchen und sich von dort an Fachärzte überweisen zu lassen, könnten von günstigeren Tarifen profitieren.

Sorge sprach sich zugleich für die Einführung des Primärarztmodells mit finanziellen Anreizen aus“, berichtet „Bild“. Als mögliche Zusatzbausteine nennt Sorge beispielsweise die Kostenübernahme für Brillen. Während solche Extras bisher nur über private Zusatzversicherungen außerhalb des GKV-Systems abgesichert werden können, würden sie künftig direkt ins gesetzliche System integriert.

Business Punk Check

Die Modularisierung des Gesundheitssystems folgt einem Trend, den wir aus fast allen Wirtschaftsbereichen kennen: Individualisierung statt Einheitsbrei. Doch was in der Theorie nach mehr Wahlfreiheit klingt, könnte in der Praxis zur sozialen Spaltung führen. Die entscheidende Frage: Welche Leistungen gehören zum Basis-Paket, welche werden zu Extras? Wenn essenzielle Versorgung in die Zusatzpakete wandert, entsteht eine Zwei-Klassen-Medizin durch die Hintertür.

Besonders kritisch: Das Hausarztmodell funktioniert nur mit ausreichender Versorgungsdichte. In strukturschwachen Regionen mit Ärztemangel würden finanzschwache Versicherte doppelt benachteiligt – erst durch eingeschränkte Arztwahl, dann durch längere Anfahrtswege. Für Startups im Gesundheitssektor könnte die Reform dennoch Chancen bieten: Wer digitale Lösungen für effizientere Versorgungsprozesse entwickelt, könnte vom neuen Modell profitieren.

Häufig gestellte Fragen

  • Welche Leistungen könnten künftig aus dem Basistarif herausfallen?
    Offiziell soll sich niemand im Versicherungsschutz verschlechtern. Wahrscheinlich werden jedoch Leistungen wie Sehhilfen, spezielle Zahnbehandlungen oder alternative Heilmethoden als Zusatzbausteine angeboten. Die Grundversorgung bei akuten Erkrankungen bleibt im Basistarif.
  • Wie wirkt sich das Primärarztmodell auf die Versorgung in ländlichen Regionen aus?
    In Regionen mit Ärztemangel könnte das Modell problematisch werden. Unternehmen sollten für Mitarbeiter in strukturschwachen Gebieten Zusatzleistungen oder Telemedizin-Angebote in Betracht ziehen, um Versorgungslücken zu kompensieren.
  • Welche Chancen bietet die Reform für Digital-Health-Startups?
    Die Modularisierung schafft neue Märkte für spezialisierte Gesundheitsdienstleistungen. Startups, die effiziente Schnittstellen zwischen Basis- und Zusatzversorgung entwickeln oder digitale Lösungen für das Primärarztmodell anbieten, könnten vom Systemwechsel profitieren.
  • Was bedeutet die Reform für mittelständische Arbeitgeber?
    Mittelständler sollten ihre betriebliche Gesundheitsvorsorge neu ausrichten. Statt teurer Vollversicherungen könnten gezielte Zusatzbausteine für Mitarbeiter finanziert werden. Gleichzeitig steigt der Beratungsbedarf bei der Tarifwahl.

Quellen: „Bild“, „Onvista“