Green & Generation Batterie-Phönix: US-Firma Lyten erweckt Northvolt-Ruine zum Leben

Batterie-Phönix: US-Firma Lyten erweckt Northvolt-Ruine zum Leben

Nach der Northvolt-Pleite will US-Unternehmen Lyten den Standort Heide übernehmen. Statt großer Versprechen setzt Chef Dan Cook auf zwei Batterietechnologien und einen realistischeren Ansatz – doch Skepsis bleibt.

600 Millionen Euro Steuergeld, ein insolventer schwedischer Batteriehersteller und jetzt ein amerikanischer Retter. Die Geschichte des Northvolt-Projekts in Schleswig-Holstein bekommt ein neues Kapitel. US-Unternehmen Lyten will die Überreste des gescheiterten europäischen Batterie-Hoffnungsträgers übernehmen und in Heide durchstarten. Doch was genau plant der neue Investor an der Nordseeküste?

Zwei Technologien statt leerer Versprechen

Lyten-Chef Dan Cook präsentierte im Wirtschaftsausschuss des Kieler Landtags seine Vision – und zwei Batterien in Textmarkergröße. Eine konventionelle Lithium-Ionen-Batterie und eine innovative Lithium-Schwefel-Variante. „Unsere Absicht ist es, beide Technologien herzustellen und den Kunden die Chance zu geben, zu entscheiden“, erklärte Cook laut „ndr.de“. Die Lithium-Schwefel-Technologie, für die das kalifornische Startup bekannt ist, biete entscheidende Vorteile: Sie sei leichter, günstiger und energiedichter.

Anders als Northvolt setzt Lyten auf einen modularen Ansatz. „Grundsätzlich planen wir für die Batteriezellfabrik bei Heide einen gestuften und modularen Ansatz mit unterschiedlichen Chemien“, erklärt Cook laut „mopo.de“. Statt nur auf E-Mobilität zu setzen, will das Unternehmen breiter aufstellen: „Die Kundenbasis soll breiter aufgestellt werden mit Batterien für E-Mobilität, aber auch für Energiespeicher und industrielle Anwendungen.“.

Standortvorteile überzeugen US-Investor

Was den Standort Heide für Lyten attraktiv macht? „Schleswig-Holstein ist ein Energie-Pionier, wir sind ein Technologie-Pionier – uns eint eine Macher-Mentalität“, betont Cook. Die Verfügbarkeit erneuerbarer Energien sei ein entscheidender Standortvorteil, der „unverändert“ bestehe, so der Lyten-Chef laut „mopo.de“.

Thorben Schütt, Landrat des Kreises Dithmarschen, zeigt sich nach dem Treffen mit Cook zuversichtlich. Das US-Unternehmen habe echtes Interesse an der Region signalisiert. Auch Thomas Bultjer von der IHK Schleswig-Holstein bewertet die Pläne positiv. Besonders für verunsicherte lokale Investoren wie Wohnungsbaugesellschaften sei das Signal wichtig.

Jobs-Versprechen unter Beobachtung

Bei den Arbeitsplätzen bleibt Cook vage. Während Northvolt ursprünglich 3.000 Jobs versprochen hatte, spricht der SSW nach dem Ausschuss von etwa 1.000 geplanten Stellen. Landrat Schütt stellt klar: „Herr Cook hat im Ausschuss von „thousands of jobs“, also von mehr als 1.000 Arbeitsplätzen gesprochen. An dieser Aussage werden wir das Unternehmen messen.“ So zitiert ihn „ndr.de“.

Für Bernd Buchholz (FDP) bleiben nach Cooks Auftritt wesentliche Fragen offen – besonders zum Geschäftsabschluss und zur Finanzierung. Auch SPD-Politiker Kianusch Stender vermisst konkrete Antworten. Die Skepsis ist verständlich: Nach dem Northvolt-Debakel, das Bund und Land 600 Millionen Euro kostete, wie „shz.de“ berichtet, muss sich der neue Investor erst beweisen.

Business Punk Check

Die Northvolt-Nachfolge offenbart ein grundsätzliches Problem europäischer Industriepolitik: Erst pumpen Politiker Milliarden in ein schwedisches Prestigeprojekt, dann übernimmt ein US-Unternehmen die Reste zum Schnäppchenpreis. Lytens Ansatz wirkt zwar bodenständiger – zwei Batterietechnologien statt überzogener Versprechen, breitere Kundenbasis statt E-Auto-Monokultur. Aber die entscheidende Frage bleibt: Kann ein Startup mit 150 Mitarbeitern eine Gigafactory stemmen? Die Finanzierung bleibt Cooks bestgehütetes Geheimnis.

Für die Region bedeutet das: Vorsichtiger Optimismus ja, blinde Euphorie nein. Wer in Dithmarschen investiert, sollte einen Plan B in der Tasche haben. Die Batterie-Revolution kommt – aber der Weg dorthin wird holpriger als die Hochglanzpräsentationen vermuten lassen.

Häufig gestellte Fragen

  • Wie realistisch ist Lytens Plan für den Standort Heide?
    Lytens Ansatz wirkt deutlich bodenständiger als Northvolts Gigafactory-Träume. Der modulare Aufbau mit zwei Batterietechnologien und breiterer Kundenbasis reduziert Risiken. Entscheidend wird die noch ungeklärte Finanzierung sein – hier sollten Investoren und Politik genau hinschauen.
  • Welche Vorteile bietet die Lithium-Schwefel-Technologie gegenüber herkömmlichen Batterien?
    Lithium-Schwefel-Batterien sind leichter, kostengünstiger in der Herstellung und bieten eine höhere Energiedichte. Für die Anwendung bedeutet das: längere Reichweiten bei E-Fahrzeugen, geringeres Gewicht und potenziell niedrigere Kosten. Die Technologie könnte besonders in der Luftfahrt und bei Premium-E-Fahrzeugen punkten.
  • Was bedeutet Lytens Übernahme für den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein?
    Die Übernahme bietet die Chance, das 600-Millionen-Euro-Debakel noch in einen Erfolg zu verwandeln. Schleswig-Holstein kann seine Standortvorteile (erneuerbare Energien, qualifizierte Arbeitskräfte) weiter ausspielen. Entscheidend wird sein, ob Lyten tatsächlich über 1.000 Arbeitsplätze schafft und ein nachhaltiges Ökosystem aufbaut.
  • Wie sollten lokale Unternehmen und Investoren auf die Lyten-Pläne reagieren?
    Lokale Unternehmen sollten vorsichtig optimistisch planen. Wohnungsbaugesellschaften und Zulieferer können erste vorbereitende Schritte einleiten, aber mit flexiblen Exit-Strategien. Sinnvoll ist eine Diversifizierung: Nicht ausschließlich auf Lyten setzen, sondern auch andere Wachstumsmärkte der Region erschließen.
  • Welche Lehren sollte die europäische Industriepolitik aus dem Northvolt-Lyten-Fall ziehen?
    Die europäische Industriepolitik muss realistischere Meilensteine setzen und Fördergelder an konkrete Zwischenerfolge knüpfen. Statt auf einzelne Mega-Projekte zu setzen, wäre ein diversifiziertes Portfolio kleinerer, agiler Batterieproduktionen sinnvoller. Zudem sollte die Förderung stärker an technologische Innovation statt an bloße Produktionskapazitäten gekoppelt werden.

Quellen: „mopo.de“, „ndr.de“, „shz.de“