Startup & Scaling Auf Eis gelegt: Berliner Startup Tomorrowbio will mit Kryokonservierung den Tod überlisten

Auf Eis gelegt: Berliner Startup Tomorrowbio will mit Kryokonservierung den Tod überlisten

Wer sind die Kunden?

Die typische Kundschaft ist zwischen 35 und 45 Jahre alt und hat beruflich mit Technologie zu tun. „Unsere größte Einzelgruppe sind Informatiker“, erklärt Kendziorra laut „Business Insider“. Auch Investoren, Startup-Gründer, Ärzte und Wissenschaftler zählen zur Zielgruppe. Manche sind gesund, andere todkrank und hoffen auf medizinische Fortschritte in der Zukunft.

Rechtlich gilt die Kryokonservierung als Körperspende für wissenschaftliche Forschung. Kendziorra selbst bezeichnet sie als Alternative zur Beerdigung – „Cremation or Cryo“ lautet sein Slogan. Dabei macht er keine falschen Versprechungen: „Es gibt keine Garantie, dass man wiederbelebt wird“, betont er laut „Business Insider“.

Geschäftsmodell mit Zukunftspotenzial

Das Startup verdient laut Kendziorra an der Kryokonservierung selbst kein Geld. Daher plant Tomorrowbio zusätzliche Geschäftszweige: eigene Versicherungsangebote und ein Asset-Management für das finanzielle Erbe der Kryokonservierten. „Dafür bauen wir gerade eine Stiftung auf“, erklärt der Gründer im Gespräch mit „Business Insider“. Diese soll Vermögen verwahren und im Falle einer erfolgreichen Wiederbelebung zurückgeben – gegen eine Management-Fee für Tomorrowbio. Zuletzt sammelte das Startup fünf Millionen Euro in einer Seed-Runde ein, unter anderem von Blast.Club und Truventuro.

„Wir haben Investoren, die bewusst in einen Moonshot investieren wollen. Und wir sind ein Moonshot“, so Kendziorra. Der Gründer, der bereits zwei erfolgreiche Exits vorweisen kann, sieht Tomorrowbio als Lebenswerk und nicht als schnelles Exit-Vehikel.

Forschungsstand und Zukunftsaussichten

Die Forschung zur Wiederbelebung kryokonservierter Menschen steckt noch in den Kinderschuhen. Mit Embryonen und Spermien funktioniert die Technik bereits, bei komplexeren Organismen ist sie noch Zukunftsmusik. „Die schnelle, gleichmäßige Erwärmung des Gewebes ist ein aktuelles Forschungsthema“, erklärt Kendziorra gegenüber „Business Insider“. Besonders die Konservierung und Wiederbelebung eines funktionsfähigen Gehirns – Sitz von Identität und Persönlichkeit – bleibt eine ungelöste Herausforderung.

Für die Zukunft seines Unternehmens skizziert Kendziorra drei Szenarien: Im Idealfall gelingt der Wissenschaft der Durchbruch, und Tomorrowbio wird „am nächsten Tag die wertvollste Firma der Welt“. Realistischer ist ein Wachstum auf 3.000 bis 30.000 Kunden, was ein profitables Geschäft mit monatlichen Beiträgen und Zusatzdienstleistungen bedeuten würde. Alternativ könnte ein Milliardär aus persönlichem Interesse investieren, um die Forschung langfristig zu finanzieren.

Business Punk Check

Der Tod als Geschäftsmodell? Tomorrowbio balanciert auf dem schmalen Grat zwischen wissenschaftlicher Innovation und teurer Hoffnungsverkäuferei. Die harten Fakten: Noch wurde kein Mensch aus der Kryokonservierung zurückgeholt, und niemand weiß, ob es jemals möglich sein wird.

Die 200.000 Euro sind letztlich eine Wette auf künftige Technologien – ohne Gewinngarantie. Gleichzeitig zeigt das Geschäftsmodell bemerkenswerte Weitsicht: Während die Konservierung selbst kein Geld einbringt, plant Tomorrowbio klug mit wiederkehrenden Einnahmen und Asset-Management. Die eigentliche Disruption liegt nicht in der Kryotechnik, sondern im radikalen Umdenken bezüglich Tod und Bestattungskultur. Für Early Adopters gilt: Wer einsteigt, kauft keine Unsterblichkeit, sondern ein Lotterielos für die Zukunft – mit unbekannten Gewinnchancen.

Häufig gestellte Fragen

  • Wie realistisch ist die Chance auf eine erfolgreiche Wiederbelebung nach der Kryokonservierung?
    Aktuell gibt es keine wissenschaftlichen Belege für die erfolgreiche Wiederbelebung kryokonservierter Menschen. Die Technologie funktioniert bereits bei Embryonen und Spermien, aber die Komplexität des menschlichen Gehirns und die Herausforderung der gleichmäßigen Erwärmung bleiben ungelöste Probleme. Wer investiert, sollte die Kryokonservierung als langfristige Wette mit unbekannten Erfolgsaussichten betrachten.
  • Welche Alternativen zur Ganzkörperkonservierung gibt es für preisbewusste Interessenten?
    Die Konservierung nur des Gehirns kostet mit 75.000 Euro deutlich weniger als die Ganzkörpervariante (200.000 Euro). Viele Neurowissenschaftler argumentieren ohnehin, dass Identität und Persönlichkeit primär im Gehirn verankert sind. Zusätzlich bieten einige Anbieter Ratenzahlungen oder spezielle Lebensversicherungen zur Finanzierung an.
  • Wie entwickelt sich der Markt für Kryokonservierung in den nächsten Jahren?
    Der Markt befindet sich noch in einer frühen Phase mit wenigen tausend Kunden weltweit. Entscheidende Wachstumsimpulse könnten von Forschungsdurchbrüchen bei der Kryokonservierung kleinerer Säugetiere ausgehen. Die USA bleibt der Hauptmarkt, während in Europa kulturelle und rechtliche Hürden bestehen. Für Investoren bietet sich ein Einstieg in angrenzende Bereiche wie spezialisierte Versicherungen oder Asset-Management für Kryokonservierte an.
  • Welche ethischen und rechtlichen Fragen bleiben bei der Kryokonservierung ungelöst?
    Ungeklärt sind Fragen zum rechtlichen Status wiederbelebter Personen, zu Eigentumsrechten nach Jahrzehnten oder Jahrhunderten sowie zur Verantwortung der Anbieter bei Unternehmenspleiten. Potenzielle Kunden sollten vor Vertragsabschluss klären, wie die langfristige Finanzierung der Lagerung gesichert ist und welche Rechtsansprüche im Falle einer erfolgreichen Wiederbelebung bestehen.
  • Wie können Interessenten die Seriosität von Kryokonservierungs-Anbietern bewerten?
    Achten Sie auf wissenschaftliche Publikationen des Unternehmens, Transparenz bei den Verfahren und langfristige Finanzierungsmodelle für die Lagerung. Seriöse Anbieter kommunizieren offen über die Grenzen der Technologie und vermeiden Heilsversprechen. Prüfen Sie zudem die Notfallpläne für Unternehmenspleiten und die Qualifikation des medizinischen Personals.

Quellen: „Business Insider“

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